Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

setzte. Das kostete 30. Sous. Ach wie gut wär's,
wenn man alle 8. Tage dies herrliche Stärkungs- und
Reinigungsmittel haben könnte! Ich fand, daß das Was-
ser sehr schwer ist; ich kam aber so frisch, so munter her-
aus, als wenn ich gestählt wäre.

Den 18ten Jul.

Schon Morgens um 41/2. Uhr war ich in dem liebli-
chen Walde und ging spazieren.

Die Leute schonen das bischen Holz nicht genug. Um
6. Uhr ward die ganze Kuhherde mitten in den Wald
getrieben.

Polizei ist überhaupt keine hier, denn mit dem frü-
hen Morgen fängt schon das allerunverschämteste Betteln
an, und währt bis in die sinkende Nacht.

Als ich aus dem Walde zurück kam, solt' ich im
Ernst katholisch werden, -- der Abbe' Chatelain
de l'Archeveche de Paris
mochte, wie ich vermuthe,
durch etliche Damen, mit denen ich gestern Abends sprach,
ohne mich im geringsten zu erkennen zu geben, aufmerk-
sam auf mich gemacht worden seyn, kam daher aus einer
andern Auberge auf mich zu, fing gleich von der Religion
an und fragte mich: warum ich nicht katholisch würde?
Der Discours nahm aber in dem Augenblick, da ich ihm
sagte, daß ich nicht blos naturhistorische Kenntnisse sam-
melte, sondern auch Theologie studirt hätte, und durch
die Kirchengeschichte vor dieser Religionsveränderung be-
wahrt wäre, eine ganz andre Wendung, als er vielleicht
vermuthete. Er wunderte sich, daß Boßuets Expo-
sion de la soi etc.
und seine Histoire des Varia-

tions

ſetzte. Das koſtete 30. Sous. Ach wie gut waͤr’s,
wenn man alle 8. Tage dies herrliche Staͤrkungs- und
Reinigungsmittel haben koͤnnte! Ich fand, daß das Waſ-
ſer ſehr ſchwer iſt; ich kam aber ſo friſch, ſo munter her-
aus, als wenn ich geſtaͤhlt waͤre.

Den 18ten Jul.

Schon Morgens um 4½. Uhr war ich in dem liebli-
chen Walde und ging ſpazieren.

Die Leute ſchonen das bischen Holz nicht genug. Um
6. Uhr ward die ganze Kuhherde mitten in den Wald
getrieben.

Polizei iſt uͤberhaupt keine hier, denn mit dem fruͤ-
hen Morgen faͤngt ſchon das allerunverſchaͤmteſte Betteln
an, und waͤhrt bis in die ſinkende Nacht.

Als ich aus dem Walde zuruͤck kam, ſolt’ ich im
Ernſt katholiſch werden, — der Abbe’ Chatelain
de l’Archeveché de Paris
mochte, wie ich vermuthe,
durch etliche Damen, mit denen ich geſtern Abends ſprach,
ohne mich im geringſten zu erkennen zu geben, aufmerk-
ſam auf mich gemacht worden ſeyn, kam daher aus einer
andern Auberge auf mich zu, fing gleich von der Religion
an und fragte mich: warum ich nicht katholiſch wuͤrde?
Der Diſcours nahm aber in dem Augenblick, da ich ihm
ſagte, daß ich nicht blos naturhiſtoriſche Kenntniſſe ſam-
melte, ſondern auch Theologie ſtudirt haͤtte, und durch
die Kirchengeſchichte vor dieſer Religionsveraͤnderung be-
wahrt waͤre, eine ganz andre Wendung, als er vielleicht
vermuthete. Er wunderte ſich, daß Boßuets Expo-
ſion de la ſoi etc.
und ſeine Hiſtoire des Varia-

