Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Pottaschefabrikation. -- Die Seifenfabrikation.
ihre Bereitung ist Sache der betreffenden speziellen Kapitel und wird
bei diesen abgehandelt.

Von den Anwendungen der besprochenen chemischen Produkte sind
einige so umfangreich, daß sie gleichfalls, wie z. B. die Glasfabrikation
und die Pulverfabrikation, besondere Abschnitte beanspruchen. Nur
eine läßt sich bequem als direkter Anhang des vorliegenden Kapitels
behandeln; es ist dies

f) die Seifenfabrikation.

Unter Seifen versteht man zunächst die Alkalisalze der Fettsäuren,
welche durch Einwirkung der ätzenden Alkalien auf die natürlich vor-
kommenden Fette gewonnen werden. Im allgemeinen bezeichnet aber
die Wissenschaft die fettsauren Verbindungen aller Metalloxyde, auch
diejenigen der Schwermetalle, als Seifen. Obgleich die letzteren in
einzelnen Gewerben, sowie in der Heilkunde Anwendung finden, so
interessieren uns an dieser Stelle doch besonders die ersteren.

Die Fabrikation der Alkaliseifen ist sehr alt. Plinius bezeichnet
sie als eine gallische Erfindung und erwähnt bereits harte und weiche
Seife, kennt auch ihre Herstellung aus Asche und Talg. Dagegen ist
es mehr als zweifelhaft, ob noch früher die Seife bekannt war;
höchst wahrscheinlich sind derartige Berichte durch Verwechselung der
Seife mit anderen, im Altertum zu Reinlichkeitszwecken dienenden Sub-
stanzen, wie Pottasche und Soda, entstanden.

Die Grundlagen der Seifenfabrikation sind einerseits die Fette,
andererseits die Alkalilaugen. Beide können nicht immer so angewandt
werden, wie sie dem Seifensieder geliefert werden; besonders muß er
sich die Lauge aus Soda und Pottasche selbst herstellen. Aber auch
die Fette unterliegen häufig noch besonderer Vorbereitung.

Von den Fetten ist eine ganze Anzahl schon bei den Leucht-
materialien (auf S. 285 ff.) genauer betrachtet worden, so daß sie hier
übergangen werden können; hierher gehören Talg, Leinöl, Olivenöl
und Harz. Außer ihnen dient zur Seifenfabrikation eine sehr große
Zahl anderer Fette, deren wichtigsten Palmöl, Kokosnußöl und Knochen-
fett sind.

Palmöl wird aus den Früchten gewisser Palmenarten aus-
geschmelzt. Früher nur als Seltenheit bekannt, bildet es wegen seiner
Anwendung in der Seifensiederei heute einen sehr wichtigen Handels-
artikel der westafrikanischen Küste. Das den Kern umgebende Fleisch
der Frucht wird mit Wasser ausgekocht, worauf sich das Palmöl als
ein rotgelbes, bei etwa 30° erstarrendes Fett von Butterkonsistenz
obenauf sammelt und abgeschöpft wird. Der Farbstoff des Palmöls
wird von dem Seifensieder als ein Hindernis betrachtet und daher
durch Bleichen entfernt. Man bleicht entweder mit Chlorkalk oder,
besser, durch längeres Schmelzen bei 110 bis 120° C., welches
durch Hochdruckdampf unterhalten wird. Auch wird die Bleichung

Die Pottaſchefabrikation. — Die Seifenfabrikation.
ihre Bereitung iſt Sache der betreffenden ſpeziellen Kapitel und wird
bei dieſen abgehandelt.

Von den Anwendungen der beſprochenen chemiſchen Produkte ſind
einige ſo umfangreich, daß ſie gleichfalls, wie z. B. die Glasfabrikation
und die Pulverfabrikation, beſondere Abſchnitte beanſpruchen. Nur
eine läßt ſich bequem als direkter Anhang des vorliegenden Kapitels
behandeln; es iſt dies

f) die Seifenfabrikation.

