da sie ja leichter als die übrige Masse schmelzen soll, besonders auf- tragen muß. Man rührt die Glasur, die beim echten Porzellan ein Gemenge von Thon und Kaliumwasserglas ist und für weniger feine Waren kieselsaures Blei enthält, mit Wasser zu einem dünnen Brei an, und taucht den durch das sog. Verglühen erst vorläufig, aber noch nicht gar gebrannten Scherben in denselben, oder man begießt ihn damit, stäubt ihn in die Glasurmasse ein, oder schließlich man ver- dampft Kochsalz im Ofen, das dann mit Thonmasse eine Glasur gibt.
b) Die dichten Thonwaren.
Wir beginnen mit demjenigen Produkt, welches von jeher als das feinste gegolten hat, mit dem echten Porzellan. Es ist zuerst in China heimisch gewesen, und wenn es auch nicht so lange bekannt ist, wie man früher allgemein glaubte, so ist es doch möglich, daß es bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. dort fabriziert wurde, und fällt seine Erfindung keinesfalls später als 89 n. Chr. Von hier aus wird sie natürlich auch in das gewerbreiche Nachbarland Japan über- gegangen sein, aber fabriziert wurde jenes dort erst seit Beginn des 16. Jahrhunderts. Marco Polo, der bekannte venetianische Seefahrer, welcher um 1380 lange Jahre in chinesischen Diensten stand, beschreibt die Herstellung des Porzellans. Unter der Ming-Dynastie, da alle Künste in China blühten, nahm auch die Porzellan-Fabrikation den höchsten Aufschwung: 1431 ward das vielbewunderte Bauwerk, der 100 m hohe Porzellanturm von Nanking gebaut, der jetzt zerstört ist. In Europa sah man diese Waren zuerst im 16. Jahrhundert und ver- suchte sofort, sie selbstständig herzustellen.
Die kunstsinnigen Medizäer in Florenz vor allem scheuten keine Kosten, um Porzellan hervorzubringen. Im 17. Jahrhundert war in Japan die sogenannte Holländerzeit, und in dem lebhaften Verkehr mit dem Abendlande bildete das Porzellan ein Hauptzahlungsmittel. Die Fabrikation im Morgenlande aber paßte sich zugleich dem Geschmacke der Besteller immer mehr an.
Erst im Jahre 1706 gelang es dem Alchimisten Joh. Friedrich Böttger zu Dresden, den lang gesuchten Stoff aufzufinden. Er suchte den Stein der Weisen und fand das sogenannte rote Porzellan, und diesmal wenigstens "mangelte der Weise nicht dem Stein". Erlaubte diese Erfindung bereits die Entwickelung eines besondern Zweiges der Keramik, so ward durch die im Jahre 1709 erfolgte Entdeckung Böttgers, daß ein Hauptbestandteil des Haarpuders Porzellanerde sei, und die nun- mehr dadurch erleichterte Auffindung eines großen Lagers derselben, die Porzellanindustrie im Abendlande vollends eingebürgert. In Meißen ge- langte dieselbe schnell zu hoher Blüte unter Böttger, dem in der Albrechts- burg die erste Fabrik eingerichtet wurde. Streng wurde daselbst das Geheimnis der kostbaren Industrie bewahrt, bis es einzelnen Arbeitern
Die dichten Thonwaren.
da ſie ja leichter als die übrige Maſſe ſchmelzen ſoll, beſonders auf- tragen muß. Man rührt die Glaſur, die beim echten Porzellan ein Gemenge von Thon und Kaliumwaſſerglas iſt und für weniger feine Waren kieſelſaures Blei enthält, mit Waſſer zu einem dünnen Brei an, und taucht den durch das ſog. Verglühen erſt vorläufig, aber noch nicht gar gebrannten Scherben in denſelben, oder man begießt ihn damit, ſtäubt ihn in die Glaſurmaſſe ein, oder ſchließlich man ver- dampft Kochſalz im Ofen, das dann mit Thonmaſſe eine Glaſur gibt.
b) Die dichten Thonwaren.
Wir beginnen mit demjenigen Produkt, welches von jeher als das feinſte gegolten hat, mit dem echten Porzellan. Es iſt zuerſt in China heimiſch geweſen, und wenn es auch nicht ſo lange bekannt iſt, wie man früher allgemein glaubte, ſo iſt es doch möglich, daß es bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. dort fabriziert wurde, und fällt ſeine Erfindung keinesfalls ſpäter als 89 n. Chr. Von hier aus wird ſie natürlich auch in das gewerbreiche Nachbarland Japan über- gegangen ſein, aber fabriziert wurde jenes dort erſt ſeit Beginn des 16. Jahrhunderts. Marco Polo, der bekannte venetianiſche Seefahrer, welcher um 1380 lange Jahre in chineſiſchen Dienſten ſtand, beſchreibt die Herſtellung des Porzellans. Unter der Ming-Dynaſtie, da alle Künſte in China blühten, nahm auch die Porzellan-Fabrikation den höchſten Aufſchwung: 1431 ward das vielbewunderte Bauwerk, der 100 m hohe Porzellanturm von Nanking gebaut, der jetzt zerſtört iſt. In Europa ſah man dieſe Waren zuerſt im 16. Jahrhundert und ver- ſuchte ſofort, ſie ſelbſtſtändig herzuſtellen.
