Linksche Naturalienkabinet besehen; der Besitzer war aber auf dem Lande. Nicht besser ging mir's mit dem
Richterschen Kabinet auf der Haynstrasse. Es war wegen des Todes des Eigenthümers noch versiegelt. Weil mir's hier nicht gelang, so ging ich in einige
Hiesige Gärten. Sie sind noch meist altmodisch, haben geschnittene Hecken, Pyramiden, Thiere, Kana- pees von Buxbaum, Taxus und ewige Alleen; fangen zum Theil auch an einzugehen. Drauf machte ich einen Besuch beim
Hrn. Kreissteuereinnehmer Weisse. Ich fand ihn so liebenswürdig und angenehm in seiner Unterhaltung, als ers in seinen Schriften ist. Menschenliebe spricht aus seiner freundlichlächelnden Mine. Unleugbar ists doch, daß er sich durch seine Schriften über die Verbesse- rung der Erziehung um die Welt und Nachwelt sehr ver- dient gemacht hat; dafür ist er aber auch ein glücklicher Gatte und Vater. Daß er ein grosser Freund der Phi- lantropine sei, ist leicht zu erachten. Von Basedow sagte er, daß er doch das Verdienst habe, Aufmerksam- keit auf das Erziehungswesen erregt zu haben etc.
Den 20sten Aug.
Heute war ich in der Reformirten Kirche, und hörte Hrn. Zollikofer predigen. Die Kirche ist eigent- lich nur ein Saal im Amthause, ganz ohne das Geprän- ge andrer hiesigen Kirchen, und ohne Interimisterei. Ich fand einen sehr simplen reinen Gottesdienst. Die Gebete und Gesänge sind von Hrn. Zollikofer. Der Meßner liest aber lange Kapitel aus der Bibel ab, dann
folgt
J 4
Linkſche Naturalienkabinet beſehen; der Beſitzer war aber auf dem Lande. Nicht beſſer ging mir’s mit dem
Richterſchen Kabinet auf der Haynſtraſſe. Es war wegen des Todes des Eigenthuͤmers noch verſiegelt. Weil mir’s hier nicht gelang, ſo ging ich in einige
Hieſige Gaͤrten. Sie ſind noch meiſt altmodiſch, haben geſchnittene Hecken, Pyramiden, Thiere, Kana- pees von Buxbaum, Taxus und ewige Alleen; fangen zum Theil auch an einzugehen. Drauf machte ich einen Beſuch beim
Hrn. Kreisſteuereinnehmer Weiſſe. Ich fand ihn ſo liebenswuͤrdig und angenehm in ſeiner Unterhaltung, als ers in ſeinen Schriften iſt. Menſchenliebe ſpricht aus ſeiner freundlichlaͤchelnden Mine. Unleugbar iſts doch, daß er ſich durch ſeine Schriften uͤber die Verbeſſe- rung der Erziehung um die Welt und Nachwelt ſehr ver- dient gemacht hat; dafuͤr iſt er aber auch ein gluͤcklicher Gatte und Vater. Daß er ein groſſer Freund der Phi- lantropine ſei, iſt leicht zu erachten. Von Baſedow ſagte er, daß er doch das Verdienſt habe, Aufmerkſam- keit auf das Erziehungsweſen erregt zu haben ꝛc.
Den 20ſten Aug.
Heute war ich in der Reformirten Kirche, und hoͤrte Hrn. Zollikofer predigen. Die Kirche iſt eigent- lich nur ein Saal im Amthauſe, ganz ohne das Gepraͤn- ge andrer hieſigen Kirchen, und ohne Interimiſterei. Ich fand einen ſehr ſimplen reinen Gottesdienſt. Die Gebete und Geſaͤnge ſind von Hrn. Zollikofer. Der Meßner lieſt aber lange Kapitel aus der Bibel ab, dann
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Linkſche Naturalienkabinet beſehen; der Beſitzer
war aber auf dem Lande. Nicht beſſer ging mir’s mit
dem
Richterſchen Kabinet auf der Haynſtraſſe. Es
war wegen des Todes des Eigenthuͤmers noch verſiegelt.
Weil mir’s hier nicht gelang, ſo ging ich in einige
Hieſige Gaͤrten. Sie ſind noch meiſt altmodiſch,
haben geſchnittene Hecken, Pyramiden, Thiere, Kana-
pees von Buxbaum, Taxus und ewige Alleen; fangen
zum Theil auch an einzugehen. Drauf machte ich einen
Beſuch beim
Hrn. Kreisſteuereinnehmer Weiſſe. Ich fand ihn
ſo liebenswuͤrdig und angenehm in ſeiner Unterhaltung,
als ers in ſeinen Schriften iſt. Menſchenliebe ſpricht
aus ſeiner freundlichlaͤchelnden Mine. Unleugbar iſts
doch, daß er ſich durch ſeine Schriften uͤber die Verbeſſe-
rung der Erziehung um die Welt und Nachwelt ſehr ver-
dient gemacht hat; dafuͤr iſt er aber auch ein gluͤcklicher
Gatte und Vater. Daß er ein groſſer Freund der Phi-
lantropine ſei, iſt leicht zu erachten. Von Baſedow
ſagte er, daß er doch das Verdienſt habe, Aufmerkſam-
keit auf das Erziehungsweſen erregt zu haben ꝛc.
Den 20ſten Aug.
Heute war ich in der Reformirten Kirche, und
hoͤrte Hrn. Zollikofer predigen. Die Kirche iſt eigent-
lich nur ein Saal im Amthauſe, ganz ohne das Gepraͤn-
ge andrer hieſigen Kirchen, und ohne Interimiſterei.
Ich fand einen ſehr ſimplen reinen Gottesdienſt. Die
Gebete und Geſaͤnge ſind von Hrn. Zollikofer. Der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/173>, abgerufen am 21.11.2024.
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