Es giebt kaum noch eine so wohlthätige Einrichtung, wie die Telegraphie. Sie ist nicht nur die schnelle Ubermittlerin weltbewegender Nachrichten in weite Ferne, sie waltet auch im Hause als die uns vor Überfall schützende Wächterin, sie bezähmt und bewacht des Feuers Macht, sie beugt den Unfällen der Eisenbahnen vor und schützt das Menschenleben im Fabrikbetriebe. Im Hause hat sie zunächst zu einer Entwickelung des Signalwesens geführt, für welche sich die Elektrizität und die Kraft des Luftdruckes als gleich tüchtige Dienerinnen erwiesen haben. Zu Diebessicherungen zeigte sich die erstere einzig geeignet. Wenn eine unbefugte Öffnung der Thür oder des Fensters geschieht, so wird dies sofort durch ein Läutewerk gemeldet. Am Tage kann man den Strom irgendwo unterbrechen, so daß die Ausgänge des Hauses sich ohne Störung öffnen lassen. Erst abends werden die Verbindungen hier geschlossen, an den Fenstern und Thüren dagegen geöffnet; jeder Einbruch in dieselben schließt aber den Strom und das Glockensignal ertönt, während an einem Tableauanzeiger die Stelle des Einbruchs sich anzeigt. Für das Feuerlöschwesen haben sich die Telegraphen ein großes Verdienst erworben. 1851 wurden zuerst von Siemens & Halske Feuermelder in Berlin eingeführt. Auf den Berliner Straßen stehen selbstthätige Zeichengeber, die im Falle einer Feuersnot leicht in Thätigkeit zu setzen sind. Man braucht nur ihre Glasthür zu zer- brechen und eine Taste niederzudrücken, so meldet der Telegraph sofort der Zentralstelle den Ort des Melders, in dessen Gebiete die Feuers- not ausgebrochen ist. Die Organisation ist eine derartige, daß von der Zeit der Meldung bis zum Erscheinen der Feuerwehr nur wenige Minuten vergehen.
Die Anwendung der Telegraphie zur Sicherung des Eisenbahn- betriebes ist außerordentlich ausgedehnt, ohne sie wäre derselbe auf Strecken mit regem Verkehr gar nicht möglich. Die zur Sicherung des Zugverkehrs auf Bahnhöfen und Bahnstrecken in Anwendung kommenden Apparate sind so eingerichtet, daß sie auf mechanischem oder elektrischem Wege von der Stellung der Signale, Weichen, Barrieren, Drehbrücken, Drehscheiben u. s. w. sowie auch vom Zuge selbst abhängig gemacht werden, und daß ihre Bedienung zur Regelung des Zugverkehrs zwangsweise erfolgen muß. So sind z. B. zwischen weit entfernten Stationen, zwischen denen die Züge in rascherer Reihenfolge hinter einander herfahren sollen, sogenannte Blockstationen eingerichtet und mit Signalen ausgerüstet, die dem Blockwärter von der benachbarten Station aus die Kenntnis von dem dort Ge- schehenden geben. Ein elektrischer Blockapparat, wie ihn so eine Block- station besitzt, besteht aus einem eisernen Kasten, der an seiner Vorderseite zwei Fensterchen hat, von denen jedes für eine Fahrtrichtung bestimmt
Die Wohlthaten der Telegraphie.
Die Wohlthaten der Telegraphie.
Es giebt kaum noch eine ſo wohlthätige Einrichtung, wie die Telegraphie. Sie iſt nicht nur die ſchnelle Ubermittlerin weltbewegender Nachrichten in weite Ferne, ſie waltet auch im Hauſe als die uns vor Überfall ſchützende Wächterin, ſie bezähmt und bewacht des Feuers Macht, ſie beugt den Unfällen der Eiſenbahnen vor und ſchützt das Menſchenleben im Fabrikbetriebe. Im Hauſe hat ſie zunächſt zu einer Entwickelung des Signalweſens geführt, für welche ſich die Elektrizität und die Kraft des Luftdruckes als gleich tüchtige Dienerinnen erwieſen haben. Zu Diebesſicherungen zeigte ſich die erſtere einzig geeignet. Wenn eine unbefugte Öffnung der Thür oder des Fenſters geſchieht, ſo wird dies ſofort durch ein Läutewerk gemeldet. Am Tage kann man den Strom irgendwo unterbrechen, ſo daß die Ausgänge des Hauſes ſich ohne Störung öffnen laſſen. Erſt abends werden die Verbindungen hier geſchloſſen, an den Fenſtern und Thüren dagegen geöffnet; jeder Einbruch in dieſelben ſchließt aber den Strom und das Glockenſignal ertönt, während an einem Tableauanzeiger die Stelle des Einbruchs ſich anzeigt. Für das Feuerlöſchweſen haben ſich die Telegraphen ein großes Verdienſt erworben. 1851 wurden zuerſt von Siemens & Halske Feuermelder in Berlin eingeführt. Auf den Berliner Straßen ſtehen ſelbſtthätige Zeichengeber, die im Falle einer Feuersnot leicht in Thätigkeit zu ſetzen ſind. Man braucht nur ihre Glasthür zu zer- brechen und eine Taſte niederzudrücken, ſo meldet der Telegraph ſofort der Zentralſtelle den Ort des Melders, in deſſen Gebiete die Feuers- not ausgebrochen iſt. Die Organiſation iſt eine derartige, daß von der Zeit der Meldung bis zum Erſcheinen der Feuerwehr nur wenige Minuten vergehen.
