Cicero, ein Mittelstück zwischen Christenthum und Seneka.
(Im Scipio's Traume)
C. III.
"Wenn dich nicht jener Gott, dessen Tem- pel dieß All ist, von dem Gefäng- nisse des Leibes frey macht: so kannst du nicht hieher (zu den seligen Wohnungen der abgeschiedenen Geister) kommen. ...
So ist es denn Pflicht für dich, lieber Publius, und für alle Rechtschaffene, ja nicht selbst den Menschengeist aus dem Ge- fängnisse des Leibes loszulassen. Ohne Be- fehl dessen, der euch ihn, diesen Geist, ge- schenkt hat, dürfet ihr das Menschenleben nicht verlassen: damit es nicht das Ansehen gewinne, als hättet ihr dem Berufe eines Menschen, den euch Gott angewiesen, aus dem Wege laufen wollen."
So
Dritter Abſchnitt.
Cicero, ein Mittelſtuͤck zwiſchen Chriſtenthum und Seneka.
(Im Scipio’s Traume)
C. III.
„Wenn dich nicht jener Gott, deſſen Tem- pel dieß All iſt, von dem Gefaͤng- niſſe des Leibes frey macht: ſo kannſt du nicht hieher (zu den ſeligen Wohnungen der abgeſchiedenen Geiſter) kommen. …
So iſt es denn Pflicht fuͤr dich, lieber Publius, und fuͤr alle Rechtſchaffene, ja nicht ſelbſt den Menſchengeiſt aus dem Ge- faͤngniſſe des Leibes loszulaſſen. Ohne Be- fehl deſſen, der euch ihn, dieſen Geiſt, ge- ſchenkt hat, duͤrfet ihr das Menſchenleben nicht verlaſſen: damit es nicht das Anſehen gewinne, als haͤttet ihr dem Berufe eines Menſchen, den euch Gott angewieſen, aus dem Wege laufen wollen.“
So
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Dritter Abſchnitt.
Cicero, ein Mittelſtuͤck
zwiſchen
Chriſtenthum und Seneka.
(Im Scipio’s Traume)
C. III.
„Wenn dich nicht jener Gott, deſſen Tem-
pel dieß All iſt, von dem Gefaͤng-
niſſe des Leibes frey macht: ſo kannſt du
nicht hieher (zu den ſeligen Wohnungen
der abgeſchiedenen Geiſter) kommen. …
So iſt es denn Pflicht fuͤr dich, lieber
Publius, und fuͤr alle Rechtſchaffene, ja
nicht ſelbſt den Menſchengeiſt aus dem Ge-
faͤngniſſe des Leibes loszulaſſen. Ohne Be-
fehl deſſen, der euch ihn, dieſen Geiſt, ge-
ſchenkt hat, duͤrfet ihr das Menſchenleben
nicht verlaſſen: damit es nicht das Anſehen
gewinne, als haͤttet ihr dem Berufe eines
Menſchen, den euch Gott angewieſen, aus
dem Wege laufen wollen.“
So
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/208>, abgerufen am 24.02.2025.
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