Unter Seifen verſteht man zunächſt die Alkaliſalze der Fettſäuren,
welche durch Einwirkung der ätzenden Alkalien auf die natürlich vor-
kommenden Fette gewonnen werden. Im allgemeinen bezeichnet aber
die Wiſſenſchaft die fettſauren Verbindungen aller Metalloxyde, auch
diejenigen der Schwermetalle, als Seifen. Obgleich die letzteren in
einzelnen Gewerben, ſowie in der Heilkunde Anwendung finden, ſo
intereſſieren uns an dieſer Stelle doch beſonders die erſteren.

Die Fabrikation der Alkaliſeifen iſt ſehr alt. Plinius bezeichnet
ſie als eine galliſche Erfindung und erwähnt bereits harte und weiche
Seife, kennt auch ihre Herſtellung aus Aſche und Talg. Dagegen iſt
es mehr als zweifelhaft, ob noch früher die Seife bekannt war;
höchſt wahrſcheinlich ſind derartige Berichte durch Verwechſelung der
Seife mit anderen, im Altertum zu Reinlichkeitszwecken dienenden Sub-
ſtanzen, wie Pottaſche und Soda, entſtanden.

Die Grundlagen der Seifenfabrikation ſind einerſeits die Fette,
andererſeits die Alkalilaugen. Beide können nicht immer ſo angewandt
werden, wie ſie dem Seifenſieder geliefert werden; beſonders muß er
ſich die Lauge aus Soda und Pottaſche ſelbſt herſtellen. Aber auch
die Fette unterliegen häufig noch beſonderer Vorbereitung.

Von den Fetten iſt eine ganze Anzahl ſchon bei den Leucht-
materialien (auf S. 285 ff.) genauer betrachtet worden, ſo daß ſie hier
übergangen werden können; hierher gehören Talg, Leinöl, Olivenöl
und Harz. Außer ihnen dient zur Seifenfabrikation eine ſehr große
Zahl anderer Fette, deren wichtigſten Palmöl, Kokosnußöl und Knochen-
fett ſind.

