Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

in einem Fasse herabgeführt werden, dafür zahlt das Land
jährlich 24. Gulden etc. In der Gegend herum stehen
hohe Berge aus einem braunen, eisenhaltigen, sehr mür-
ben, Lagenweis aufgeführten Stein, der vom Wasser oft
auseinander gerissen wird.

Den 6ten Sept.

Heute in aller Frühe ritt ich nach

Oberstein, einem kleinen Flecken, der gröstentheils
Churtrier, Baaden, und den Grafen von Styrum
gehört. Es liegt auch etwas Besatzung von Trier darin.
Der Weg dazu ist, wie überall im Sponheimschen,
rauh und bergicht. Man passirt etlichemahl die Nohe,
und muß den schmalen Strich, wo man durchkommen
will, sehr wohl treffen, wenn man nicht in Löcher versin-
ken will. Vor dem Orte haussen sind grosse ungeheure
Felsklumpen herabgestürzt, man findet aber in den Spal-
ten selber nichts, als Saxa, rothe Sandsteine und Kie-
sel. Der Ort ist wegen der Achatschleifereien merkwür-
dig. Man findet allerdings viel Achat im Lande, auch
weiter hin im Birkenfeldschen -- aber doch wird der
wenigste Achat, der hier verarbeitet wird, auch hier ge-
graben; der meiste kommt aus Lothringen. Es wer-
den sogar egyptische Kiesel hieher gebracht, und hier ge-
schliffen. Die sogenannten Baumsteine, oder Kalcedo-
nier mit dendritischen Zeichnungen, aus denen man Hem-
denknöpfchen, Halsbänder, ganze Garnituren für Da-
men macht, kommen alle aus der nahe gelegenen Graf-
schaft Grumbach. -- Das Achatschleifen selber hat
Hr. Collini in Mannheim beschrieben. Eine vom
Wasser getriebene Daumwelle treibt 5, 6. Sandsteine

herum,

in einem Faſſe herabgefuͤhrt werden, dafuͤr zahlt das Land
jaͤhrlich 24. Gulden ꝛc. In der Gegend herum ſtehen
hohe Berge aus einem braunen, eiſenhaltigen, ſehr muͤr-
ben, Lagenweis aufgefuͤhrten Stein, der vom Waſſer oft
auseinander geriſſen wird.

Den 6ten Sept.

Heute in aller Fruͤhe ritt ich nach

Oberſtein, einem kleinen Flecken, der groͤſtentheils
Churtrier, Baaden, und den Grafen von Styrum
gehoͤrt. Es liegt auch etwas Beſatzung von Trier darin.
Der Weg dazu iſt, wie uͤberall im Sponheimſchen,
rauh und bergicht. Man paſſirt etlichemahl die Nohe,
und muß den ſchmalen Strich, wo man durchkommen
will, ſehr wohl treffen, wenn man nicht in Loͤcher verſin-
ken will. Vor dem Orte hauſſen ſind groſſe ungeheure
Felsklumpen herabgeſtuͤrzt, man findet aber in den Spal-
ten ſelber nichts, als Saxa, rothe Sandſteine und Kie-
ſel. Der Ort iſt wegen der Achatſchleifereien merkwuͤr-
dig. Man findet allerdings viel Achat im Lande, auch
weiter hin im Birkenfeldſchen — aber doch wird der
wenigſte Achat, der hier verarbeitet wird, auch hier ge-
graben; der meiſte kommt aus Lothringen. Es wer-
den ſogar egyptiſche Kieſel hieher gebracht, und hier ge-
ſchliffen. Die ſogenannten Baumſteine, oder Kalcedo-
nier mit dendritiſchen Zeichnungen, aus denen man Hem-
denknoͤpfchen, Halsbaͤnder, ganze Garnituren fuͤr Da-
men macht, kommen alle aus der nahe gelegenen Graf-
ſchaft Grumbach. — Das Achatſchleifen ſelber hat
Hr. Collini in Mannheim beſchrieben. Eine vom
Waſſer getriebene Daumwelle treibt 5, 6. Sandſteine

