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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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einige Jahrhunderte neuer zu seyn scheint. Die Unterkirche,
auf deren Daseyn die Fenster schließen lassen, blieb mir un-
zugänglich; die obere enthält an drey Seiten Altarnischen.

Aehnliche Grundlagen von wohlgefügten Werkstücken
zeigt außerhalb der Stadt das Kirchlein S. Giacomo, deren
Plan von alter Form ist, deren Erneuerungen aber in der
Manier des eilften oder folgenden Jahrhunderts entworfen
sind.

Unter diesen Umständen befremdete es mich nicht, auch
zu Pavia, längs der Außenseite der Kirche S. Michele, der-
selben, welche in allen Kupferwerken die Bauart der Longo-
barden repräsentirt, ganz ähnliche Grundlagen zu entdecken.
Freylich träumt man hier schon seit lange von Ueberresten
einer noch älteren christlich-römischen Construction. Indeß
bewährt sich die Erneuerung, welche die Kirche zur Zeit der
Größe und Macht der lombardischen Städte betroffen hat,
durch eine Inschrift, welche die Forscher nach modernen Al-
terthümern unverantwortlich übersehen haben. *) Diese und
alle ähnlichen Erneuerungen erklären sich daraus: daß die

*) Sie befindet sich unter der Wölbung der Haupttribüne und
lautet wie folgt:
Quis cuperet refici testudo maxia templi
Tibunum et allas verteret eximias.
Instauravit opus niger hoc tu Btolomeus
Phano huic canonicus vel pie Syre tibi.

Die canonici reg. sind bekanntlich eine ziemlich späte kirchliche
Stiftung. -- Die Inschrift aber verweiset, den Sprach- und Schrift-
formen nach, in's eilfte oder zwölfte Jahrhundert. -- Ob man aus-
findig gemacht, wann der niger Bartolomeus der Inschrift Canonicus
der Kirche gewesen, ist mir unbekannt. Was die Inschrift wichtig
macht, ist deren ausdrückliche Beziehung auf das Gewölbe.

einige Jahrhunderte neuer zu ſeyn ſcheint. Die Unterkirche,
auf deren Daſeyn die Fenſter ſchließen laſſen, blieb mir un-
zugaͤnglich; die obere enthaͤlt an drey Seiten Altarniſchen.

Aehnliche Grundlagen von wohlgefuͤgten Werkſtuͤcken
zeigt außerhalb der Stadt das Kirchlein S. Giacomo, deren
Plan von alter Form iſt, deren Erneuerungen aber in der
Manier des eilften oder folgenden Jahrhunderts entworfen
ſind.

Unter dieſen Umſtaͤnden befremdete es mich nicht, auch
zu Pavia, laͤngs der Außenſeite der Kirche S. Michele, der-
ſelben, welche in allen Kupferwerken die Bauart der Longo-
barden repraͤſentirt, ganz aͤhnliche Grundlagen zu entdecken.
Freylich traͤumt man hier ſchon ſeit lange von Ueberreſten
einer noch aͤlteren chriſtlich-roͤmiſchen Conſtruction. Indeß
bewaͤhrt ſich die Erneuerung, welche die Kirche zur Zeit der
Groͤße und Macht der lombardiſchen Staͤdte betroffen hat,
durch eine Inſchrift, welche die Forſcher nach modernen Al-
terthuͤmern unverantwortlich uͤberſehen haben. *) Dieſe und
alle aͤhnlichen Erneuerungen erklaͤren ſich daraus: daß die

*) Sie befindet ſich unter der Wölbung der Haupttribüne und
lautet wie folgt:
Quis cuperet refici testudo ma̅x̅i̅a templi
Tibunum et allas verteret eximias.
Instauravit opus niger hoc t̅u̅ B̅t̅olomeus
Phano huic canonicus vel pie Syre tibi.

Die canonici reg. ſind bekanntlich eine ziemlich ſpäte kirchliche
Stiftung. — Die Inſchrift aber verweiſet, den Sprach- und Schrift-
formen nach, in’s eilfte oder zwölfte Jahrhundert. — Ob man aus-
findig gemacht, wann der niger Bartolomeus der Inſchrift Canonicus
der Kirche geweſen, iſt mir unbekannt. Was die Inſchrift wichtig
macht, iſt deren ausdrückliche Beziehung auf das Gewölbe.
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[175/0197] einige Jahrhunderte neuer zu ſeyn ſcheint. Die Unterkirche, auf deren Daſeyn die Fenſter ſchließen laſſen, blieb mir un- zugaͤnglich; die obere enthaͤlt an drey Seiten Altarniſchen. Aehnliche Grundlagen von wohlgefuͤgten Werkſtuͤcken zeigt außerhalb der Stadt das Kirchlein S. Giacomo, deren Plan von alter Form iſt, deren Erneuerungen aber in der Manier des eilften oder folgenden Jahrhunderts entworfen ſind. Unter dieſen Umſtaͤnden befremdete es mich nicht, auch zu Pavia, laͤngs der Außenſeite der Kirche S. Michele, der- ſelben, welche in allen Kupferwerken die Bauart der Longo- barden repraͤſentirt, ganz aͤhnliche Grundlagen zu entdecken. Freylich traͤumt man hier ſchon ſeit lange von Ueberreſten einer noch aͤlteren chriſtlich-roͤmiſchen Conſtruction. Indeß bewaͤhrt ſich die Erneuerung, welche die Kirche zur Zeit der Groͤße und Macht der lombardiſchen Staͤdte betroffen hat, durch eine Inſchrift, welche die Forſcher nach modernen Al- terthuͤmern unverantwortlich uͤberſehen haben. *) Dieſe und alle aͤhnlichen Erneuerungen erklaͤren ſich daraus: daß die *) Sie befindet ſich unter der Wölbung der Haupttribüne und lautet wie folgt: Quis cuperet refici testudo ma̅x̅i̅a templi Tibunum et allas verteret eximias. Instauravit opus niger hoc t̅u̅ B̅t̅olomeus Phano huic canonicus vel pie Syre tibi. Die canonici reg. ſind bekanntlich eine ziemlich ſpäte kirchliche Stiftung. — Die Inſchrift aber verweiſet, den Sprach- und Schrift- formen nach, in’s eilfte oder zwölfte Jahrhundert. — Ob man aus- findig gemacht, wann der niger Bartolomeus der Inſchrift Canonicus der Kirche geweſen, iſt mir unbekannt. Was die Inſchrift wichtig macht, iſt deren ausdrückliche Beziehung auf das Gewölbe.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/197>, abgerufen am 26.04.2024.