Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Gewinnung und Zurichtung der Gespinstfasern als Rohmaterial.
heute für Möbel- und Tapetenstoffe etc. gern benutzter Faden her, ein gelber
Kern mit auf einer Seite stark vergoldetem Papier umwickelt. Ja,
selbst glattes Goldpapier ohne jegliche Seele schießt man dort wohl in
Gewebe ein. In der neuesten Zeit sucht man die schweren Metall-
fäden durch den spezifisch bedeutend leichteren Aluminiumdraht zu er-
setzen; denn Goldpapierfäden sind wohl als Schußmaterial zu ge-
brauchen, dagegen nicht zu Tressen, Troddeln, Franzen und ähnlichem.
Reine Eisen- und Kupferdrähte verwendet man zur Anfertigung von
Drahtgeweben für die verschiedenartigsten Zwecke. Weiter werden Glas-
fäden von großer Feinheit in Phantasiestoffen verarbeitet. Von höchster
Wichtigkeit ist wegen seiner Unverbrennlichkeit der Asbest geworden,
welchen man mit vegetabilischen Fasern, z. B. Flachs, zusammenspinnt,
worauf man diese durch Ausglühen beseitigt. Verwendung finden
daraus hergestellte Gewebe zu Theaterdekorationen, Feuerwehrkleidungen,
Bergewerkszwecken u. s. w.

Gewinnung und Zurichtung der Gespinstfasern als Rohmaterial.

Die aufgezählten der Textilindustrie zu ihren Fabrikaten dienen-
den Materialien werden je nach ihrer Natur verschiedenartig ge-
wonnen, und bestehen die zu ihrer Zurichtung als Rohmaterial er-
forderlichen Arbeiten vorzugsweise darin, die Gespinstfaser von ihrem
Träger abzulösen, zu isolieren und sie möglichst von beigemengten Un-
reinigkeiten zu befreien, sie auch für den weiteren Transport geeignet
zu machen. Denn diese Arbeiten gelangen fast durchweg da zur Aus-
führung, wo das Material geerntet wurde, während die nachfolgenden
Vorarbeiten für das eigentliche Spinnen und letzteres selbst häufig in
Fabriken ganz anderer Länder und Gegenden vorgenommen wird.
Verlassen wir die historische Reihenfolge und wählen von jetzt ab die
allgemein übliche, so haben wir zunächst die pflanzlichen, dann die
tierischen und endlich die mineralischen Gespinstfasern zu betrachten.

Die Baumwollfasern werden nach dem Aufspringen der Frucht-
kapseln gesammelt, abgerissene Kapseln an der Luft getrocknet und her-
nach die Fasern samt den Samenkörnern herausgerissen. Unreife
Partieen werden ausgeschieden und endlich die gewonnenen Baum-
wollmassen von den Körnern befreit, egreniert. Letzteres geschah in
den ältesten und auch noch vielfach in späteren Zeiten mit
der Hand, später wurde jedoch die Handarbeit mehr und mehr durch
die Egreniermaschinen verdrängt, welche ungleich schneller zu ar-
beiten vermögen. Die einfachste und älteste derselben, in Indien
und in China seit ewigen Zeiten in Gebrauch, besteht aus einem
hölzernen, horizontalen Walzenpaar, zwischen dessen Fuge die Samen-
haare bei Drehung der Walzen eingezogen werden, während die
Samenkörner vor der Fuge, deren Winkel hierfür richtig gewählt ist,
abreißen. Im Laufe der Zeit sind diese Walzenegreniermaschinen