Palmöl wird aus den Früchten gewiſſer Palmenarten aus-
geſchmelzt. Früher nur als Seltenheit bekannt, bildet es wegen ſeiner
Anwendung in der Seifenſiederei heute einen ſehr wichtigen Handels-
artikel der weſtafrikaniſchen Küſte. Das den Kern umgebende Fleiſch
der Frucht wird mit Waſſer ausgekocht, worauf ſich das Palmöl als
ein rotgelbes, bei etwa 30° erſtarrendes Fett von Butterkonſiſtenz
obenauf ſammelt und abgeſchöpft wird. Der Farbſtoff des Palmöls
wird von dem Seifenſieder als ein Hindernis betrachtet und daher
durch Bleichen entfernt. Man bleicht entweder mit Chlorkalk oder,
beſſer, durch längeres Schmelzen bei 110 bis 120° C., welches
durch Hochdruckdampf unterhalten wird. Auch wird die Bleichung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0859" n="841"/><fw place="top" type="header">Die Potta&#x017F;chefabrikation. &#x2014; Die Seifenfabrikation.</fw><lb/>
ihre Bereitung i&#x017F;t Sache der betreffenden &#x017F;peziellen Kapitel und wird<lb/>
bei die&#x017F;en abgehandelt.</p><lb/>
            <p>Von den Anwendungen der be&#x017F;prochenen chemi&#x017F;chen Produkte &#x017F;ind<lb/>
einige &#x017F;o umfangreich, daß &#x017F;ie gleichfalls, wie z. B. die Glasfabrikation<lb/>
und die Pulverfabrikation, be&#x017F;ondere Ab&#x017F;chnitte bean&#x017F;pruchen. Nur<lb/>
eine läßt &#x017F;ich bequem als direkter Anhang des vorliegenden Kapitels<lb/>
behandeln; es i&#x017F;t dies</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">f)</hi> die Seifenfabrikation.</hi> </head><lb/>
            <p>Unter Seifen ver&#x017F;teht man zunäch&#x017F;t die Alkali&#x017F;alze der Fett&#x017F;äuren,<lb/>
welche durch Einwirkung der ätzenden Alkalien auf die natürlich vor-<lb/>
kommenden Fette gewonnen werden. Im allgemeinen bezeichnet aber<lb/>
die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft die fett&#x017F;auren Verbindungen aller Metalloxyde, auch<lb/>
diejenigen der Schwermetalle, als Seifen. Obgleich die letzteren in<lb/>
einzelnen Gewerben, &#x017F;owie in der Heilkunde Anwendung finden, &#x017F;o<lb/>
intere&#x017F;&#x017F;ieren uns an die&#x017F;er Stelle doch be&#x017F;onders die er&#x017F;teren.</p><lb/>
            <p>Die Fabrikation der Alkali&#x017F;eifen i&#x017F;t &#x017F;ehr alt. Plinius bezeichnet<lb/>
&#x017F;ie als eine galli&#x017F;che Erfindung und erwähnt bereits harte und weiche<lb/>
Seife, kennt auch ihre Her&#x017F;tellung aus A&#x017F;che und Talg. Dagegen i&#x017F;t<lb/>
es mehr als zweifelhaft, ob noch früher die Seife bekannt war;<lb/>
höch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;ind derartige Berichte durch Verwech&#x017F;elung der<lb/>
Seife mit anderen, im Altertum zu Reinlichkeitszwecken dienenden Sub-<lb/>
&#x017F;tanzen, wie Potta&#x017F;che und Soda, ent&#x017F;tanden.</p><lb/>
            <p>Die Grundlagen der Seifenfabrikation &#x017F;ind einer&#x017F;eits die Fette,<lb/>
anderer&#x017F;eits die Alkalilaugen. Beide können nicht immer &#x017F;o angewandt<lb/>
werden, wie &#x017F;ie dem Seifen&#x017F;ieder geliefert werden; be&#x017F;onders muß er<lb/>
&#x017F;ich die Lauge aus Soda und Potta&#x017F;che &#x017F;elb&#x017F;t her&#x017F;tellen. Aber auch<lb/>
die Fette unterliegen häufig noch be&#x017F;onderer Vorbereitung.</p><lb/>
            <p>Von den Fetten i&#x017F;t eine ganze Anzahl &#x017F;chon bei den Leucht-<lb/>
materialien (auf S. 285 ff.) genauer betrachtet worden, &#x017F;o daß &#x017F;ie hier<lb/>
übergangen werden können; hierher gehören Talg, Leinöl, Olivenöl<lb/>
und Harz. Außer ihnen dient zur Seifenfabrikation eine &#x017F;ehr große<lb/>
Zahl anderer Fette, deren wichtig&#x017F;ten Palmöl, Kokosnußöl und Knochen-<lb/>
fett &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Palmöl</hi> wird aus den Früchten gewi&#x017F;&#x017F;er Palmenarten aus-<lb/>
ge&#x017F;chmelzt. Früher nur als Seltenheit bekannt, bildet es wegen &#x017F;einer<lb/>
