selbst Meister sind, aber für die Leute in der Stadt ar- beiten. Denn in der Abbaye St. Germain ist eine Maitrise franche. Wer auch das Geld, das jetzt noch zur Maitrise nöthig ist, nicht hat, kan doch, wenn er hier wohnt, und gute Bekanntschaften mit an- dern Meistern hat, die bei ihm Waaren bestellen, für sich arbeiten. Es wohnen hier in jedem kleinen Raum so mancherlei und so viel schlechte Leute, daß keiner, wenn er auch in der Stube sitzt, seinen Schlüssel in der Thüre stecken läßt, aus Furcht, er möchte ihm abgezogen wer- den. Wer sich überzeugen will, daß Carlsruhe und manche andre kleine Stadt, -- die freilich dem Freund der Vergnügungen nicht so viel anzubieten hat, wie das kö- nigliche Paris, -- doch für Leben, Gesundheit, Bequem- lichkeit, Ruhe und frohe Sicherheit, tausendmahl vorzüg- licher ist, der sehe sich nur in diesen und andern ähnlichen Gegenden der Franzosenstadt um.
Bemerkungen.
Die Kopfzeuge der Dames und Filles de Pa- ris sind wirklich nicht gar gros. Als der Kaiser hier war, misbilligte er etlichemahl diese Thorheiten. So viel Ach- tung hatte die sonst so stolze Nation doch für den Ge- schmack des Monarchen, daß die Flor- und Spitzenge- bäude, wenigstens so lang Er hier war, herabsanken.
Das Trinkwasser in der Stadt ist alles aus der Seine, aller dahinein fliessenden Unreinigkeiten unge- achtet. Man trägt es in der Stadt herum und verkauft es. Doch muß nicht jedes Glas Wasser im Hotel be- zahlt werden. Den meisten Fremden macht es entwe- der im Anfang eine Kolik oder einen Durchlauf. Man
hat
ſelbſt Meiſter ſind, aber fuͤr die Leute in der Stadt ar- beiten. Denn in der Abbaye St. Germain iſt eine Maitriſe franche. Wer auch das Geld, das jetzt noch zur Maitriſe noͤthig iſt, nicht hat, kan doch, wenn er hier wohnt, und gute Bekanntſchaften mit an- dern Meiſtern hat, die bei ihm Waaren beſtellen, fuͤr ſich arbeiten. Es wohnen hier in jedem kleinen Raum ſo mancherlei und ſo viel ſchlechte Leute, daß keiner, wenn er auch in der Stube ſitzt, ſeinen Schluͤſſel in der Thuͤre ſtecken laͤßt, aus Furcht, er moͤchte ihm abgezogen wer- den. Wer ſich uͤberzeugen will, daß Carlsruhe und manche andre kleine Stadt, — die freilich dem Freund der Vergnuͤgungen nicht ſo viel anzubieten hat, wie das koͤ- nigliche Paris, — doch fuͤr Leben, Geſundheit, Bequem- lichkeit, Ruhe und frohe Sicherheit, tauſendmahl vorzuͤg- licher iſt, der ſehe ſich nur in dieſen und andern aͤhnlichen Gegenden der Franzoſenſtadt um.
Bemerkungen.
Die Kopfzeuge der Dames und Filles de Pa- ris ſind wirklich nicht gar gros. Als der Kaiſer hier war, misbilligte er etlichemahl dieſe Thorheiten. So viel Ach- tung hatte die ſonſt ſo ſtolze Nation doch fuͤr den Ge- ſchmack des Monarchen, daß die Flor- und Spitzenge- baͤude, wenigſtens ſo lang Er hier war, herabſanken.
