Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite
Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gebilde.
2. Weitere Ausbildung der Ansichten über die Natur des festen
Zellhautgerüstes der Pflanzen seit 1845.

In den vierziger Jahren waren, wie wir gesehen haben,
die hervorragenden Vertreter der Phytotomie ganz vorwiegend
damit beschäftigt, die Entstehung der Pflanzenzellen zu beobachten,
die Zellbildungstheorie induktiv zu begründen. Es war nicht zu
erwarten, daß schon während dieser Arbeiten, welche Jahr für
Jahr neue Aufschlüsse brachten und die Ansichten über die Ent-
stehung der Zellen im Fluß erhielten, die neuen Ergebnisse auch
zu wesentlichen Aenderungen der von Mohl begründeten Theorie
des festen Zellhautgerüstes führen sollten. Vielmehr gewannen
erst jetzt Mohl's uns bereits bekannte Ansichten vom Zusam-
menhang der Zellen unter einander, von der Configuration ihrer
Scheidewände und dem Dickenwachsthum derselben, ihren nach-
haltigsten Einfluß. Den damals noch sehr schwankenden Ansichten
über die Entstehung der Zellen gegenüber stand Mohl's Theorie
fest und fertig da; es wurde einstweilen nicht viel gefragt, ob
und in wieweit dieselbe mit den neuen Beobachtungen über die
Bildungsgeschichte der Zellen verträglich sei. Mitten in den
Kampf der Meinungen über diese letztere hinein erschienen Mohl's
vermischte Schriften 1845, wo dessen Ansichten vom fertigen
Gewebebau der Pflanzen in einer Reihe von Monographien
als ein anscheinend völlig gesichertes Resultat hervortraten.
In der That knüpften denn auch die phytotomischen Arbeiten
bis zum Beginn der sechziger Jahre an den von Mohl ver-
tretenen Gedankengang überall an, bis endlich zwischen 1858
und 1863 durch Nägeli's neue Theorie des Wachsthums
durch Intussusception, sowie durch eine weitere Vertiefung der Zell-
bildungslehre die Unzulänglichkeit von Mohl's Grundanschauungen
über den festen Theil der Pflanzenstruktur hervortrat.

Deutlich genug zeigt sich die Richtigkeit des oben Gesagten
in der weiteren Entwicklung der Ansichten über die Inter-
cellularsubstanz und die Cuticula, die schon in den

Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gebilde.
2. Weitere Ausbildung der Anſichten über die Natur des feſten
Zellhautgerüſtes der Pflanzen ſeit 1845.

In den vierziger Jahren waren, wie wir geſehen haben,
die hervorragenden Vertreter der Phytotomie ganz vorwiegend
damit beſchäftigt, die Entſtehung der Pflanzenzellen zu beobachten,
die Zellbildungstheorie induktiv zu begründen. Es war nicht zu
erwarten, daß ſchon während dieſer Arbeiten, welche Jahr für
Jahr neue Aufſchlüſſe brachten und die Anſichten über die Ent-
ſtehung der Zellen im Fluß erhielten, die neuen Ergebniſſe auch
zu weſentlichen Aenderungen der von Mohl begründeten Theorie
des feſten Zellhautgerüſtes führen ſollten. Vielmehr gewannen
erſt jetzt Mohl's uns bereits bekannte Anſichten vom Zuſam-
menhang der Zellen unter einander, von der Configuration ihrer
Scheidewände und dem Dickenwachsthum derſelben, ihren nach-
haltigſten Einfluß. Den damals noch ſehr ſchwankenden Anſichten
über die Entſtehung der Zellen gegenüber ſtand Mohl's Theorie
feſt und fertig da; es wurde einſtweilen nicht viel gefragt, ob
und in wieweit dieſelbe mit den neuen Beobachtungen über die
Bildungsgeſchichte der Zellen verträglich ſei. Mitten in den
Kampf der Meinungen über dieſe letztere hinein erſchienen Mohl's
vermiſchte Schriften 1845, wo deſſen Anſichten vom fertigen
Gewebebau der Pflanzen in einer Reihe von Monographien
als ein anſcheinend völlig geſichertes Reſultat hervortraten.
In der That knüpften denn auch die phytotomiſchen Arbeiten
bis zum Beginn der ſechziger Jahre an den von Mohl ver-
tretenen Gedankengang überall an, bis endlich zwiſchen 1858
und 1863 durch Nägeli's neue Theorie des Wachsthums
durch Intusſusception, ſowie durch eine weitere Vertiefung der Zell-
bildungslehre die Unzulänglichkeit von Mohl's Grundanſchauungen
über den feſten Theil der Pflanzenſtruktur hervortrat.

Deutlich genug zeigt ſich die Richtigkeit des oben Geſagten
in der weiteren Entwicklung der Anſichten über die Inter-
cellularſubſtanz und die Cuticula, die ſchon in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0379" n="367"/>
            <fw place="top" type="header">Gewebeform, Molecular&#x017F;truktur der organi&#x017F;chen Gebilde.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">2. Weitere Ausbildung der An&#x017F;ichten über die Natur des fe&#x017F;ten<lb/>
Zellhautgerü&#x017F;tes der Pflanzen &#x017F;eit 1845.</hi> </head><lb/>
              <p>In den vierziger Jahren waren, wie wir ge&#x017F;ehen haben,<lb/>
die hervorragenden Vertreter der Phytotomie ganz vorwiegend<lb/>
damit be&#x017F;chäftigt, die Ent&#x017F;tehung der Pflanzenzellen zu beobachten,<lb/>
die Zellbildungstheorie induktiv zu begründen. Es war nicht zu<lb/>
erwarten, daß &#x017F;chon während die&#x017F;er Arbeiten, welche Jahr für<lb/>
Jahr neue Auf&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e brachten und die An&#x017F;ichten über die Ent-<lb/>
&#x017F;tehung der Zellen im Fluß erhielten, die neuen Ergebni&#x017F;&#x017F;e auch<lb/>
zu we&#x017F;entlichen Aenderungen der von <hi rendition="#g">Mohl</hi> begründeten Theorie<lb/>
des fe&#x017F;ten Zellhautgerü&#x017F;tes führen &#x017F;ollten. Vielmehr gewannen<lb/>
er&#x017F;t jetzt <hi rendition="#g">Mohl</hi>'s uns bereits bekannte An&#x017F;ichten vom Zu&#x017F;am-<lb/>
menhang der Zellen unter einander, von der Configuration ihrer<lb/>
Scheidewände und dem Dickenwachsthum der&#x017F;elben, ihren nach-<lb/>
haltig&#x017F;ten Einfluß. Den damals noch &#x017F;ehr &#x017F;chwankenden An&#x017F;ichten<lb/>
über die Ent&#x017F;tehung der Zellen gegenüber &#x017F;tand <hi rendition="#g">Mohl</hi>'s Theorie<lb/>
fe&#x017F;t und fertig da; es wurde ein&#x017F;tweilen nicht viel gefragt, ob<lb/>
und in wieweit die&#x017F;elbe mit den neuen Beobachtungen über die<lb/>
Bildungsge&#x017F;chichte der Zellen verträglich &#x017F;ei. Mitten in den<lb/>
Kampf der Meinungen über die&#x017F;e letztere hinein er&#x017F;chienen <hi rendition="#g">Mohl</hi>'s<lb/>
vermi&#x017F;chte Schriften 1845, wo de&#x017F;&#x017F;en An&#x017F;ichten vom fertigen<lb/>
Gewebebau der Pflanzen in einer Reihe von Monographien<lb/>
als ein an&#x017F;cheinend völlig ge&#x017F;ichertes Re&#x017F;ultat hervortraten.<lb/>
In der That knüpften denn auch die phytotomi&#x017F;chen Arbeiten<lb/>
bis zum Beginn der &#x017F;echziger Jahre an den von <hi rendition="#g">Mohl</hi> ver-<lb/>
tretenen Gedankengang überall an, bis endlich zwi&#x017F;chen 1858<lb/>
und 1863 durch <hi rendition="#g">Nägeli</hi>'s neue Theorie des Wachsthums<lb/>
durch Intus&#x017F;usception, &#x017F;owie durch eine weitere Vertiefung der Zell-<lb/>
bildungslehre die Unzulänglichkeit von <hi rendition="#g">Mohl</hi>'s Grundan&#x017F;chauungen<lb/>
über den fe&#x017F;ten Theil der Pflanzen&#x017F;truktur hervortrat.</p><lb/>
              <p>Deutlich genug zeigt &#x017F;ich die Richtigkeit des oben Ge&#x017F;agten<lb/>
in der weiteren Entwicklung der An&#x017F;ichten über die <hi rendition="#g">Inter</hi>-<lb/><hi rendition="#g">cellular&#x017F;ub&#x017F;tanz</hi> und die <hi rendition="#g">Cuticula</hi>, die &#x017F;chon in den<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0379] Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gebilde. 2. Weitere Ausbildung der Anſichten über die Natur des feſten Zellhautgerüſtes der Pflanzen ſeit 1845. In den vierziger Jahren waren, wie wir geſehen haben, die hervorragenden Vertreter der Phytotomie ganz vorwiegend damit beſchäftigt, die Entſtehung der Pflanzenzellen zu beobachten, die Zellbildungstheorie induktiv zu begründen. Es war nicht zu erwarten, daß ſchon während dieſer Arbeiten, welche Jahr für Jahr neue Aufſchlüſſe brachten und die Anſichten über die Ent- ſtehung der Zellen im Fluß erhielten, die neuen Ergebniſſe auch zu weſentlichen Aenderungen der von Mohl begründeten Theorie des feſten Zellhautgerüſtes führen ſollten. Vielmehr gewannen erſt jetzt Mohl's uns bereits bekannte Anſichten vom Zuſam- menhang der Zellen unter einander, von der Configuration ihrer Scheidewände und dem Dickenwachsthum derſelben, ihren nach- haltigſten Einfluß. Den damals noch ſehr ſchwankenden Anſichten über die Entſtehung der Zellen gegenüber ſtand Mohl's Theorie feſt und fertig da; es wurde einſtweilen nicht viel gefragt, ob und in wieweit dieſelbe mit den neuen Beobachtungen über die Bildungsgeſchichte der Zellen verträglich ſei. Mitten in den Kampf der Meinungen über dieſe letztere hinein erſchienen Mohl's vermiſchte Schriften 1845, wo deſſen Anſichten vom fertigen Gewebebau der Pflanzen in einer Reihe von Monographien als ein anſcheinend völlig geſichertes Reſultat hervortraten. In der That knüpften denn auch die phytotomiſchen Arbeiten bis zum Beginn der ſechziger Jahre an den von Mohl ver- tretenen Gedankengang überall an, bis endlich zwiſchen 1858 und 1863 durch Nägeli's neue Theorie des Wachsthums durch Intusſusception, ſowie durch eine weitere Vertiefung der Zell- bildungslehre die Unzulänglichkeit von Mohl's Grundanſchauungen über den feſten Theil der Pflanzenſtruktur hervortrat. Deutlich genug zeigt ſich die Richtigkeit des oben Geſagten in der weiteren Entwicklung der Anſichten über die Inter- cellularſubſtanz und die Cuticula, die ſchon in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/379
Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/379>, abgerufen am 22.12.2024.