durch Jahrhunderte fortgesetzt, sich schließlich bitter rächte! Der Enkel glaubte vor einem unerklärlichen Wunder zu stehen und beschwerte sich in lauten Klagen, daß sein Acker, den er doch genau so behandelte wie sein Großvater und alle Vorfahren desselben, ihm nicht mehr dieselben reichen Ernteerträge wie einst diesen liefern wollte. Liebig erklärte dieses scheinbare Wunder als eine ganz natürliche Folge der bisher betriebenen Wirtschaft, bei der man dem Acker stets vieles entzogen, und nur weniges wiedergegeben hatte, denn um die Stoffe aller Produkte, die der Landwirt nicht selbst verwandte, sondern verkaufte, wie z. B. Futter, Korn, Handelsgewächse, Fleisch etc. war der Boden stets ärmer geworden. Er rief warnend hinaus, daß sich der Landwirt darüber klar werden müßte, daß er mit jedem Scheffel Roggen ein Stück seines Gutes ver- kaufe, nannte die bisher betriebene Wirtschaft sehr bezeichnend "Raub- bau" und riet dringend den Verlust durch käufliche Düngemittel -- solche stehen zahlreich in verschiedenen Formen zur Verfügung -- zu ersetzen. Damals wurden seine Ansichten nicht nur von den Land- wirten selbst, sondern sogar von einem Teile der Lehrer an landwirt- schaftlichen Schulen bekämpft; heute ist das anders und beweisen höchste Ernteerträge -- also großer Gewinn der intelligenten Landwirte -- selbst auf minderwertigem Boden die Richtigkeit des Satzes: "Wer die Natur erkennt, dem muß sie dienen!"
Auch in nicht genügender mechanischer Bearbeitung des Bodens -- Pflügen, Eggen etc. -- kann viel gesündigt werden, denn diese soll den Boden locker machen und dadurch das Eindringen der atmosphärischen Luft ermöglichen, welche durch ihren Gehalt an Kohlensäure die Thätigkeit des Bodens und somit die so wichtige Humusbildung ver- anlaßt, bez. erhöht. Aber selbst die beste mechanische Bearbeitung des Bodens ersetzt die Zufuhr der chemischen Stoffe nicht, sondern verlangt dieselben im Gegenteil in höherem Maße, denn sie erzeugt höhere Ernteerträge und entzieht somit dem Boden auch die hierzu nötigen größeren Mengen seiner Nährstoffe, welche eben wiederum durch Zufuhr ersetzt werden müssen.
a) Entstehung des Bodens.
Wichtig ist es nun, den Boden erst einmal an und für sich zu betrachten, sowohl die Art, wie er entsteht, als auch seine Zusammen- setzung, welche letztere selbstverständlich von der Gesteinsart abhängen wird, aus welcher der Boden entstanden ist. Der gesamte, mehr oder weniger fruchtbare Ackerboden ist aus nackten, unfruchtbaren Felsen ent- standen und zwar haben hierbei sowohl physikalische, als auch chemische Kräfte mitgewirkt, deren gemeinsame Arbeit wir "Verwitterung" nennen. Es ist eine rein mechanische Kraft, welche den ersten Angriff mit Hilfe des Wassers auf den Felsen ausübt, indem letzteres irgend einen kleinen Riß desselben ausfüllt, beim Sinken der Temperatur zu Eis gefriert, da-
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Entſtehung des Bodens.
durch Jahrhunderte fortgeſetzt, ſich ſchließlich bitter rächte! Der Enkel glaubte vor einem unerklärlichen Wunder zu ſtehen und beſchwerte ſich in lauten Klagen, daß ſein Acker, den er doch genau ſo behandelte wie ſein Großvater und alle Vorfahren desſelben, ihm nicht mehr dieſelben reichen Ernteerträge wie einſt dieſen liefern wollte. Liebig erklärte dieſes ſcheinbare Wunder als eine ganz natürliche Folge der bisher betriebenen Wirtſchaft, bei der man dem Acker ſtets vieles entzogen, und nur weniges wiedergegeben hatte, denn um die Stoffe aller Produkte, die der Landwirt nicht ſelbſt verwandte, ſondern verkaufte, wie z. B. Futter, Korn, Handelsgewächſe, Fleiſch ꝛc. war der Boden ſtets ärmer geworden. Er rief warnend hinaus, daß ſich der Landwirt darüber klar werden müßte, daß er mit jedem Scheffel Roggen ein Stück ſeines Gutes ver- kaufe, nannte die bisher betriebene Wirtſchaft ſehr bezeichnend „Raub- bau“ und riet dringend den Verluſt durch käufliche Düngemittel — ſolche ſtehen zahlreich in verſchiedenen Formen zur Verfügung — zu erſetzen. Damals wurden ſeine Anſichten nicht nur von den Land- wirten ſelbſt, ſondern ſogar von einem Teile der Lehrer an landwirt- ſchaftlichen Schulen bekämpft; heute iſt das anders und beweiſen höchſte Ernteerträge — alſo großer Gewinn der intelligenten Landwirte — ſelbſt auf minderwertigem Boden die Richtigkeit des Satzes: „Wer die Natur erkennt, dem muß ſie dienen!“
Auch in nicht genügender mechaniſcher Bearbeitung des Bodens — Pflügen, Eggen ꝛc. — kann viel geſündigt werden, denn dieſe ſoll den Boden locker machen und dadurch das Eindringen der atmoſphäriſchen Luft ermöglichen, welche durch ihren Gehalt an Kohlenſäure die Thätigkeit des Bodens und ſomit die ſo wichtige Humusbildung ver- anlaßt, bez. erhöht. Aber ſelbſt die beſte mechaniſche Bearbeitung des Bodens erſetzt die Zufuhr der chemiſchen Stoffe nicht, ſondern verlangt dieſelben im Gegenteil in höherem Maße, denn ſie erzeugt höhere Ernteerträge und entzieht ſomit dem Boden auch die hierzu nötigen größeren Mengen ſeiner Nährſtoffe, welche eben wiederum durch Zufuhr erſetzt werden müſſen.
a) Entſtehung des Bodens.