tions
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0437" n="413"/>
&#x017F;etzte. Das ko&#x017F;tete 30. Sous. Ach wie gut wa&#x0364;r&#x2019;s,<lb/>
wenn man alle 8. Tage dies herrliche Sta&#x0364;rkungs- und<lb/>
Reinigungsmittel haben ko&#x0364;nnte! Ich fand, daß das Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;ehr &#x017F;chwer i&#x017F;t; ich kam aber &#x017F;o fri&#x017F;ch, &#x017F;o munter her-<lb/>
aus, als wenn ich ge&#x017F;ta&#x0364;hlt wa&#x0364;re.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 18ten Jul.</head><lb/>
            <p>Schon Morgens um 4½. Uhr war ich in dem liebli-<lb/>
chen Walde und ging &#x017F;pazieren.</p><lb/>
            <p>Die Leute &#x017F;chonen das bischen Holz nicht genug. Um<lb/>
6. Uhr ward die ganze <hi rendition="#fr">Kuhherde</hi> mitten in den Wald<lb/>
getrieben.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Polizei</hi> i&#x017F;t u&#x0364;berhaupt keine hier, denn mit dem fru&#x0364;-<lb/>
hen Morgen fa&#x0364;ngt &#x017F;chon das allerunver&#x017F;cha&#x0364;mte&#x017F;te <hi rendition="#fr">Betteln</hi><lb/>
an, und wa&#x0364;hrt bis in die &#x017F;inkende Nacht.</p><lb/>
            <p>Als ich aus dem Walde zuru&#x0364;ck kam, <hi rendition="#fr">&#x017F;olt&#x2019; ich</hi> im<lb/>
Ern&#x017F;t <hi rendition="#fr">katholi&#x017F;ch werden,</hi> &#x2014; der Abbe&#x2019; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chatelain</hi><lb/>
de l&#x2019;Archeveché de <hi rendition="#i">Paris</hi></hi> mochte, wie ich vermuthe,<lb/>
durch etliche Damen, mit denen ich ge&#x017F;tern Abends &#x017F;prach,<lb/>
ohne mich im gering&#x017F;ten zu erkennen zu geben, aufmerk-<lb/>
&#x017F;am auf mich gemacht worden &#x017F;eyn, kam daher aus einer<lb/>
andern Auberge auf mich zu, fing gleich von der Religion<lb/>
an und fragte mich: warum ich nicht katholi&#x017F;ch wu&#x0364;rde?<lb/>
Der Di&#x017F;cours nahm aber in dem Augenblick, da ich ihm<lb/>
&#x017F;agte, daß ich nicht blos naturhi&#x017F;tori&#x017F;che Kenntni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;am-<lb/>
melte, &#x017F;ondern auch Theologie &#x017F;tudirt ha&#x0364;tte, und durch<lb/>
die Kirchenge&#x017F;chichte vor die&#x017F;er Religionsvera&#x0364;nderung be-<lb/>
wahrt wa&#x0364;re, eine ganz andre Wendung, als er vielleicht<lb/>
vermuthete. Er wunderte &#x017F;ich, daß <hi rendition="#fr">Boßuets</hi> <hi rendition="#aq">Expo-<lb/>
&#x017F;ion de la &#x017F;oi etc.</hi> und &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toire des Varia-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">tions</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0437] ſetzte. Das koſtete 30. Sous. Ach wie gut waͤr’s, wenn man alle 8. Tage dies herrliche Staͤrkungs- und Reinigungsmittel haben koͤnnte! Ich fand, daß das Waſ- ſer ſehr ſchwer iſt; ich kam aber ſo friſch, ſo munter her- aus, als wenn ich geſtaͤhlt waͤre. Den 18ten Jul. Schon Morgens um 4½. Uhr war ich in dem liebli- chen Walde und ging ſpazieren. Die Leute ſchonen das bischen Holz nicht genug. Um 6. Uhr ward die ganze Kuhherde mitten in den Wald getrieben. Polizei iſt uͤberhaupt keine hier, denn mit dem fruͤ- hen Morgen faͤngt ſchon das allerunverſchaͤmteſte Betteln an, und waͤhrt bis in die ſinkende Nacht. Als ich aus dem Walde zuruͤck kam, ſolt’ ich im Ernſt katholiſch werden, — der Abbe’ Chatelain de l’Archeveché de Paris mochte, wie ich vermuthe, durch etliche Damen, mit denen ich geſtern Abends ſprach, ohne mich im geringſten zu erkennen zu geben, aufmerk- ſam auf mich gemacht worden ſeyn, kam daher aus einer andern Auberge auf mich zu, fing gleich von der Religion an und fragte mich: warum ich nicht katholiſch wuͤrde? Der Diſcours nahm aber in dem Augenblick, da ich ihm ſagte, daß ich nicht blos naturhiſtoriſche Kenntniſſe ſam- melte, ſondern auch Theologie ſtudirt haͤtte, und durch die Kirchengeſchichte vor dieſer Religionsveraͤnderung be- wahrt waͤre, eine ganz andre Wendung, als er vielleicht vermuthete. Er wunderte ſich, daß Boßuets Expo- ſion de la ſoi etc. und ſeine Hiſtoire des Varia- tions

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/437
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/437>, abgerufen am 21.12.2024.