liche Lage, die man nicht beschreiben kan. Man weis nicht, was man thun und nicht thun soll etc. Kopf und Magen leiden, man ist müde, und arbeitet doch nicht. Man ist krank, und hat doch eigentlich keine Schmerzen. Jeder sieht todtenblas, wie ein Schatten aus, und wenns wieder ruhig wird, lebt jeder wieder auf.
Um 4. Uhr passirten wir Willemstadt,*) und sahen um 5. Uhr, 4. ziemlich grosse zweimastige englische Schiffe mit Kanonen. Bald nachher ging ein noch grösseres holländisches nahe bei uns vor Anker.
Um 6. Uhr verliessen wir die Schelde, und kamen mit gutem Winde in den Kanal. Da war nun bestän- dig eine Menge Schiffe um uns herum. Wir fuhren an vielen Dörfern vorbei, wo ich schon die Pfäle im Was- ser erblickte.
Ein Handwerksbursche aus Hamburg, der sich mit Schinken und Toback ernährte, klagte jetzt schon über eine starke Schärfe am Zahnfleisch.
Um 9. Uhr fuhren wir bei Dortrecht vorbei, und blieben halb 11. Uhr liegen.
Den 27sten Jul.
Die ganze Nacht hatt' ich ruhig geschlafen. Um 1. Uhr segelte das Schiff wieder. Um halb 5. Uhr weck-
te
*) Ein kleines, festes, rundgebautes Städtchen mit gra- den Gassen in einem Winkel am Hollands-Diep gele- gen. Es hat einen Hafen, in den die Einfahrt zu gewissen Zeiten gefährlich ist. Herausgeber.
liche Lage, die man nicht beſchreiben kan. Man weis nicht, was man thun und nicht thun ſoll ꝛc. Kopf und Magen leiden, man iſt muͤde, und arbeitet doch nicht. Man iſt krank, und hat doch eigentlich keine Schmerzen. Jeder ſieht todtenblas, wie ein Schatten aus, und wenns wieder ruhig wird, lebt jeder wieder auf.
Um 4. Uhr paſſirten wir Willemſtadt,*) und ſahen um 5. Uhr, 4. ziemlich groſſe zweimaſtige engliſche Schiffe mit Kanonen. Bald nachher ging ein noch groͤſſeres hollaͤndiſches nahe bei uns vor Anker.
Um 6. Uhr verlieſſen wir die Schelde, und kamen mit gutem Winde in den Kanal. Da war nun beſtaͤn- dig eine Menge Schiffe um uns herum. Wir fuhren an vielen Doͤrfern vorbei, wo ich ſchon die Pfaͤle im Waſ- ſer erblickte.
Ein Handwerksburſche aus Hamburg, der ſich mit Schinken und Toback ernaͤhrte, klagte jetzt ſchon uͤber eine ſtarke Schaͤrfe am Zahnfleiſch.
Um 9. Uhr fuhren wir bei Dortrecht vorbei, und blieben halb 11. Uhr liegen.
Den 27ſten Jul.
