von Chlorcalcium vollgesaugt. Dabei bildet sich der unlösliche kiesel- saure Kalk, während das noch entstehende Kochsalz ausgewaschen werden kann. Die Zahl der verschiedenen mit Hülfe von Wasserglas her- gestellten Bausteine ist übrigens eine sehr große. Man kann z. B. beim obigen Verfahren das Chlorcalcium durch Portlandzement und feinen, reinen Sand ersetzen, und gewinnt dadurch einen immer härter werdenden Stein infolge einer Reihe hier nicht näher zu entwickelnder chemischer Vorgänge, die in seinem Innern geschehen. Die Victoria Stone Com- pany in London stellt ihre Steine aus Granitabfällen her, die mit Zement gemischt und geformt, nach vier Tagen aber zwölf Stunden lang in Wasserglas gelegt werden. Sie finden eine mannigfache Verwendung zu Treppenstufen, Fliesen, Kaminsimsen u. dgl. Sogar harzige Bindemittel sind für die Herstellung von Kunststeinen angewendet worden. So versteht man unter Metall-Lava eine aus Steintrümmern, Sand, Kalkstein, Teer und Wachs verbundene Masse, die sich leicht in Platten gießen und polieren läßt. Ganz neuerdings hat, um dies noch zu erwähnen, die Glasfabrik Carlswerk in Bunzlau, einen neuen Baustoff, Vitrit genannt, eingeführt, der durch die Mannigfaltigkeit seiner Dienste Beachtung verdient. Er soll nämlich zur Verblendung der Wände nicht weniger geeignet sein, wie zur Herstellung von Tisch- platten. Er besitzt eine glasige Oberfläche, die aber nicht so spröde ist, wie Glas, und doch wie dieses der Feuchtigkeit und den Einflüssen der Atmosphäre Widerstand leistet. Er läßt sich leicht färben und durch Ätzen verzieren.
2. Beleuchtung und Heizung.
Der Weg, den die Entwicklung aller gewaltigen und nutzenbrin- genden Zweige der Technik nimmt, ist in der Regel derselbe. Es sind zuerst einfache, längst bekannte Thatsachen, auf welche der Mensch eben so einfache, oft Jahrhunderte hindurch unverändert beibehaltene Anwen- dungen baut. Dann folgt gewöhnlich, angeregt durch rein zufällige Beobachtungen, die Erforschung der Ursachen jener anscheinend einfachen und oft doch recht komplizierten Thatsachen. Häufig vergeht ein langer Zeitraum, und es kostet viele Mühe, bis die Untersuchung zu einem gedeihlichen oder wenigstens vorerst befriedigenden Abschlusse geführt ist. Aber die Arbeit lohnt die Anstrengung; denn während man bisher aufs Geratewohl, d. h. ohne Berechnung des Erfolges, vorging, ist es nun- mehr möglich, aus selbstgeschaffenen, absichtlich hergestellten, aus der
Die Baumaterialien.
von Chlorcalcium vollgeſaugt. Dabei bildet ſich der unlösliche kieſel- ſaure Kalk, während das noch entſtehende Kochſalz ausgewaſchen werden kann. Die Zahl der verſchiedenen mit Hülfe von Waſſerglas her- geſtellten Bauſteine iſt übrigens eine ſehr große. Man kann z. B. beim obigen Verfahren das Chlorcalcium durch Portlandzement und feinen, reinen Sand erſetzen, und gewinnt dadurch einen immer härter werdenden Stein infolge einer Reihe hier nicht näher zu entwickelnder chemiſcher Vorgänge, die in ſeinem Innern geſchehen. Die Victoria Stone Com- pany in London ſtellt ihre Steine aus Granitabfällen her, die mit Zement gemiſcht und geformt, nach vier Tagen aber zwölf Stunden lang in Waſſerglas gelegt werden. Sie finden eine mannigfache Verwendung zu Treppenſtufen, Flieſen, Kaminſimſen u. dgl. Sogar harzige Bindemittel ſind für die Herſtellung von Kunſtſteinen angewendet worden. So verſteht man unter Metall-Lava eine aus Steintrümmern, Sand, Kalkſtein, Teer und Wachs verbundene Maſſe, die ſich leicht in Platten gießen und polieren läßt. Ganz neuerdings hat, um dies noch zu erwähnen, die Glasfabrik Carlswerk in Bunzlau, einen neuen Bauſtoff, Vitrit genannt, eingeführt, der durch die Mannigfaltigkeit ſeiner Dienſte Beachtung verdient. Er ſoll nämlich zur Verblendung der Wände nicht weniger geeignet ſein, wie zur Herſtellung von Tiſch- platten. Er beſitzt eine glaſige Oberfläche, die aber nicht ſo ſpröde iſt, wie Glas, und doch wie dieſes der Feuchtigkeit und den Einflüſſen der Atmoſphäre Widerſtand leiſtet. Er läßt ſich leicht färben und durch Ätzen verzieren.
