Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.84. Der Ehrgeiz ist gekränkt vom kleinsten, das mislingt, Und nicht befriedigts ihn, wo er das gröst' erringt. 85. O weh dem Durste, der nach jedem Tröpfchen geizt, Und den ein Strom, ein Meer nur, statt zu stillen, reizt! 86. Glaub' immer! nur beweis mirs nicht! sonst werd' ich sträubig. Es ist ein Widerspruch: scharfsichtig und blindgläubig. 87. Vom Heiligen bewegt, sei dein Gemüt im Takt! Mach' ein System daraus, so wird es abgeschmackt. 88. Beglückt, von wem nicht eh'r die Welt, daß er gelebt, Erfährt, als durchs Geläut, bei dem man ihn begräbt! 84. Der Ehrgeiz iſt gekraͤnkt vom kleinſten, das mislingt, Und nicht befriedigts ihn, wo er das groͤſt' erringt. 85. O weh dem Durſte, der nach jedem Troͤpfchen geizt, Und den ein Strom, ein Meer nur, ſtatt zu ſtillen, reizt! 86. Glaub' immer! nur beweis mirs nicht! ſonſt werd' ich ſtraͤubig. Es iſt ein Widerſpruch: ſcharfſichtig und blindglaͤubig. 87. Vom Heiligen bewegt, ſei dein Gemuͤt im Takt! Mach' ein Syſtem daraus, ſo wird es abgeſchmackt. 88. Begluͤckt, von wem nicht eh'r die Welt, daß er gelebt, Erfaͤhrt, als durchs Gelaͤut, bei dem man ihn begraͤbt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0030" n="20"/> <div n="2"> <head>84.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Der Ehrgeiz iſt gekraͤnkt vom kleinſten, das mislingt,</l><lb/> <l>Und nicht befriedigts ihn, wo er das groͤſt' erringt.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>85.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>O weh dem Durſte, der nach jedem Troͤpfchen geizt,</l><lb/> <l>Und den ein Strom, ein Meer nur, ſtatt zu ſtillen, reizt!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>86.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Glaub' immer! nur beweis mirs nicht! ſonſt werd' ich ſtraͤubig.</l><lb/> <l>Es iſt ein Widerſpruch: ſcharfſichtig und blindglaͤubig.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>87.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Vom Heiligen bewegt, ſei dein Gemuͤt im Takt!</l><lb/> <l>Mach' ein Syſtem daraus, ſo wird es abgeſchmackt.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>88.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Begluͤckt, von wem nicht eh'r die Welt, daß er gelebt,</l><lb/> <l>Erfaͤhrt, als durchs Gelaͤut, bei dem man ihn begraͤbt!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [20/0030]
84.
Der Ehrgeiz iſt gekraͤnkt vom kleinſten, das mislingt,
Und nicht befriedigts ihn, wo er das groͤſt' erringt.
85.
O weh dem Durſte, der nach jedem Troͤpfchen geizt,
Und den ein Strom, ein Meer nur, ſtatt zu ſtillen, reizt!
86.
Glaub' immer! nur beweis mirs nicht! ſonſt werd' ich ſtraͤubig.
Es iſt ein Widerſpruch: ſcharfſichtig und blindglaͤubig.
87.
Vom Heiligen bewegt, ſei dein Gemuͤt im Takt!
Mach' ein Syſtem daraus, ſo wird es abgeſchmackt.
88.
Begluͤckt, von wem nicht eh'r die Welt, daß er gelebt,
Erfaͤhrt, als durchs Gelaͤut, bei dem man ihn begraͤbt!
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