22*

Gewinnung und Zurichtung der Geſpinſtfaſern als Rohmaterial.
heute für Möbel- und Tapetenſtoffe ꝛc. gern benutzter Faden her, ein gelber
Kern mit auf einer Seite ſtark vergoldetem Papier umwickelt. Ja,
ſelbſt glattes Goldpapier ohne jegliche Seele ſchießt man dort wohl in
Gewebe ein. In der neueſten Zeit ſucht man die ſchweren Metall-
fäden durch den ſpezifiſch bedeutend leichteren Aluminiumdraht zu er-
ſetzen; denn Goldpapierfäden ſind wohl als Schußmaterial zu ge-
brauchen, dagegen nicht zu Treſſen, Troddeln, Franzen und ähnlichem.
Reine Eiſen- und Kupferdrähte verwendet man zur Anfertigung von
Drahtgeweben für die verſchiedenartigſten Zwecke. Weiter werden Glas-
fäden von großer Feinheit in Phantaſieſtoffen verarbeitet. Von höchſter
Wichtigkeit iſt wegen ſeiner Unverbrennlichkeit der Asbeſt geworden,
welchen man mit vegetabiliſchen Faſern, z. B. Flachs, zuſammenſpinnt,
worauf man dieſe durch Ausglühen beſeitigt. Verwendung finden
daraus hergeſtellte Gewebe zu Theaterdekorationen, Feuerwehrkleidungen,
Bergewerkszwecken u. ſ. w.

Gewinnung und Zurichtung der Geſpinſtfaſern als Rohmaterial.

Die aufgezählten der Textilinduſtrie zu ihren Fabrikaten dienen-
den Materialien werden je nach ihrer Natur verſchiedenartig ge-
wonnen, und beſtehen die zu ihrer Zurichtung als Rohmaterial er-
forderlichen Arbeiten vorzugsweiſe darin, die Geſpinſtfaſer von ihrem
Träger abzulöſen, zu iſolieren und ſie möglichſt von beigemengten Un-
reinigkeiten zu befreien, ſie auch für den weiteren Transport geeignet
zu machen. Denn dieſe Arbeiten gelangen faſt durchweg da zur Aus-
führung, wo das Material geerntet wurde, während die nachfolgenden
Vorarbeiten für das eigentliche Spinnen und letzteres ſelbſt häufig in
Fabriken ganz anderer Länder und Gegenden vorgenommen wird.
Verlaſſen wir die hiſtoriſche Reihenfolge und wählen von jetzt ab die
allgemein übliche, ſo haben wir zunächſt die pflanzlichen, dann die
tieriſchen und endlich die mineraliſchen Geſpinſtfaſern zu betrachten.

Die Baumwollfaſern werden nach dem Aufſpringen der Frucht-
kapſeln geſammelt, abgeriſſene Kapſeln an der Luft getrocknet und her-
nach die Faſern ſamt den Samenkörnern herausgeriſſen. Unreife
Partieen werden ausgeſchieden und endlich die gewonnenen Baum-
wollmaſſen von den Körnern befreit, egreniert. Letzteres geſchah in
den älteſten und auch noch vielfach in ſpäteren Zeiten mit
der Hand, ſpäter wurde jedoch die Handarbeit mehr und mehr durch
die Egreniermaſchinen verdrängt, welche ungleich ſchneller zu ar-
beiten vermögen. Die einfachſte und älteſte derſelben, in Indien
und in China ſeit ewigen Zeiten in Gebrauch, beſteht aus einem
hölzernen, horizontalen Walzenpaar, zwiſchen deſſen Fuge die Samen-
haare bei Drehung der Walzen eingezogen werden, während die
Samenkörner vor der Fuge, deren Winkel hierfür richtig gewählt iſt,
abreißen. Im Laufe der Zeit ſind dieſe Walzenegreniermaſchinen