2. Beleuchtung und Heizung.
Der Weg, den die Entwicklung aller gewaltigen und nutzenbrin- genden Zweige der Technik nimmt, iſt in der Regel derſelbe. Es ſind zuerſt einfache, längſt bekannte Thatſachen, auf welche der Menſch eben ſo einfache, oft Jahrhunderte hindurch unverändert beibehaltene Anwen- dungen baut. Dann folgt gewöhnlich, angeregt durch rein zufällige Beobachtungen, die Erforſchung der Urſachen jener anſcheinend einfachen und oft doch recht komplizierten Thatſachen. Häufig vergeht ein langer Zeitraum, und es koſtet viele Mühe, bis die Unterſuchung zu einem gedeihlichen oder wenigſtens vorerſt befriedigenden Abſchluſſe geführt iſt. Aber die Arbeit lohnt die Anſtrengung; denn während man bisher aufs Geratewohl, d. h. ohne Berechnung des Erfolges, vorging, iſt es nun- mehr möglich, aus ſelbſtgeſchaffenen, abſichtlich hergeſtellten, aus der
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Die Baumaterialien.
von Chlorcalcium vollgeſaugt. Dabei bildet ſich der unlösliche kieſel-
ſaure Kalk, während das noch entſtehende Kochſalz ausgewaſchen werden
kann. Die Zahl der verſchiedenen mit Hülfe von Waſſerglas her-
geſtellten Bauſteine iſt übrigens eine ſehr große. Man kann z. B. beim
obigen Verfahren das Chlorcalcium durch Portlandzement und feinen,
reinen Sand erſetzen, und gewinnt dadurch einen immer härter werdenden
Stein infolge einer Reihe hier nicht näher zu entwickelnder chemiſcher
Vorgänge, die in ſeinem Innern geſchehen. Die Victoria Stone Com-
pany in London ſtellt ihre Steine aus Granitabfällen her, die mit
Zement gemiſcht und geformt, nach vier Tagen aber zwölf Stunden
lang in Waſſerglas gelegt werden. Sie finden eine mannigfache
Verwendung zu Treppenſtufen, Flieſen, Kaminſimſen u. dgl. Sogar
harzige Bindemittel ſind für die Herſtellung von Kunſtſteinen angewendet
worden. So verſteht man unter Metall-Lava eine aus Steintrümmern,
Sand, Kalkſtein, Teer und Wachs verbundene Maſſe, die ſich leicht
in Platten gießen und polieren läßt. Ganz neuerdings hat, um dies
noch zu erwähnen, die Glasfabrik Carlswerk in Bunzlau, einen neuen
Bauſtoff, Vitrit genannt, eingeführt, der durch die Mannigfaltigkeit
ſeiner Dienſte Beachtung verdient. Er ſoll nämlich zur Verblendung
der Wände nicht weniger geeignet ſein, wie zur Herſtellung von Tiſch-
platten. Er beſitzt eine glaſige Oberfläche, die aber nicht ſo ſpröde iſt,
wie Glas, und doch wie dieſes der Feuchtigkeit und den Einflüſſen der
Atmoſphäre Widerſtand leiſtet. Er läßt ſich leicht färben und durch
Ätzen verzieren.
2. Beleuchtung und Heizung.
Der Weg, den die Entwicklung aller gewaltigen und nutzenbrin-
genden Zweige der Technik nimmt, iſt in der Regel derſelbe. Es ſind
zuerſt einfache, längſt bekannte Thatſachen, auf welche der Menſch eben
ſo einfache, oft Jahrhunderte hindurch unverändert beibehaltene Anwen-
dungen baut. Dann folgt gewöhnlich, angeregt durch rein zufällige
Beobachtungen, die Erforſchung der Urſachen jener anſcheinend einfachen
und oft doch recht komplizierten Thatſachen. Häufig vergeht ein langer
Zeitraum, und es koſtet viele Mühe, bis die Unterſuchung zu einem
gedeihlichen oder wenigſtens vorerſt befriedigenden Abſchluſſe geführt iſt.
Aber die Arbeit lohnt die Anſtrengung; denn während man bisher aufs
Geratewohl, d. h. ohne Berechnung des Erfolges, vorging, iſt es nun-
mehr möglich, aus ſelbſtgeſchaffenen, abſichtlich hergeſtellten, aus der
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/294>, abgerufen am 21.11.2024.
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