Die kunſtſinnigen Medizäer in Florenz vor allem ſcheuten keine Koſten, um Porzellan hervorzubringen. Im 17. Jahrhundert war in Japan die ſogenannte Holländerzeit, und in dem lebhaften Verkehr mit dem Abendlande bildete das Porzellan ein Hauptzahlungsmittel. Die Fabrikation im Morgenlande aber paßte ſich zugleich dem Geſchmacke der Beſteller immer mehr an.
Erſt im Jahre 1706 gelang es dem Alchimiſten Joh. Friedrich Böttger zu Dresden, den lang geſuchten Stoff aufzufinden. Er ſuchte den Stein der Weiſen und fand das ſogenannte rote Porzellan, und diesmal wenigſtens „mangelte der Weiſe nicht dem Stein“. Erlaubte dieſe Erfindung bereits die Entwickelung eines beſondern Zweiges der Keramik, ſo ward durch die im Jahre 1709 erfolgte Entdeckung Böttgers, daß ein Hauptbeſtandteil des Haarpuders Porzellanerde ſei, und die nun- mehr dadurch erleichterte Auffindung eines großen Lagers derſelben, die Porzellaninduſtrie im Abendlande vollends eingebürgert. In Meißen ge- langte dieſelbe ſchnell zu hoher Blüte unter Böttger, dem in der Albrechts- burg die erſte Fabrik eingerichtet wurde. Streng wurde daſelbſt das Geheimnis der koſtbaren Induſtrie bewahrt, bis es einzelnen Arbeitern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0893"n="875"/><fwplace="top"type="header">Die dichten Thonwaren.</fw><lb/>
da ſie ja leichter als die übrige Maſſe ſchmelzen ſoll, beſonders auf-<lb/>
tragen muß. Man rührt die Glaſur, die beim echten Porzellan ein<lb/>
Gemenge von Thon und Kaliumwaſſerglas iſt und für weniger feine<lb/>
Waren kieſelſaures Blei enthält, mit Waſſer zu einem dünnen Brei an,<lb/>
und taucht den durch das ſog. Verglühen erſt vorläufig, aber noch<lb/>
nicht gar gebrannten Scherben in denſelben, oder man begießt ihn<lb/>
damit, ſtäubt ihn in die Glaſurmaſſe ein, oder ſchließlich man ver-<lb/>
dampft Kochſalz im Ofen, das dann mit Thonmaſſe eine Glaſur gibt.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">b</hi>) Die dichten Thonwaren.</hi></head><lb/><p>Wir beginnen mit demjenigen Produkt, welches von jeher als das<lb/>
feinſte gegolten hat, mit dem echten Porzellan. Es iſt zuerſt in China<lb/>
heimiſch geweſen, und wenn es auch nicht ſo lange bekannt iſt,<lb/>
wie man früher allgemein glaubte, ſo iſt es doch möglich, daß es<lb/>
bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. dort fabriziert wurde, und<lb/>
fällt ſeine Erfindung keinesfalls ſpäter als 89 n. Chr. Von hier aus<lb/>
wird ſie natürlich auch in das gewerbreiche Nachbarland Japan über-<lb/>
gegangen ſein, aber fabriziert wurde jenes dort erſt ſeit Beginn des<lb/>
16. Jahrhunderts. Marco Polo, der bekannte venetianiſche Seefahrer,<lb/>
welcher um 1380 lange Jahre in chineſiſchen Dienſten ſtand, beſchreibt<lb/>
die Herſtellung des Porzellans. Unter der Ming-Dynaſtie, da alle<lb/>
Künſte in China blühten, nahm auch die Porzellan-Fabrikation den<lb/>
höchſten Aufſchwung: 1431 ward das vielbewunderte Bauwerk, der<lb/>
100 <hirendition="#aq">m</hi> hohe Porzellanturm von Nanking gebaut, der jetzt zerſtört iſt.<lb/>
In Europa ſah man dieſe Waren zuerſt im 16. Jahrhundert und ver-<lb/>ſuchte ſofort, ſie ſelbſtſtändig herzuſtellen.</p><lb/><p>Die kunſtſinnigen Medizäer in Florenz vor allem ſcheuten keine<lb/>
Koſten, um Porzellan hervorzubringen. Im 17. Jahrhundert war in<lb/>
Japan die ſogenannte Holländerzeit, und in dem lebhaften Verkehr<lb/>
mit dem Abendlande bildete das Porzellan ein Hauptzahlungsmittel.<lb/>
Die Fabrikation im Morgenlande aber paßte ſich zugleich dem Geſchmacke<lb/>
der Beſteller immer mehr an.</p><lb/><p>Erſt im Jahre 1706 gelang es dem Alchimiſten Joh. Friedrich<lb/>
Böttger zu Dresden, den lang geſuchten Stoff aufzufinden. Er ſuchte<lb/>
den Stein der Weiſen und fand das ſogenannte rote Porzellan, und<lb/>
diesmal wenigſtens „mangelte der Weiſe nicht dem Stein“. Erlaubte<lb/>
dieſe Erfindung bereits die Entwickelung eines beſondern Zweiges der<lb/>
Keramik, ſo ward durch die im Jahre 1709 erfolgte Entdeckung Böttgers,<lb/>
daß ein Hauptbeſtandteil des Haarpuders Porzellanerde ſei, und die nun-<lb/>
mehr dadurch erleichterte Auffindung eines großen Lagers derſelben, die<lb/>
Porzellaninduſtrie im Abendlande vollends eingebürgert. In Meißen ge-<lb/>
langte dieſelbe ſchnell zu hoher Blüte unter Böttger, dem in der Albrechts-<lb/>
burg die erſte Fabrik eingerichtet wurde. Streng wurde daſelbſt das<lb/>
Geheimnis der koſtbaren Induſtrie bewahrt, bis es einzelnen Arbeitern<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[875/0893]
Die dichten Thonwaren.