Das Trinkwaſſer in der Stadt iſt alles aus der Seine, aller dahinein flieſſenden Unreinigkeiten unge- achtet. Man traͤgt es in der Stadt herum und verkauft es. Doch muß nicht jedes Glas Waſſer im Hotel be- zahlt werden. Den meiſten Fremden macht es entwe- der im Anfang eine Kolik oder einen Durchlauf. Man
hat
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0058"n="34"/>ſelbſt Meiſter ſind, aber fuͤr die Leute in der Stadt ar-<lb/>
beiten. Denn in der <hirendition="#aq">Abbaye St. <hirendition="#i">Germain</hi></hi> iſt eine<lb/><hirendition="#aq">Maitriſe franche.</hi> Wer auch das Geld, das jetzt<lb/>
noch zur <hirendition="#aq">Maitriſe</hi> noͤthig iſt, nicht hat, kan doch,<lb/>
wenn er hier wohnt, und gute Bekanntſchaften mit an-<lb/>
dern Meiſtern hat, die bei ihm Waaren beſtellen, fuͤr<lb/>ſich arbeiten. Es wohnen hier in jedem kleinen Raum ſo<lb/>
mancherlei und ſo viel ſchlechte Leute, daß keiner, wenn<lb/>
er auch in der Stube ſitzt, ſeinen Schluͤſſel in der Thuͤre<lb/>ſtecken laͤßt, aus Furcht, er moͤchte ihm abgezogen wer-<lb/>
den. Wer ſich uͤberzeugen will, daß <hirendition="#fr">Carlsruhe</hi> und<lb/>
manche andre kleine Stadt, — die freilich dem Freund der<lb/>
Vergnuͤgungen nicht ſo viel anzubieten hat, wie das koͤ-<lb/>
nigliche <hirendition="#fr">Paris,</hi>— doch fuͤr Leben, Geſundheit, Bequem-<lb/>
lichkeit, Ruhe und frohe Sicherheit, tauſendmahl vorzuͤg-<lb/>
licher iſt, der ſehe ſich nur in dieſen und andern aͤhnlichen<lb/>
Gegenden der Franzoſenſtadt um.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#fr">Bemerkungen.</hi></head><lb/><p>Die <hirendition="#fr">Kopfzeuge</hi> der <hirendition="#aq">Dames</hi> und <hirendition="#aq">Filles de <hirendition="#i">Pa-<lb/>
ris</hi></hi>ſind wirklich nicht gar gros. Als der Kaiſer hier war,<lb/>
misbilligte er etlichemahl dieſe Thorheiten. So viel Ach-<lb/>
tung hatte die ſonſt ſo ſtolze Nation doch fuͤr den Ge-<lb/>ſchmack des Monarchen, daß die Flor- und Spitzenge-<lb/>
baͤude, wenigſtens ſo lang Er hier war, herabſanken.</p><lb/><p>Das <hirendition="#fr">Trinkwaſſer</hi> in der Stadt iſt alles aus der<lb/><hirendition="#fr">Seine,</hi> aller dahinein flieſſenden Unreinigkeiten unge-<lb/>
achtet. Man traͤgt es in der Stadt herum und verkauft<lb/>
es. Doch muß nicht jedes Glas Waſſer im Hotel be-<lb/>
zahlt werden. Den meiſten Fremden macht es entwe-<lb/>
der im Anfang eine Kolik oder einen Durchlauf. Man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hat</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[34/0058]
ſelbſt Meiſter ſind, aber fuͤr die Leute in der Stadt ar-
beiten. Denn in der Abbaye St. Germain iſt eine
Maitriſe franche. Wer auch das Geld, das jetzt
noch zur Maitriſe noͤthig iſt, nicht hat, kan doch,
wenn er hier wohnt, und gute Bekanntſchaften mit an-
dern Meiſtern hat, die bei ihm Waaren beſtellen, fuͤr
ſich arbeiten. Es wohnen hier in jedem kleinen Raum ſo
mancherlei und ſo viel ſchlechte Leute, daß keiner, wenn
er auch in der Stube ſitzt, ſeinen Schluͤſſel in der Thuͤre
ſtecken laͤßt, aus Furcht, er moͤchte ihm abgezogen wer-
den. Wer ſich uͤberzeugen will, daß Carlsruhe und
manche andre kleine Stadt, — die freilich dem Freund der
Vergnuͤgungen nicht ſo viel anzubieten hat, wie das koͤ-
nigliche Paris, — doch fuͤr Leben, Geſundheit, Bequem-
lichkeit, Ruhe und frohe Sicherheit, tauſendmahl vorzuͤg-
licher iſt, der ſehe ſich nur in dieſen und andern aͤhnlichen
Gegenden der Franzoſenſtadt um.
Bemerkungen.
Die Kopfzeuge der Dames und Filles de Pa-
ris ſind wirklich nicht gar gros. Als der Kaiſer hier war,
misbilligte er etlichemahl dieſe Thorheiten. So viel Ach-
tung hatte die ſonſt ſo ſtolze Nation doch fuͤr den Ge-
ſchmack des Monarchen, daß die Flor- und Spitzenge-
baͤude, wenigſtens ſo lang Er hier war, herabſanken.
Das Trinkwaſſer in der Stadt iſt alles aus der
Seine, aller dahinein flieſſenden Unreinigkeiten unge-
achtet. Man traͤgt es in der Stadt herum und verkauft
es. Doch muß nicht jedes Glas Waſſer im Hotel be-
zahlt werden. Den meiſten Fremden macht es entwe-
der im Anfang eine Kolik oder einen Durchlauf. Man
hat
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/58>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.