Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.erstarrte. Wenn sie jetzt in das silberberieselte Dunkel traten Endlich entriß ich mich der Stelle, suchte meinen schlafen¬ II. Jahre waren dahin gegangen. Das Leben, immer ern¬ erſtarrte. Wenn ſie jetzt in das ſilberberieſelte Dunkel traten Endlich entriß ich mich der Stelle, ſuchte meinen ſchlafen¬ II. Jahre waren dahin gegangen. Das Leben, immer ern¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0285" n="269"/> erſtarrte. Wenn ſie jetzt in das ſilberberieſelte Dunkel traten<lb/> — die Folgen waren undenkbar! Aber ſie lenkten rechts ab<lb/> und kehrten in einem Bogen langſam und ſchweigend nach dem<lb/> Schloſſe zurück. Je ferner, je ſchwächer ihre Tritte klangen,<lb/> deſto leichter, deſto freier fühlte ich mich; als es jedoch wieder<lb/> ganz ſtill geworden war, da griff mir ein ſcharfes, eiſiges<lb/> Weh an's Herz. Was ich ſchon vordem über den Wandel<lb/> der Freifrau vernommen, das floß jetzt mit den Eindrücken<lb/> dieſer Stunde zuſammen, und obgleich ich, was jetzt plötzlich<lb/> enthüllt vor mir lag, ſchon halb errathen hatte, ſo war es<lb/> mir doch, als hätte ich in einen Abgrund geblickt.</p><lb/> <p>Endlich entriß ich mich der Stelle, ſuchte meinen ſchlafen¬<lb/> den Diener auf und begab mich in das Dorf hinunter, wo<lb/> ich noch vor der Zeit Reveille ſchlagen ließ. Und fort zog ich<lb/> in den grauenden Tag hinein, das Schloß, ſeine Menſchen<lb/> und ihre Schickſale hinter mir zurücklaſſend. — —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head><hi rendition="#aq">II</hi>.<lb/></head> <p>Jahre waren dahin gegangen. Das Leben, immer ern¬<lb/> ſter und vielgeſtaltiger mit ſtrengen Forderungen an mich<lb/> herantretend, hatte alle dieſe Eindrücke verwiſcht, und ich<lb/> dachte kaum mehr meines kurzen Aufenthaltes im Schloſſe<lb/> Reichegg. In den öffentlichen Blättern hatte ich zwar geleſen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0285]
erſtarrte. Wenn ſie jetzt in das ſilberberieſelte Dunkel traten
— die Folgen waren undenkbar! Aber ſie lenkten rechts ab
und kehrten in einem Bogen langſam und ſchweigend nach dem
Schloſſe zurück. Je ferner, je ſchwächer ihre Tritte klangen,
deſto leichter, deſto freier fühlte ich mich; als es jedoch wieder
ganz ſtill geworden war, da griff mir ein ſcharfes, eiſiges
Weh an's Herz. Was ich ſchon vordem über den Wandel
der Freifrau vernommen, das floß jetzt mit den Eindrücken
dieſer Stunde zuſammen, und obgleich ich, was jetzt plötzlich
enthüllt vor mir lag, ſchon halb errathen hatte, ſo war es
mir doch, als hätte ich in einen Abgrund geblickt.
Endlich entriß ich mich der Stelle, ſuchte meinen ſchlafen¬
den Diener auf und begab mich in das Dorf hinunter, wo
ich noch vor der Zeit Reveille ſchlagen ließ. Und fort zog ich
in den grauenden Tag hinein, das Schloß, ſeine Menſchen
und ihre Schickſale hinter mir zurücklaſſend. — —
II.
Jahre waren dahin gegangen. Das Leben, immer ern¬
ſter und vielgeſtaltiger mit ſtrengen Forderungen an mich
herantretend, hatte alle dieſe Eindrücke verwiſcht, und ich
dachte kaum mehr meines kurzen Aufenthaltes im Schloſſe
Reichegg. In den öffentlichen Blättern hatte ich zwar geleſen,
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