Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Sei's um als Hüttenrauch, wie dort qualmt, aufzugehn, Sei's in der Mühle, die dort ächzt, zersägt zu stehn. Nur jene sind verschont, bis sie zernagt der Wurm Des Alters, oder wirft von ihrer Klipp' ein Sturm. 70. Sieh wie den Zweck erreicht, und der Gefahr entweicht Der Efeu, der empor am Stamm der Buche schleicht. Nicht um den ganzen Stamm rings flicht er seine Stränge, Daß nicht der Baum, wenn er sich wachsend dehnt, sie sprenge. Gradaufwerts kriecht er nur; villeicht in künft'gen Tagen, Wann nicht der Baum mehr wächst, wird er sich rundum wagen. Dagegen dis Gerank, das nur den Sommer lebt, Von allen Seiten um den Stamm sich sorglos webt. Vom heur'gen Safttrieb ist sein Wachsthum nicht bedroht; Und eh der nächste schwillt, ist es schon selber todt. Sei's um als Huͤttenrauch, wie dort qualmt, aufzugehn, Sei's in der Muͤhle, die dort aͤchzt, zerſaͤgt zu ſtehn. Nur jene ſind verſchont, bis ſie zernagt der Wurm Des Alters, oder wirft von ihrer Klipp' ein Sturm. 70. Sieh wie den Zweck erreicht, und der Gefahr entweicht Der Efeu, der empor am Stamm der Buche ſchleicht. Nicht um den ganzen Stamm rings flicht er ſeine Straͤnge, Daß nicht der Baum, wenn er ſich wachſend dehnt, ſie ſprenge. Gradaufwerts kriecht er nur; villeicht in kuͤnft'gen Tagen, Wann nicht der Baum mehr waͤchſt, wird er ſich rundum wagen. Dagegen dis Gerank, das nur den Sommer lebt, Von allen Seiten um den Stamm ſich ſorglos webt. Vom heur'gen Safttrieb iſt ſein Wachsthum nicht bedroht; Und eh der naͤchſte ſchwillt, iſt es ſchon ſelber todt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0319" n="309"/> </l> <lg n="4"> <l>Sei's um als Huͤttenrauch, wie dort qualmt, aufzugehn,</l><lb/> <l>Sei's in der Muͤhle, die dort aͤchzt, zerſaͤgt zu ſtehn.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Nur jene ſind verſchont, bis ſie zernagt der Wurm</l><lb/> <l>Des Alters, oder wirft von ihrer Klipp' ein Sturm.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>70.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Sieh wie den Zweck erreicht, und der Gefahr entweicht</l><lb/> <l>Der Efeu, der empor am Stamm der Buche ſchleicht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nicht um den ganzen Stamm rings flicht er ſeine Straͤnge,</l><lb/> <l>Daß nicht der Baum, wenn er ſich wachſend dehnt, ſie ſprenge.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Gradaufwerts kriecht er nur; villeicht in kuͤnft'gen Tagen,</l><lb/> <l>Wann nicht der Baum mehr waͤchſt, wird er ſich rundum wagen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dagegen dis Gerank, das nur den Sommer lebt,</l><lb/> <l>Von allen Seiten um den Stamm ſich ſorglos webt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Vom heur'gen Safttrieb iſt ſein Wachsthum nicht bedroht;</l><lb/> <l>Und eh der naͤchſte ſchwillt, iſt es ſchon ſelber todt.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [309/0319]
Sei's um als Huͤttenrauch, wie dort qualmt, aufzugehn,
Sei's in der Muͤhle, die dort aͤchzt, zerſaͤgt zu ſtehn.
Nur jene ſind verſchont, bis ſie zernagt der Wurm
Des Alters, oder wirft von ihrer Klipp' ein Sturm.
70.
Sieh wie den Zweck erreicht, und der Gefahr entweicht
Der Efeu, der empor am Stamm der Buche ſchleicht.
Nicht um den ganzen Stamm rings flicht er ſeine Straͤnge,
Daß nicht der Baum, wenn er ſich wachſend dehnt, ſie ſprenge.
Gradaufwerts kriecht er nur; villeicht in kuͤnft'gen Tagen,
Wann nicht der Baum mehr waͤchſt, wird er ſich rundum wagen.
Dagegen dis Gerank, das nur den Sommer lebt,
Von allen Seiten um den Stamm ſich ſorglos webt.
Vom heur'gen Safttrieb iſt ſein Wachsthum nicht bedroht;
Und eh der naͤchſte ſchwillt, iſt es ſchon ſelber todt.
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