22*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0357" n="339"/><fw place="top" type="header">Gewinnung und Zurichtung der Ge&#x017F;pin&#x017F;tfa&#x017F;ern als Rohmaterial.</fw><lb/>
heute für Möbel- und Tapeten&#x017F;toffe &#xA75B;c. gern benutzter Faden her, ein gelber<lb/>
Kern mit auf einer Seite &#x017F;tark vergoldetem Papier umwickelt. Ja,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t glattes Goldpapier ohne jegliche Seele &#x017F;chießt man dort wohl in<lb/>
Gewebe ein. In der neue&#x017F;ten Zeit &#x017F;ucht man die &#x017F;chweren Metall-<lb/>
fäden durch den &#x017F;pezifi&#x017F;ch bedeutend leichteren Aluminiumdraht zu er-<lb/>
&#x017F;etzen; denn Goldpapierfäden &#x017F;ind wohl als Schußmaterial zu ge-<lb/>
brauchen, dagegen nicht zu Tre&#x017F;&#x017F;en, Troddeln, Franzen und ähnlichem.<lb/>
Reine Ei&#x017F;en- und Kupferdrähte verwendet man zur Anfertigung von<lb/>
Drahtgeweben für die ver&#x017F;chiedenartig&#x017F;ten Zwecke. Weiter werden Glas-<lb/>
fäden von großer Feinheit in Phanta&#x017F;ie&#x017F;toffen verarbeitet. Von höch&#x017F;ter<lb/>
Wichtigkeit i&#x017F;t wegen &#x017F;einer Unverbrennlichkeit der Asbe&#x017F;t geworden,<lb/>
welchen man mit vegetabili&#x017F;chen Fa&#x017F;ern, z. B. Flachs, zu&#x017F;ammen&#x017F;pinnt,<lb/>
worauf man die&#x017F;e durch Ausglühen be&#x017F;eitigt. Verwendung finden<lb/>
daraus herge&#x017F;tellte Gewebe zu Theaterdekorationen, Feuerwehrkleidungen,<lb/>
Bergewerkszwecken u. &#x017F;. w.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gewinnung und Zurichtung der Ge&#x017F;pin&#x017F;tfa&#x017F;ern als Rohmaterial.</hi> </head><lb/>
            <p>Die aufgezählten der Textilindu&#x017F;trie zu ihren Fabrikaten dienen-<lb/>
den Materialien werden je nach ihrer Natur ver&#x017F;chiedenartig ge-<lb/>
wonnen, und be&#x017F;tehen die zu ihrer Zurichtung als Rohmaterial er-<lb/>
forderlichen Arbeiten vorzugswei&#x017F;e darin, die Ge&#x017F;pin&#x017F;tfa&#x017F;er von ihrem<lb/>
Träger abzulö&#x017F;en, zu i&#x017F;olieren und &#x017F;ie möglich&#x017F;t von beigemengten Un-<lb/>
reinigkeiten zu befreien, &#x017F;ie auch für den weiteren Transport geeignet<lb/>
zu machen. Denn die&#x017F;e Arbeiten gelangen fa&#x017F;t durchweg da zur Aus-<lb/>
führung, wo das Material geerntet wurde, während die nachfolgenden<lb/>
Vorarbeiten für das eigentliche Spinnen und letzteres &#x017F;elb&#x017F;t häufig in<lb/>
Fabriken ganz anderer Länder und Gegenden vorgenommen wird.<lb/>
Verla&#x017F;&#x017F;en wir die hi&#x017F;tori&#x017F;che Reihenfolge und wählen von jetzt ab die<lb/>
allgemein übliche, &#x017F;o haben wir zunäch&#x017F;t die pflanzlichen, dann die<lb/>
tieri&#x017F;chen und endlich die minerali&#x017F;chen Ge&#x017F;pin&#x017F;tfa&#x017F;ern zu betrachten.</p><lb/>
            <p>Die Baumwollfa&#x017F;ern werden nach dem Auf&#x017F;pringen der Frucht-<lb/>
kap&#x017F;eln ge&#x017F;ammelt, abgeri&#x017F;&#x017F;ene Kap&#x017F;eln an der Luft getrocknet und her-<lb/>
nach die Fa&#x017F;ern &#x017F;amt den Samenkörnern herausgeri&#x017F;&#x017F;en. Unreife<lb/>
Partieen werden ausge&#x017F;chieden und endlich die gewonnenen Baum-<lb/>
wollma&#x017F;&#x017F;en von den Körnern befreit, egreniert. Letzteres ge&#x017F;chah in<lb/>
den älte&#x017F;ten und auch noch vielfach in &#x017F;päteren Zeiten mit<lb/>
der Hand, &#x017F;päter wurde jedoch die Handarbeit mehr und mehr durch<lb/>
die Egrenierma&#x017F;chinen verdrängt, welche ungleich &#x017F;chneller zu ar-<lb/>
beiten vermögen. Die einfach&#x017F;te und älte&#x017F;te der&#x017F;elben, in Indien<lb/>