Die ganze Nacht hatt’ ich ruhig geſchlafen. Um 1. Uhr ſegelte das Schiff wieder. Um halb 5. Uhr weck-
te
*) Ein kleines, feſtes, rundgebautes Staͤdtchen mit gra- den Gaſſen in einem Winkel am Hollands-Diep gele- gen. Es hat einen Hafen, in den die Einfahrt zu gewiſſen Zeiten gefaͤhrlich iſt. Herausgeber.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0490"n="466"/>
liche Lage, die man nicht beſchreiben kan. Man weis<lb/>
nicht, was man thun und nicht thun ſoll ꝛc. Kopf und<lb/>
Magen leiden, man iſt muͤde, und arbeitet doch nicht.<lb/>
Man iſt krank, und hat doch eigentlich keine Schmerzen.<lb/>
Jeder ſieht todtenblas, wie ein Schatten aus, und wenns<lb/>
wieder ruhig wird, lebt jeder wieder auf.</p><lb/><p>Um 4. Uhr paſſirten wir <hirendition="#fr">Willemſtadt,</hi><noteplace="foot"n="*)">Ein kleines, feſtes, rundgebautes Staͤdtchen mit gra-<lb/>
den Gaſſen in einem Winkel am <hirendition="#fr">Hollands-Diep</hi> gele-<lb/>
gen. Es hat einen Hafen, in den die Einfahrt zu<lb/>
gewiſſen Zeiten gefaͤhrlich iſt.<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> und<lb/>ſahen um 5. Uhr, 4. ziemlich groſſe zweimaſtige <hirendition="#fr">engliſche<lb/>
Schiffe</hi> mit Kanonen. Bald nachher ging ein noch<lb/>
groͤſſeres hollaͤndiſches nahe bei uns vor Anker.</p><lb/><p>Um 6. Uhr verlieſſen wir die <hirendition="#fr">Schelde,</hi> und kamen<lb/>
mit gutem Winde in den <hirendition="#fr">Kanal.</hi> Da war nun beſtaͤn-<lb/>
dig eine Menge Schiffe um uns herum. Wir fuhren<lb/>
an vielen Doͤrfern vorbei, wo ich ſchon die Pfaͤle im Waſ-<lb/>ſer erblickte.</p><lb/><p>Ein Handwerksburſche aus <hirendition="#fr">Hamburg,</hi> der ſich mit<lb/>
Schinken und Toback ernaͤhrte, klagte jetzt ſchon uͤber eine<lb/>ſtarke Schaͤrfe am Zahnfleiſch.</p><lb/><p>Um 9. Uhr fuhren wir bei <hirendition="#fr">Dortrecht</hi> vorbei, und<lb/>
blieben halb 11. Uhr liegen.</p></div><lb/><divn="3"><head>Den 27ſten Jul.</head><lb/><p>Die ganze Nacht hatt’ ich ruhig geſchlafen. Um<lb/>
1. Uhr ſegelte das Schiff wieder. Um halb 5. Uhr weck-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">te</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[466/0490]
liche Lage, die man nicht beſchreiben kan. Man weis
nicht, was man thun und nicht thun ſoll ꝛc. Kopf und
Magen leiden, man iſt muͤde, und arbeitet doch nicht.
Man iſt krank, und hat doch eigentlich keine Schmerzen.
Jeder ſieht todtenblas, wie ein Schatten aus, und wenns
wieder ruhig wird, lebt jeder wieder auf.
Um 4. Uhr paſſirten wir Willemſtadt, *) und
ſahen um 5. Uhr, 4. ziemlich groſſe zweimaſtige engliſche
Schiffe mit Kanonen. Bald nachher ging ein noch
groͤſſeres hollaͤndiſches nahe bei uns vor Anker.
Um 6. Uhr verlieſſen wir die Schelde, und kamen
mit gutem Winde in den Kanal. Da war nun beſtaͤn-
dig eine Menge Schiffe um uns herum. Wir fuhren
an vielen Doͤrfern vorbei, wo ich ſchon die Pfaͤle im Waſ-
ſer erblickte.
Ein Handwerksburſche aus Hamburg, der ſich mit
Schinken und Toback ernaͤhrte, klagte jetzt ſchon uͤber eine
ſtarke Schaͤrfe am Zahnfleiſch.
Um 9. Uhr fuhren wir bei Dortrecht vorbei, und
blieben halb 11. Uhr liegen.
Den 27ſten Jul.
Die ganze Nacht hatt’ ich ruhig geſchlafen. Um
1. Uhr ſegelte das Schiff wieder. Um halb 5. Uhr weck-
te
*) Ein kleines, feſtes, rundgebautes Staͤdtchen mit gra-
den Gaſſen in einem Winkel am Hollands-Diep gele-
gen. Es hat einen Hafen, in den die Einfahrt zu
gewiſſen Zeiten gefaͤhrlich iſt.
Herausgeber.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/490>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.