da ſie ja leichter als die übrige Maſſe ſchmelzen ſoll, beſonders auf-
tragen muß. Man rührt die Glaſur, die beim echten Porzellan ein
Gemenge von Thon und Kaliumwaſſerglas iſt und für weniger feine
Waren kieſelſaures Blei enthält, mit Waſſer zu einem dünnen Brei an,
und taucht den durch das ſog. Verglühen erſt vorläufig, aber noch
nicht gar gebrannten Scherben in denſelben, oder man begießt ihn
damit, ſtäubt ihn in die Glaſurmaſſe ein, oder ſchließlich man ver-
dampft Kochſalz im Ofen, das dann mit Thonmaſſe eine Glaſur gibt.
b) Die dichten Thonwaren.
Wir beginnen mit demjenigen Produkt, welches von jeher als das
feinſte gegolten hat, mit dem echten Porzellan. Es iſt zuerſt in China
heimiſch geweſen, und wenn es auch nicht ſo lange bekannt iſt,
wie man früher allgemein glaubte, ſo iſt es doch möglich, daß es
bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. dort fabriziert wurde, und
fällt ſeine Erfindung keinesfalls ſpäter als 89 n. Chr. Von hier aus
wird ſie natürlich auch in das gewerbreiche Nachbarland Japan über-
gegangen ſein, aber fabriziert wurde jenes dort erſt ſeit Beginn des
16. Jahrhunderts. Marco Polo, der bekannte venetianiſche Seefahrer,
welcher um 1380 lange Jahre in chineſiſchen Dienſten ſtand, beſchreibt
die Herſtellung des Porzellans. Unter der Ming-Dynaſtie, da alle
Künſte in China blühten, nahm auch die Porzellan-Fabrikation den
höchſten Aufſchwung: 1431 ward das vielbewunderte Bauwerk, der
100 m hohe Porzellanturm von Nanking gebaut, der jetzt zerſtört iſt.
In Europa ſah man dieſe Waren zuerſt im 16. Jahrhundert und ver-
ſuchte ſofort, ſie ſelbſtſtändig herzuſtellen.
Die kunſtſinnigen Medizäer in Florenz vor allem ſcheuten keine
Koſten, um Porzellan hervorzubringen. Im 17. Jahrhundert war in
Japan die ſogenannte Holländerzeit, und in dem lebhaften Verkehr
mit dem Abendlande bildete das Porzellan ein Hauptzahlungsmittel.
Die Fabrikation im Morgenlande aber paßte ſich zugleich dem Geſchmacke
der Beſteller immer mehr an.
Erſt im Jahre 1706 gelang es dem Alchimiſten Joh. Friedrich
Böttger zu Dresden, den lang geſuchten Stoff aufzufinden. Er ſuchte
den Stein der Weiſen und fand das ſogenannte rote Porzellan, und
diesmal wenigſtens „mangelte der Weiſe nicht dem Stein“. Erlaubte
dieſe Erfindung bereits die Entwickelung eines beſondern Zweiges der
Keramik, ſo ward durch die im Jahre 1709 erfolgte Entdeckung Böttgers,
daß ein Hauptbeſtandteil des Haarpuders Porzellanerde ſei, und die nun-
mehr dadurch erleichterte Auffindung eines großen Lagers derſelben, die
Porzellaninduſtrie im Abendlande vollends eingebürgert. In Meißen ge-
langte dieſelbe ſchnell zu hoher Blüte unter Böttger, dem in der Albrechts-
burg die erſte Fabrik eingerichtet wurde. Streng wurde daſelbſt das
Geheimnis der koſtbaren Induſtrie bewahrt, bis es einzelnen Arbeitern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 875. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/893>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.