herum,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0645" n="621"/>
in einem Fa&#x017F;&#x017F;e herabgefu&#x0364;hrt werden, dafu&#x0364;r zahlt das Land<lb/>
ja&#x0364;hrlich 24. Gulden &#xA75B;c. In der Gegend herum &#x017F;tehen<lb/>
hohe Berge aus einem braunen, ei&#x017F;enhaltigen, &#x017F;ehr mu&#x0364;r-<lb/>
ben, Lagenweis aufgefu&#x0364;hrten Stein, der vom Wa&#x017F;&#x017F;er oft<lb/>
auseinander geri&#x017F;&#x017F;en wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 6ten Sept.</head><lb/>
            <p>Heute in aller Fru&#x0364;he ritt ich nach</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Ober&#x017F;tein,</hi> einem kleinen Flecken, der gro&#x0364;&#x017F;tentheils<lb/><hi rendition="#fr">Churtrier, Baaden,</hi> und den Grafen von <hi rendition="#fr">Styrum</hi><lb/>
geho&#x0364;rt. Es liegt auch etwas Be&#x017F;atzung von <hi rendition="#fr">Trier</hi> darin.<lb/>
Der Weg dazu i&#x017F;t, wie u&#x0364;berall im <hi rendition="#fr">Sponheim</hi>&#x017F;chen,<lb/>
rauh und bergicht. Man pa&#x017F;&#x017F;irt etlichemahl die <hi rendition="#fr">Nohe,</hi><lb/>
und muß den &#x017F;chmalen Strich, wo man durchkommen<lb/>
will, &#x017F;ehr wohl treffen, wenn man nicht in Lo&#x0364;cher ver&#x017F;in-<lb/>
ken will. Vor dem Orte hau&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind gro&#x017F;&#x017F;e ungeheure<lb/>
Felsklumpen herabge&#x017F;tu&#x0364;rzt, man findet aber in den Spal-<lb/>
ten &#x017F;elber nichts, als <hi rendition="#aq">Saxa,</hi> rothe Sand&#x017F;teine und Kie-<lb/>
&#x017F;el. Der Ort i&#x017F;t wegen der Achat&#x017F;chleifereien merkwu&#x0364;r-<lb/>
dig. Man findet allerdings viel Achat im Lande, auch<lb/>
weiter hin im <hi rendition="#fr">Birkenfeld</hi>&#x017F;chen &#x2014; aber doch wird der<lb/>
wenig&#x017F;te Achat, der hier verarbeitet wird, auch hier ge-<lb/>
graben; der mei&#x017F;te kommt aus <hi rendition="#fr">Lothringen.</hi> Es wer-<lb/>
den &#x017F;ogar egypti&#x017F;che Kie&#x017F;el hieher gebracht, und hier ge-<lb/>
&#x017F;chliffen. Die &#x017F;ogenannten Baum&#x017F;teine, oder Kalcedo-<lb/>
nier mit dendriti&#x017F;chen Zeichnungen, aus denen man Hem-<lb/>
denkno&#x0364;pfchen, Halsba&#x0364;nder, ganze Garnituren fu&#x0364;r Da-<lb/>
men macht, kommen alle aus der nahe gelegenen Graf-<lb/>
&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Grumbach.</hi> &#x2014; Das Achat&#x017F;chleifen &#x017F;elber hat<lb/>
Hr. <hi rendition="#fr">Collini</hi> in <hi rendition="#fr">Mannheim</hi> be&#x017F;chrieben. Eine vom<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er getriebene Daumwelle treibt 5, 6. Sand&#x017F;teine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">herum,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[621/0645] in einem Faſſe herabgefuͤhrt werden, dafuͤr zahlt das Land jaͤhrlich 24. Gulden ꝛc. In der Gegend herum ſtehen hohe Berge aus einem braunen, eiſenhaltigen, ſehr muͤr- ben, Lagenweis aufgefuͤhrten Stein, der vom Waſſer oft auseinander geriſſen wird. Den 6ten Sept. Heute in aller Fruͤhe ritt ich nach Oberſtein, einem kleinen Flecken, der groͤſtentheils Churtrier, Baaden, und den Grafen von Styrum gehoͤrt. Es liegt auch etwas Beſatzung von Trier darin. Der Weg dazu iſt, wie uͤberall im Sponheimſchen, rauh und bergicht. Man paſſirt etlichemahl die Nohe, und muß den ſchmalen Strich, wo man durchkommen will, ſehr wohl treffen, wenn man nicht in Loͤcher verſin- ken will. Vor dem Orte hauſſen ſind groſſe ungeheure Felsklumpen herabgeſtuͤrzt, man findet aber in den Spal- ten ſelber nichts, als Saxa, rothe Sandſteine und Kie- ſel. Der Ort iſt wegen der Achatſchleifereien merkwuͤr- dig. Man findet allerdings viel Achat im Lande, auch weiter hin im Birkenfeldſchen — aber doch wird der wenigſte Achat, der hier verarbeitet wird, auch hier ge- graben; der meiſte kommt aus Lothringen. Es wer- den ſogar egyptiſche Kieſel hieher gebracht, und hier ge- ſchliffen. Die ſogenannten Baumſteine, oder Kalcedo- nier mit dendritiſchen Zeichnungen, aus denen man Hem- denknoͤpfchen, Halsbaͤnder, ganze Garnituren fuͤr Da- men macht, kommen alle aus der nahe gelegenen Graf- ſchaft Grumbach. — Das Achatſchleifen ſelber hat Hr. Collini in Mannheim beſchrieben. Eine vom Waſſer getriebene Daumwelle treibt 5, 6. Sandſteine herum,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/645
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/645>, abgerufen am 30.12.2024.