Die Anwendung der Telegraphie zur Sicherung des Eiſenbahn- betriebes iſt außerordentlich ausgedehnt, ohne ſie wäre derſelbe auf Strecken mit regem Verkehr gar nicht möglich. Die zur Sicherung des Zugverkehrs auf Bahnhöfen und Bahnſtrecken in Anwendung kommenden Apparate ſind ſo eingerichtet, daß ſie auf mechaniſchem oder elektriſchem Wege von der Stellung der Signale, Weichen, Barrièren, Drehbrücken, Drehſcheiben u. ſ. w. ſowie auch vom Zuge ſelbſt abhängig gemacht werden, und daß ihre Bedienung zur Regelung des Zugverkehrs zwangsweiſe erfolgen muß. So ſind z. B. zwiſchen weit entfernten Stationen, zwiſchen denen die Züge in raſcherer Reihenfolge hinter einander herfahren ſollen, ſogenannte Blockſtationen eingerichtet und mit Signalen ausgerüſtet, die dem Blockwärter von der benachbarten Station aus die Kenntnis von dem dort Ge- ſchehenden geben. Ein elektriſcher Blockapparat, wie ihn ſo eine Block- ſtation beſitzt, beſteht aus einem eiſernen Kaſten, der an ſeiner Vorderſeite zwei Fenſterchen hat, von denen jedes für eine Fahrtrichtung beſtimmt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0273"n="255"/><fwplace="top"type="header">Die Wohlthaten der Telegraphie.</fw><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Die Wohlthaten der Telegraphie.</hi></head><lb/><p>Es giebt kaum noch eine ſo wohlthätige Einrichtung, wie die<lb/>
Telegraphie. Sie iſt nicht nur die ſchnelle Ubermittlerin weltbewegender<lb/>
Nachrichten in weite Ferne, ſie waltet auch im Hauſe als die uns vor<lb/>
Überfall ſchützende Wächterin, ſie bezähmt und bewacht des Feuers<lb/>
Macht, ſie beugt den Unfällen der Eiſenbahnen vor und ſchützt das<lb/>
Menſchenleben im Fabrikbetriebe. Im Hauſe hat ſie zunächſt zu einer<lb/>
Entwickelung des Signalweſens geführt, für welche ſich die Elektrizität<lb/>
und die Kraft des Luftdruckes als gleich tüchtige Dienerinnen erwieſen<lb/>
haben. Zu Diebesſicherungen zeigte ſich die erſtere einzig geeignet.<lb/>
Wenn eine unbefugte Öffnung der Thür oder des Fenſters geſchieht,<lb/>ſo wird dies ſofort durch ein Läutewerk gemeldet. Am Tage kann man<lb/>
den Strom irgendwo unterbrechen, ſo daß die Ausgänge des Hauſes<lb/>ſich ohne Störung öffnen laſſen. Erſt abends werden die Verbindungen<lb/>
hier geſchloſſen, an den Fenſtern und Thüren dagegen geöffnet; jeder<lb/>
Einbruch in dieſelben ſchließt aber den Strom und das Glockenſignal<lb/>
ertönt, während an einem Tableauanzeiger die Stelle des Einbruchs<lb/>ſich anzeigt. Für das Feuerlöſchweſen haben ſich die Telegraphen ein<lb/>
großes Verdienſt erworben. 1851 wurden zuerſt von Siemens & Halske<lb/>
Feuermelder in Berlin eingeführt. Auf den Berliner Straßen ſtehen<lb/>ſelbſtthätige Zeichengeber, die im Falle einer Feuersnot leicht in<lb/>
Thätigkeit zu ſetzen ſind. Man braucht nur ihre Glasthür zu zer-<lb/>
brechen und eine Taſte niederzudrücken, ſo meldet der Telegraph ſofort<lb/>
der Zentralſtelle den Ort des Melders, in deſſen Gebiete die Feuers-<lb/>
not ausgebrochen iſt. Die Organiſation iſt eine derartige, daß von<lb/>
der Zeit der Meldung bis zum Erſcheinen der Feuerwehr nur wenige<lb/>
Minuten vergehen.</p><lb/><p>Die Anwendung der Telegraphie zur Sicherung des Eiſenbahn-<lb/>
betriebes iſt außerordentlich ausgedehnt, ohne ſie wäre derſelbe<lb/>
auf Strecken mit regem Verkehr gar nicht möglich. Die zur<lb/>
Sicherung des Zugverkehrs auf Bahnhöfen und Bahnſtrecken in<lb/>
Anwendung kommenden Apparate ſind ſo eingerichtet, daß ſie auf<lb/>
mechaniſchem oder elektriſchem Wege von der Stellung der Signale,<lb/>
Weichen, Barri<hirendition="#aq">è</hi>ren, Drehbrücken, Drehſcheiben u. ſ. w. ſowie auch vom<lb/>
Zuge ſelbſt abhängig gemacht werden, und daß ihre Bedienung zur<lb/>
Regelung des Zugverkehrs zwangsweiſe erfolgen muß. So ſind z. B.<lb/>
zwiſchen weit entfernten Stationen, zwiſchen denen die Züge in raſcherer<lb/>
Reihenfolge hinter einander herfahren ſollen, ſogenannte Blockſtationen<lb/>
eingerichtet und mit Signalen ausgerüſtet, die dem Blockwärter von<lb/>
der benachbarten Station aus die Kenntnis von dem dort Ge-<lb/>ſchehenden geben. Ein elektriſcher Blockapparat, wie ihn ſo eine Block-<lb/>ſtation beſitzt, beſteht aus einem eiſernen Kaſten, der an ſeiner Vorderſeite<lb/>
zwei Fenſterchen hat, von denen jedes für eine Fahrtrichtung beſtimmt<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[255/0273]
Die Wohlthaten der Telegraphie.
