Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.41. Wie ein Botaniker nur von Profession Bemerket, was uneingeweihtem Blick entflohn, Der zarten Moose krausgeästetes Gewimmel, Von andern übersehn als unscheinbarer Schimmel; Doch wer mit rechtem Blick und Kunstsinn es gewahrt, Dem ist des Schöpfers Kunst auch darin offenbart, Nicht minder als im glanzentfalteten Gebäude Buntkroniger Blumenpracht, jedermanns Augenfreude: So im von Meisterhand entworfenen Gedicht Sind Reize, die so leicht nicht fallen ins Gesicht, In denen doch sich zeigt des Meisters Kunst und Macht Nicht minder als im Schmuck erfindungsreichster Pracht; Doch nur der Kenner und Liebhaber von Kleinheiten Ergetzt sich an derlei verborgenen Feinheiten. 41. Wie ein Botaniker nur von Profeſſion Bemerket, was uneingeweihtem Blick entflohn, Der zarten Mooſe krausgeaͤſtetes Gewimmel, Von andern uͤberſehn als unſcheinbarer Schimmel; Doch wer mit rechtem Blick und Kunſtſinn es gewahrt, Dem iſt des Schoͤpfers Kunſt auch darin offenbart, Nicht minder als im glanzentfalteten Gebaͤude Buntkroniger Blumenpracht, jedermanns Augenfreude: So im von Meiſterhand entworfenen Gedicht Sind Reize, die ſo leicht nicht fallen ins Geſicht, In denen doch ſich zeigt des Meiſters Kunſt und Macht Nicht minder als im Schmuck erfindungsreichſter Pracht; Doch nur der Kenner und Liebhaber von Kleinheiten Ergetzt ſich an derlei verborgenen Feinheiten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0265" n="255"/> <div n="2"> <head>41.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Wie ein Botaniker nur von Profeſſion</l><lb/> <l>Bemerket, was uneingeweihtem Blick entflohn,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der zarten Mooſe krausgeaͤſtetes Gewimmel,</l><lb/> <l>Von andern uͤberſehn als unſcheinbarer Schimmel;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch wer mit rechtem Blick und Kunſtſinn es gewahrt,</l><lb/> <l>Dem iſt des Schoͤpfers Kunſt auch darin offenbart,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht minder als im glanzentfalteten Gebaͤude</l><lb/> <l>Buntkroniger Blumenpracht, jedermanns Augenfreude:</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>So im von Meiſterhand entworfenen Gedicht</l><lb/> <l>Sind Reize, die ſo leicht nicht fallen ins Geſicht,</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>In denen doch ſich zeigt des Meiſters Kunſt und Macht</l><lb/> <l>Nicht minder als im Schmuck erfindungsreichſter Pracht;</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Doch nur der Kenner und Liebhaber von Kleinheiten</l><lb/> <l>Ergetzt ſich an derlei verborgenen Feinheiten.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [255/0265]
41.
Wie ein Botaniker nur von Profeſſion
Bemerket, was uneingeweihtem Blick entflohn,
Der zarten Mooſe krausgeaͤſtetes Gewimmel,
Von andern uͤberſehn als unſcheinbarer Schimmel;
Doch wer mit rechtem Blick und Kunſtſinn es gewahrt,
Dem iſt des Schoͤpfers Kunſt auch darin offenbart,
Nicht minder als im glanzentfalteten Gebaͤude
Buntkroniger Blumenpracht, jedermanns Augenfreude:
So im von Meiſterhand entworfenen Gedicht
Sind Reize, die ſo leicht nicht fallen ins Geſicht,
In denen doch ſich zeigt des Meiſters Kunſt und Macht
Nicht minder als im Schmuck erfindungsreichſter Pracht;
Doch nur der Kenner und Liebhaber von Kleinheiten
Ergetzt ſich an derlei verborgenen Feinheiten.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/265>, abgerufen am 22.02.2025. |