Anwendung in der Seifen&#x017F;iederei heute einen &#x017F;ehr wichtigen Handels-<lb/>
artikel der we&#x017F;tafrikani&#x017F;chen Kü&#x017F;te. Das den Kern umgebende Flei&#x017F;ch<lb/>
der Frucht wird mit Wa&#x017F;&#x017F;er ausgekocht, worauf &#x017F;ich das Palmöl als<lb/>
ein rotgelbes, bei etwa 30° er&#x017F;tarrendes Fett von Butterkon&#x017F;i&#x017F;tenz<lb/>
obenauf &#x017F;ammelt und abge&#x017F;chöpft wird. Der Farb&#x017F;toff des Palmöls<lb/>
wird von dem Seifen&#x017F;ieder als ein Hindernis betrachtet und daher<lb/>
durch Bleichen entfernt. Man bleicht entweder mit Chlorkalk oder,<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er, durch längeres Schmelzen bei 110 bis 120° <hi rendition="#aq">C.</hi>, welches<lb/>
durch Hochdruckdampf unterhalten wird. Auch wird die Bleichung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[841/0859] Die Pottaſchefabrikation. — Die Seifenfabrikation. ihre Bereitung iſt Sache der betreffenden ſpeziellen Kapitel und wird bei dieſen abgehandelt. Von den Anwendungen der beſprochenen chemiſchen Produkte ſind einige ſo umfangreich, daß ſie gleichfalls, wie z. B. die Glasfabrikation und die Pulverfabrikation, beſondere Abſchnitte beanſpruchen. Nur eine läßt ſich bequem als direkter Anhang des vorliegenden Kapitels behandeln; es iſt dies f) die Seifenfabrikation. Unter Seifen verſteht man zunächſt die Alkaliſalze der Fettſäuren, welche durch Einwirkung der ätzenden Alkalien auf die natürlich vor- kommenden Fette gewonnen werden. Im allgemeinen bezeichnet aber die Wiſſenſchaft die fettſauren Verbindungen aller Metalloxyde, auch diejenigen der Schwermetalle, als Seifen. Obgleich die letzteren in einzelnen Gewerben, ſowie in der Heilkunde Anwendung finden, ſo intereſſieren uns an dieſer Stelle doch beſonders die erſteren. Die Fabrikation der Alkaliſeifen iſt ſehr alt. Plinius bezeichnet ſie als eine galliſche Erfindung und erwähnt bereits harte und weiche Seife, kennt auch ihre Herſtellung aus Aſche und Talg. Dagegen iſt es mehr als zweifelhaft, ob noch früher die Seife bekannt war; höchſt wahrſcheinlich ſind derartige Berichte durch Verwechſelung der Seife mit anderen, im Altertum zu Reinlichkeitszwecken dienenden Sub- ſtanzen, wie Pottaſche und Soda, entſtanden. Die Grundlagen der Seifenfabrikation ſind einerſeits die Fette, andererſeits die Alkalilaugen. Beide können nicht immer ſo angewandt werden, wie ſie dem Seifenſieder geliefert werden; beſonders muß er ſich die Lauge aus Soda und Pottaſche ſelbſt herſtellen. Aber auch die Fette unterliegen häufig noch beſonderer Vorbereitung. Von den Fetten iſt eine ganze Anzahl ſchon bei den Leucht- materialien (auf S. 285 ff.) genauer betrachtet worden, ſo daß ſie hier übergangen werden können; hierher gehören Talg, Leinöl, Olivenöl und Harz. Außer ihnen dient zur Seifenfabrikation eine ſehr große Zahl anderer Fette, deren wichtigſten Palmöl, Kokosnußöl und Knochen- fett ſind. Palmöl wird aus den Früchten gewiſſer Palmenarten aus- geſchmelzt. Früher nur als Seltenheit bekannt, bildet es wegen ſeiner Anwendung in der Seifenſiederei heute einen ſehr wichtigen Handels- artikel der weſtafrikaniſchen Küſte. Das den Kern umgebende Fleiſch der Frucht wird mit Waſſer ausgekocht, worauf ſich das Palmöl als ein rotgelbes, bei etwa 30° erſtarrendes Fett von Butterkonſiſtenz obenauf ſammelt und abgeſchöpft wird. Der Farbſtoff des Palmöls wird von dem Seifenſieder als ein Hindernis betrachtet und daher durch Bleichen entfernt. Man bleicht entweder mit Chlorkalk oder, beſſer, durch längeres Schmelzen bei 110 bis 120° C., welches durch Hochdruckdampf unterhalten wird. Auch wird die Bleichung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/859
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 841. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/859>, abgerufen am 21.11.2024.