Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
7.
Der Dichter, der nur ist ein Dichter, ist ein Kind
In dieser Zeit, da wir gereift zu Männern sind.
Kind bleiben, ist nicht schlimm, nicht schlimm es wieder werden,
Nur schlimm sind kindische statt kindlicher Geberden.
Was aber seid denn ihr, die ihr so männlich thut,
So grämlich ernst aufs Spiel herabzusehn geruht?
Ihr glaubet euch gereift, und seid doch nur verblüht,
Vom Froste nur bereift, anstatt vom Thau besprüht.
Was wär' ein rechter Mann? der mit dem Kern sich nährte
Der ganzen Wissenschaft, und den zu Kunst verklärte;
Der machte ganz die Welt -- Bruchstücke mein' ich nicht --
Zu einem reizenden und lehrenden Gedicht.

7.
Der Dichter, der nur iſt ein Dichter, iſt ein Kind
In dieſer Zeit, da wir gereift zu Maͤnnern ſind.
Kind bleiben, iſt nicht ſchlimm, nicht ſchlimm es wieder werden,
Nur ſchlimm ſind kindiſche ſtatt kindlicher Geberden.
Was aber ſeid denn ihr, die ihr ſo maͤnnlich thut,
So graͤmlich ernſt aufs Spiel herabzuſehn geruht?
Ihr glaubet euch gereift, und ſeid doch nur verbluͤht,
Vom Froſte nur bereift, anſtatt vom Thau beſpruͤht.
Was waͤr' ein rechter Mann? der mit dem Kern ſich naͤhrte
Der ganzen Wiſſenſchaft, und den zu Kunſt verklaͤrte;
Der machte ganz die Welt — Bruchſtuͤcke mein' ich nicht —
Zu einem reizenden und lehrenden Gedicht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0244" n="234"/>
        <div n="2">
          <head>7.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Der Dichter, der nur i&#x017F;t ein Dichter, i&#x017F;t ein Kind</l><lb/>
              <l>In die&#x017F;er Zeit, da wir gereift zu Ma&#x0364;nnern &#x017F;ind.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Kind bleiben, i&#x017F;t nicht &#x017F;chlimm, nicht &#x017F;chlimm es wieder werden,</l><lb/>
              <l>Nur &#x017F;chlimm &#x017F;ind kindi&#x017F;che &#x017F;tatt kindlicher Geberden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Was aber &#x017F;eid denn ihr, die ihr &#x017F;o ma&#x0364;nnlich thut,</l><lb/>
              <l>So gra&#x0364;mlich ern&#x017F;t aufs Spiel herabzu&#x017F;ehn geruht?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ihr glaubet euch gereift, und &#x017F;eid doch nur verblu&#x0364;ht,</l><lb/>
              <l>Vom Fro&#x017F;te nur bereift, an&#x017F;tatt vom Thau be&#x017F;pru&#x0364;ht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Was wa&#x0364;r' ein rechter Mann? der mit dem Kern &#x017F;ich na&#x0364;hrte</l><lb/>
              <l>Der ganzen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, und den zu Kun&#x017F;t verkla&#x0364;rte;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Der machte ganz die Welt &#x2014; Bruch&#x017F;tu&#x0364;cke mein' ich nicht &#x2014;</l><lb/>
              <l>Zu einem reizenden und lehrenden Gedicht.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0244] 7. Der Dichter, der nur iſt ein Dichter, iſt ein Kind In dieſer Zeit, da wir gereift zu Maͤnnern ſind. Kind bleiben, iſt nicht ſchlimm, nicht ſchlimm es wieder werden, Nur ſchlimm ſind kindiſche ſtatt kindlicher Geberden. Was aber ſeid denn ihr, die ihr ſo maͤnnlich thut, So graͤmlich ernſt aufs Spiel herabzuſehn geruht? Ihr glaubet euch gereift, und ſeid doch nur verbluͤht, Vom Froſte nur bereift, anſtatt vom Thau beſpruͤht. Was waͤr' ein rechter Mann? der mit dem Kern ſich naͤhrte Der ganzen Wiſſenſchaft, und den zu Kunſt verklaͤrte; Der machte ganz die Welt — Bruchſtuͤcke mein' ich nicht — Zu einem reizenden und lehrenden Gedicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/244
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/244>, abgerufen am 21.11.2024.