Die Wohlthaten der Telegraphie.
Es giebt kaum noch eine ſo wohlthätige Einrichtung, wie die
Telegraphie. Sie iſt nicht nur die ſchnelle Ubermittlerin weltbewegender
Nachrichten in weite Ferne, ſie waltet auch im Hauſe als die uns vor
Überfall ſchützende Wächterin, ſie bezähmt und bewacht des Feuers
Macht, ſie beugt den Unfällen der Eiſenbahnen vor und ſchützt das
Menſchenleben im Fabrikbetriebe. Im Hauſe hat ſie zunächſt zu einer
Entwickelung des Signalweſens geführt, für welche ſich die Elektrizität
und die Kraft des Luftdruckes als gleich tüchtige Dienerinnen erwieſen
haben. Zu Diebesſicherungen zeigte ſich die erſtere einzig geeignet.
Wenn eine unbefugte Öffnung der Thür oder des Fenſters geſchieht,
ſo wird dies ſofort durch ein Läutewerk gemeldet. Am Tage kann man
den Strom irgendwo unterbrechen, ſo daß die Ausgänge des Hauſes
ſich ohne Störung öffnen laſſen. Erſt abends werden die Verbindungen
hier geſchloſſen, an den Fenſtern und Thüren dagegen geöffnet; jeder
Einbruch in dieſelben ſchließt aber den Strom und das Glockenſignal
ertönt, während an einem Tableauanzeiger die Stelle des Einbruchs
ſich anzeigt. Für das Feuerlöſchweſen haben ſich die Telegraphen ein
großes Verdienſt erworben. 1851 wurden zuerſt von Siemens & Halske
Feuermelder in Berlin eingeführt. Auf den Berliner Straßen ſtehen
ſelbſtthätige Zeichengeber, die im Falle einer Feuersnot leicht in
Thätigkeit zu ſetzen ſind. Man braucht nur ihre Glasthür zu zer-
brechen und eine Taſte niederzudrücken, ſo meldet der Telegraph ſofort
der Zentralſtelle den Ort des Melders, in deſſen Gebiete die Feuers-
not ausgebrochen iſt. Die Organiſation iſt eine derartige, daß von
der Zeit der Meldung bis zum Erſcheinen der Feuerwehr nur wenige
Minuten vergehen.
Die Anwendung der Telegraphie zur Sicherung des Eiſenbahn-
betriebes iſt außerordentlich ausgedehnt, ohne ſie wäre derſelbe
auf Strecken mit regem Verkehr gar nicht möglich. Die zur
Sicherung des Zugverkehrs auf Bahnhöfen und Bahnſtrecken in
Anwendung kommenden Apparate ſind ſo eingerichtet, daß ſie auf
mechaniſchem oder elektriſchem Wege von der Stellung der Signale,
Weichen, Barrièren, Drehbrücken, Drehſcheiben u. ſ. w. ſowie auch vom
Zuge ſelbſt abhängig gemacht werden, und daß ihre Bedienung zur
Regelung des Zugverkehrs zwangsweiſe erfolgen muß. So ſind z. B.
zwiſchen weit entfernten Stationen, zwiſchen denen die Züge in raſcherer
Reihenfolge hinter einander herfahren ſollen, ſogenannte Blockſtationen
eingerichtet und mit Signalen ausgerüſtet, die dem Blockwärter von
der benachbarten Station aus die Kenntnis von dem dort Ge-
ſchehenden geben. Ein elektriſcher Blockapparat, wie ihn ſo eine Block-
ſtation beſitzt, beſteht aus einem eiſernen Kaſten, der an ſeiner Vorderſeite
zwei Fenſterchen hat, von denen jedes für eine Fahrtrichtung beſtimmt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/273>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.