An alter Poesie verblühten Blumenbeeten Die silbenstechenden Ausleger der Poeten
Erwecken mir halb kühl im Busen und halb schwül Aus Stolz und Trauer ein gemischtes Mitgefühl:
Stolz, daß ein leichtes Wort zu solchen Ehren kam, Und Trauer, daß die Lust der Welt solch Ende nahm;
Daß diese Blumen, die mit Duft und Glanze neu Einst Herzen labten, nun sind solcher Ochsen Heu.
Auf, Lieder, laßt uns frisch der frischen Welt gefallen, Eh wir verdorrt zum Raub dem dürren Vieh heimfallen.
9.
Des Schrifterklärers Fluch ist Alles zu erklären, Alsob am Himmel nicht auch Nebelsterne wären;
An einem Blatt im Buch, der Raupe gleich, zu kleben, Statt wie der Schmetterling die Blüte zu beschweben.
8.
An alter Poeſie verbluͤhten Blumenbeeten Die ſilbenſtechenden Ausleger der Poeten
Erwecken mir halb kuͤhl im Buſen und halb ſchwuͤl Aus Stolz und Trauer ein gemiſchtes Mitgefuͤhl:
Stolz, daß ein leichtes Wort zu ſolchen Ehren kam, Und Trauer, daß die Luſt der Welt ſolch Ende nahm;
Daß dieſe Blumen, die mit Duft und Glanze neu Einſt Herzen labten, nun ſind ſolcher Ochſen Heu.
Auf, Lieder, laßt uns friſch der friſchen Welt gefallen, Eh wir verdorrt zum Raub dem duͤrren Vieh heimfallen.
9.
Des Schrifterklaͤrers Fluch iſt Alles zu erklaͤren, Alsob am Himmel nicht auch Nebelſterne waͤren;
An einem Blatt im Buch, der Raupe gleich, zu kleben, Statt wie der Schmetterling die Bluͤte zu beſchweben.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0245"n="235"/><divn="2"><head>8.</head><lb/><lgtype="poem"><l/><lgn="1"><l>An alter Poeſie verbluͤhten Blumenbeeten</l><lb/><l>Die ſilbenſtechenden Ausleger der Poeten</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Erwecken mir halb kuͤhl im Buſen und halb ſchwuͤl</l><lb/><l>Aus Stolz und Trauer ein gemiſchtes Mitgefuͤhl:</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Stolz, daß ein leichtes Wort zu ſolchen Ehren kam,</l><lb/><l>Und Trauer, daß die Luſt der Welt ſolch Ende nahm;</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Daß dieſe Blumen, die mit Duft und Glanze neu</l><lb/><l>Einſt Herzen labten, nun ſind ſolcher Ochſen Heu.</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Auf, Lieder, laßt uns friſch der friſchen Welt gefallen,</l><lb/><l>Eh wir verdorrt zum Raub dem duͤrren Vieh heimfallen.</l></lg><lb/><l/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>9.</head><lb/><lgtype="poem"><l/><lgn="1"><l>Des Schrifterklaͤrers Fluch iſt Alles zu erklaͤren,</l><lb/><l>Alsob am Himmel nicht auch Nebelſterne waͤren;</l></lg><lb/><lgn="2"><l>An einem Blatt im Buch, der Raupe gleich, zu kleben,</l><lb/><l>Statt wie der Schmetterling die Bluͤte zu beſchweben.</l></lg><lb/><l></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[235/0245]
8.
An alter Poeſie verbluͤhten Blumenbeeten
Die ſilbenſtechenden Ausleger der Poeten
Erwecken mir halb kuͤhl im Buſen und halb ſchwuͤl
Aus Stolz und Trauer ein gemiſchtes Mitgefuͤhl:
Stolz, daß ein leichtes Wort zu ſolchen Ehren kam,
Und Trauer, daß die Luſt der Welt ſolch Ende nahm;
Daß dieſe Blumen, die mit Duft und Glanze neu
Einſt Herzen labten, nun ſind ſolcher Ochſen Heu.
Auf, Lieder, laßt uns friſch der friſchen Welt gefallen,
Eh wir verdorrt zum Raub dem duͤrren Vieh heimfallen.
9.
Des Schrifterklaͤrers Fluch iſt Alles zu erklaͤren,
Alsob am Himmel nicht auch Nebelſterne waͤren;
An einem Blatt im Buch, der Raupe gleich, zu kleben,
Statt wie der Schmetterling die Bluͤte zu beſchweben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/245>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.