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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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So lange er den Trieb nicht bemerkte, und
Schmerzen fühlte, gelang ihm auch sein
Vornehmen; sobald sich jener aber aeusserte,
und der fand sich, beym Anblick eines jun-
gen schönen Maedchens, allemal, wenn die
durch Kasteiung hervorgebrachte Schmerzen
auch vorhanden waren, so soll jener doch
gesiegt und diese untergelegen haben. Oft
schwur ers Gott sogar zu: seinen Vorsatz sich
zu bessern, auszuführen. Aber, wie es ihm
immer schon gegangen war, so giengs ihm
in der Folge öfters noch. Er fasste den
Vorsatz von neuen, schwur Gott aufs neue,
und fiel dem ohngeachtet immer wieder.
So beklommen denn sein Herz war, und so
viel Bekümmernis alsdann seine Seele hatte,
so wenig Rath und Trost konnte er doch zu
seiner Besserung finden; ja sie ward ihm im-
mer schwerer, je mehr er den Jahren der
Mannbarkeit nahe kam

Etwas Beruhigung gab ihm einst der Grund-
satz, den er von einem guten Manne hörte,
der aber seine Untugend nicht kannte, und
dessen Beyspiel er sich zum Muster genommen
hatte: "der Christ könne leichter zur Hure-
rey kommen, als zum Diebstahl"

Weil

So lange er den Trieb nicht bemerkte, und
Schmerzen fühlte, gelang ihm auch ſein
Vornehmen; ſobald ſich jener aber æuſserte,
und der fand ſich, beym Anblick eines jun-
gen ſchönen Mædchens, allemal, wenn die
durch Kaſteiung hervorgebrachte Schmerzen
auch vorhanden waren, ſo ſoll jener doch
geſiegt und dieſe untergelegen haben. Oft
ſchwur ers Gott ſogar zu: ſeinen Vorſatz ſich
zu beſſern, auszuführen. Aber, wie es ihm
immer ſchon gegangen war, ſo giengs ihm
in der Folge öfters noch. Er faſste den
Vorſatz von neuen, ſchwur Gott aufs neue,
und fiel dem ohngeachtet immer wieder.
So beklommen denn ſein Herz war, und ſo
viel Bekümmernis alsdann ſeine Seele hatte,
ſo wenig Rath und Troſt konnte er doch zu
ſeiner Beſſerung finden; ja ſie ward ihm im-
mer ſchwerer, je mehr er den Jahren der
Mannbarkeit nahe kam

Etwas Beruhigung gab ihm einſt der Grund-
ſatz, den er von einem guten Manne hörte,
der aber ſeine Untugend nicht kannte, und
deſſen Beyſpiel er ſich zum Muſter genommen
hatte: “der Chriſt könne leichter zur Hure-
rey kommen, als zum Diebſtahl”

Weil
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[43/0053] So lange er den Trieb nicht bemerkte, und Schmerzen fühlte, gelang ihm auch ſein Vornehmen; ſobald ſich jener aber æuſserte, und der fand ſich, beym Anblick eines jun- gen ſchönen Mædchens, allemal, wenn die durch Kaſteiung hervorgebrachte Schmerzen auch vorhanden waren, ſo ſoll jener doch geſiegt und dieſe untergelegen haben. Oft ſchwur ers Gott ſogar zu: ſeinen Vorſatz ſich zu beſſern, auszuführen. Aber, wie es ihm immer ſchon gegangen war, ſo giengs ihm in der Folge öfters noch. Er faſste den Vorſatz von neuen, ſchwur Gott aufs neue, und fiel dem ohngeachtet immer wieder. So beklommen denn ſein Herz war, und ſo viel Bekümmernis alsdann ſeine Seele hatte, ſo wenig Rath und Troſt konnte er doch zu ſeiner Beſſerung finden; ja ſie ward ihm im- mer ſchwerer, je mehr er den Jahren der Mannbarkeit nahe kam Etwas Beruhigung gab ihm einſt der Grund- ſatz, den er von einem guten Manne hörte, der aber ſeine Untugend nicht kannte, und deſſen Beyſpiel er ſich zum Muſter genommen hatte: “der Chriſt könne leichter zur Hure- rey kommen, als zum Diebſtahl” Weil

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/53>, abgerufen am 26.04.2024.