Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Ich aber rathe dir, dich nicht sosehr zu plagen, Und was du nicht verstehst, getrost zu überschlagen. Denn was dir Einzelnes geblieben unverständlich, Aus dem Zusammenhang verstehst du doch es endlich. Noch besser, wenn du gar nicht suchst Zusammenhang, Und dich auf jeden Schritt erfreut der Wandelgang. 10. Beglückte Zeiten, wo ein einzig Angesicht Die Welt dem Dichter zeigt, und ihm wird Ein Gedicht. In unsern Zeiten zeigt sie gar viel Angesichter, Und jedem anzuthun sein Recht vermag kein Dichter. Er wird, wenn er sich hält an eine Seit', einseitig, Und schwindlig, wenn er will auf alles sehn gleichzeitig. Ich aber rathe dir, dich nicht ſoſehr zu plagen, Und was du nicht verſtehſt, getroſt zu uͤberſchlagen. Denn was dir Einzelnes geblieben unverſtaͤndlich, Aus dem Zuſammenhang verſtehſt du doch es endlich. Noch beſſer, wenn du gar nicht ſuchſt Zuſammenhang, Und dich auf jeden Schritt erfreut der Wandelgang. 10. Begluͤckte Zeiten, wo ein einzig Angeſicht Die Welt dem Dichter zeigt, und ihm wird Ein Gedicht. In unſern Zeiten zeigt ſie gar viel Angeſichter, Und jedem anzuthun ſein Recht vermag kein Dichter. Er wird, wenn er ſich haͤlt an eine Seit', einſeitig, Und ſchwindlig, wenn er will auf alles ſehn gleichzeitig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0246" n="236"/> </l> <lg n="3"> <l>Ich aber rathe dir, dich nicht ſoſehr zu plagen,</l><lb/> <l>Und was du nicht verſtehſt, getroſt zu uͤberſchlagen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Denn was dir Einzelnes geblieben unverſtaͤndlich,</l><lb/> <l>Aus dem Zuſammenhang verſtehſt du doch es endlich.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Noch beſſer, wenn du gar nicht ſuchſt Zuſammenhang,</l><lb/> <l>Und dich auf jeden Schritt erfreut der Wandelgang.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>10.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Begluͤckte Zeiten, wo ein einzig Angeſicht</l><lb/> <l>Die Welt dem Dichter zeigt, und ihm wird Ein Gedicht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>In unſern Zeiten zeigt ſie gar viel Angeſichter,</l><lb/> <l>Und jedem anzuthun ſein Recht vermag kein Dichter.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er wird, wenn er ſich haͤlt an eine Seit', einſeitig,</l><lb/> <l>Und ſchwindlig, wenn er will auf alles ſehn gleichzeitig.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [236/0246]
Ich aber rathe dir, dich nicht ſoſehr zu plagen,
Und was du nicht verſtehſt, getroſt zu uͤberſchlagen.
Denn was dir Einzelnes geblieben unverſtaͤndlich,
Aus dem Zuſammenhang verſtehſt du doch es endlich.
Noch beſſer, wenn du gar nicht ſuchſt Zuſammenhang,
Und dich auf jeden Schritt erfreut der Wandelgang.
10.
Begluͤckte Zeiten, wo ein einzig Angeſicht
Die Welt dem Dichter zeigt, und ihm wird Ein Gedicht.
In unſern Zeiten zeigt ſie gar viel Angeſichter,
Und jedem anzuthun ſein Recht vermag kein Dichter.
Er wird, wenn er ſich haͤlt an eine Seit', einſeitig,
Und ſchwindlig, wenn er will auf alles ſehn gleichzeitig.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |