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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Muthwillen zu bemerken, der mit keinem
Geraeusche verknüpft ist*)

In den mehresten Schulen sind sogar
solche Anstalten gemacht, die sehr günstig

sind,
*) Sollte denn wirklich die Kaurze des Ge-
sichts eine nothwendige Folge des fleissi-
gen Lesens und Schreibens seyn? Ich bin
vollkommen vom Gegentheil überzeugt.
Wem die Natur gesunde scharfe Augen
verliche, der kann ihre Schaerfe, meiner
Meynung nach, auch bey dem fleissigsten
Studieren erhalten, wenn er nur die we-
nigen höchst einfachen Mittel, die zu
ihrer Erhaltung höchst nöthig sind, ge-
braucht. Da wir aber in unserer Jugend
zur Erhaltung der Augen nicht die gering-
ste Anweisung bekommen, so ists auch
kein Wunder, wenn die mehresten sie
frühzeitig verderbten. Hierzu kommt
noch die schaedliche Gewohnheit, dass
man, wenn man gleich von der Natur ein
scharfes Gesicht empfangen hat, sich doch,
um das Ansehen eines Gelehrten zu be-
kommen, Lorgnetten zulegt.

Muthwillen zu bemerken, der mit keinem
Geræuſche verknüpft iſt*)

In den mehreſten Schulen ſind ſogar
ſolche Anſtalten gemacht, die ſehr günſtig

ſind,
*) Sollte denn wirklich die Kûrze des Ge-
ſichts eine nothwendige Folge des fleiſſi-
gen Leſens und Schreibens ſeyn? Ich bin
vollkommen vom Gegentheil überzeugt.
Wem die Natur geſunde ſcharfe Augen
verliche, der kann ihre Schærfe, meiner
Meynung nach, auch bey dem fleiſſigſten
Studieren erhalten, wenn er nur die we-
nigen höchſt einfachen Mittel, die zu
ihrer Erhaltung höchſt nöthig ſind, ge-
braucht. Da wir aber in unſerer Jugend
zur Erhaltung der Augen nicht die gering-
ſte Anweiſung bekommen, ſo iſts auch
kein Wunder, wenn die mehreſten ſie
frühzeitig verderbten. Hierzu kommt
noch die ſchædliche Gewohnheit, daſs
man, wenn man gleich von der Natur ein
ſcharfes Geſicht empfangen hat, ſich doch,
um das Anſehen eines Gelehrten zu be-
kommen, Lorgnetten zulegt.
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[212/0222] Muthwillen zu bemerken, der mit keinem Geræuſche verknüpft iſt *) In den mehreſten Schulen ſind ſogar ſolche Anſtalten gemacht, die ſehr günſtig ſind, *) Sollte denn wirklich die Kûrze des Ge- ſichts eine nothwendige Folge des fleiſſi- gen Leſens und Schreibens ſeyn? Ich bin vollkommen vom Gegentheil überzeugt. Wem die Natur geſunde ſcharfe Augen verliche, der kann ihre Schærfe, meiner Meynung nach, auch bey dem fleiſſigſten Studieren erhalten, wenn er nur die we- nigen höchſt einfachen Mittel, die zu ihrer Erhaltung höchſt nöthig ſind, ge- braucht. Da wir aber in unſerer Jugend zur Erhaltung der Augen nicht die gering- ſte Anweiſung bekommen, ſo iſts auch kein Wunder, wenn die mehreſten ſie frühzeitig verderbten. Hierzu kommt noch die ſchædliche Gewohnheit, daſs man, wenn man gleich von der Natur ein ſcharfes Geſicht empfangen hat, ſich doch, um das Anſehen eines Gelehrten zu be- kommen, Lorgnetten zulegt.

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/222>, abgerufen am 27.04.2024.