und in China &#x017F;eit ewigen Zeiten in Gebrauch, be&#x017F;teht aus einem<lb/>
hölzernen, horizontalen Walzenpaar, zwi&#x017F;chen de&#x017F;&#x017F;en Fuge die Samen-<lb/>
haare bei Drehung der Walzen eingezogen werden, während die<lb/>
Samenkörner vor der Fuge, deren Winkel hierfür richtig gewählt i&#x017F;t,<lb/>
abreißen. Im Laufe der Zeit &#x017F;ind die&#x017F;e Walzenegrenierma&#x017F;chinen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">22*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0357] Gewinnung und Zurichtung der Geſpinſtfaſern als Rohmaterial. heute für Möbel- und Tapetenſtoffe ꝛc. gern benutzter Faden her, ein gelber Kern mit auf einer Seite ſtark vergoldetem Papier umwickelt. Ja, ſelbſt glattes Goldpapier ohne jegliche Seele ſchießt man dort wohl in Gewebe ein. In der neueſten Zeit ſucht man die ſchweren Metall- fäden durch den ſpezifiſch bedeutend leichteren Aluminiumdraht zu er- ſetzen; denn Goldpapierfäden ſind wohl als Schußmaterial zu ge- brauchen, dagegen nicht zu Treſſen, Troddeln, Franzen und ähnlichem. Reine Eiſen- und Kupferdrähte verwendet man zur Anfertigung von Drahtgeweben für die verſchiedenartigſten Zwecke. Weiter werden Glas- fäden von großer Feinheit in Phantaſieſtoffen verarbeitet. Von höchſter Wichtigkeit iſt wegen ſeiner Unverbrennlichkeit der Asbeſt geworden, welchen man mit vegetabiliſchen Faſern, z. B. Flachs, zuſammenſpinnt, worauf man dieſe durch Ausglühen beſeitigt. Verwendung finden daraus hergeſtellte Gewebe zu Theaterdekorationen, Feuerwehrkleidungen, Bergewerkszwecken u. ſ. w. Gewinnung und Zurichtung der Geſpinſtfaſern als Rohmaterial. Die aufgezählten der Textilinduſtrie zu ihren Fabrikaten dienen- den Materialien werden je nach ihrer Natur verſchiedenartig ge- wonnen, und beſtehen die zu ihrer Zurichtung als Rohmaterial er- forderlichen Arbeiten vorzugsweiſe darin, die Geſpinſtfaſer von ihrem Träger abzulöſen, zu iſolieren und ſie möglichſt von beigemengten Un- reinigkeiten zu befreien, ſie auch für den weiteren Transport geeignet zu machen. Denn dieſe Arbeiten gelangen faſt durchweg da zur Aus- führung, wo das Material geerntet wurde, während die nachfolgenden Vorarbeiten für das eigentliche Spinnen und letzteres ſelbſt häufig in Fabriken ganz anderer Länder und Gegenden vorgenommen wird. Verlaſſen wir die hiſtoriſche Reihenfolge und wählen von jetzt ab die allgemein übliche, ſo haben wir zunächſt die pflanzlichen, dann die tieriſchen und endlich die mineraliſchen Geſpinſtfaſern zu betrachten. Die Baumwollfaſern werden nach dem Aufſpringen der Frucht- kapſeln geſammelt, abgeriſſene Kapſeln an der Luft getrocknet und her- nach die Faſern ſamt den Samenkörnern herausgeriſſen. Unreife Partieen werden ausgeſchieden und endlich die gewonnenen Baum- wollmaſſen von den Körnern befreit, egreniert. Letzteres geſchah in den älteſten und auch noch vielfach in ſpäteren Zeiten mit der Hand, ſpäter wurde jedoch die Handarbeit mehr und mehr durch die Egreniermaſchinen verdrängt, welche ungleich ſchneller zu ar- beiten vermögen. Die einfachſte und älteſte derſelben, in Indien und in China ſeit ewigen Zeiten in Gebrauch, beſteht aus einem hölzernen, horizontalen Walzenpaar, zwiſchen deſſen Fuge die Samen- haare bei Drehung der Walzen eingezogen werden, während die Samenkörner vor der Fuge, deren Winkel hierfür richtig gewählt iſt, abreißen. Im Laufe der Zeit ſind dieſe Walzenegreniermaſchinen 22*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/357
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/357>, abgerufen am 22.12.2024.