Wichtig iſt es nun, den Boden erſt einmal an und für ſich zu betrachten, ſowohl die Art, wie er entſteht, als auch ſeine Zuſammen- ſetzung, welche letztere ſelbſtverſtändlich von der Geſteinsart abhängen wird, aus welcher der Boden entſtanden iſt. Der geſamte, mehr oder weniger fruchtbare Ackerboden iſt aus nackten, unfruchtbaren Felſen ent- ſtanden und zwar haben hierbei ſowohl phyſikaliſche, als auch chemiſche Kräfte mitgewirkt, deren gemeinſame Arbeit wir „Verwitterung“ nennen. Es iſt eine rein mechaniſche Kraft, welche den erſten Angriff mit Hilfe des Waſſers auf den Felſen ausübt, indem letzteres irgend einen kleinen Riß desſelben ausfüllt, beim Sinken der Temperatur zu Eis gefriert, da-
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Entſtehung des Bodens.
durch Jahrhunderte fortgeſetzt, ſich ſchließlich bitter rächte! Der Enkel
glaubte vor einem unerklärlichen Wunder zu ſtehen und beſchwerte ſich
in lauten Klagen, daß ſein Acker, den er doch genau ſo behandelte wie
ſein Großvater und alle Vorfahren desſelben, ihm nicht mehr dieſelben
reichen Ernteerträge wie einſt dieſen liefern wollte. Liebig erklärte
dieſes ſcheinbare Wunder als eine ganz natürliche Folge der bisher
betriebenen Wirtſchaft, bei der man dem Acker ſtets vieles entzogen, und
nur weniges wiedergegeben hatte, denn um die Stoffe aller Produkte,
die der Landwirt nicht ſelbſt verwandte, ſondern verkaufte, wie z. B. Futter,
Korn, Handelsgewächſe, Fleiſch ꝛc. war der Boden ſtets ärmer geworden.
Er rief warnend hinaus, daß ſich der Landwirt darüber klar werden
müßte, daß er mit jedem Scheffel Roggen ein Stück ſeines Gutes ver-
kaufe, nannte die bisher betriebene Wirtſchaft ſehr bezeichnend „Raub-
bau“ und riet dringend den Verluſt durch käufliche Düngemittel —
ſolche ſtehen zahlreich in verſchiedenen Formen zur Verfügung — zu
erſetzen. Damals wurden ſeine Anſichten nicht nur von den Land-
wirten ſelbſt, ſondern ſogar von einem Teile der Lehrer an landwirt-
ſchaftlichen Schulen bekämpft; heute iſt das anders und beweiſen höchſte
Ernteerträge — alſo großer Gewinn der intelligenten Landwirte —
ſelbſt auf minderwertigem Boden die Richtigkeit des Satzes: „Wer die
Natur erkennt, dem muß ſie dienen!“
Auch in nicht genügender mechaniſcher Bearbeitung des Bodens —
Pflügen, Eggen ꝛc. — kann viel geſündigt werden, denn dieſe ſoll den
Boden locker machen und dadurch das Eindringen der atmoſphäriſchen
Luft ermöglichen, welche durch ihren Gehalt an Kohlenſäure die
Thätigkeit des Bodens und ſomit die ſo wichtige Humusbildung ver-
anlaßt, bez. erhöht. Aber ſelbſt die beſte mechaniſche Bearbeitung des
Bodens erſetzt die Zufuhr der chemiſchen Stoffe nicht, ſondern verlangt
dieſelben im Gegenteil in höherem Maße, denn ſie erzeugt höhere
Ernteerträge und entzieht ſomit dem Boden auch die hierzu nötigen
größeren Mengen ſeiner Nährſtoffe, welche eben wiederum durch Zufuhr
erſetzt werden müſſen.
a) Entſtehung des Bodens.
Wichtig iſt es nun, den Boden erſt einmal an und für ſich zu
betrachten, ſowohl die Art, wie er entſteht, als auch ſeine Zuſammen-
ſetzung, welche letztere ſelbſtverſtändlich von der Geſteinsart abhängen
wird, aus welcher der Boden entſtanden iſt. Der geſamte, mehr oder
weniger fruchtbare Ackerboden iſt aus nackten, unfruchtbaren Felſen ent-
ſtanden und zwar haben hierbei ſowohl phyſikaliſche, als auch chemiſche
Kräfte mitgewirkt, deren gemeinſame Arbeit wir „Verwitterung“ nennen.
Es iſt eine rein mechaniſche Kraft, welche den erſten Angriff mit Hilfe
des Waſſers auf den Felſen ausübt, indem letzteres irgend einen kleinen
Riß desſelben ausfüllt, beim Sinken der Temperatur zu Eis gefriert, da-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/437>, abgerufen am 22.12.2024.
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