Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
25.
Die Fehler, die an dir du selbst nicht sehen kannst,
Siehst du an andern. Weißt, was du daran gewannst?
Nicht bessern kannst du sie an andern, doch villeicht
An dir; das ist der Dienst, den dir ein Spiegel reicht.
Der Spiegel dient, dir selbst die Flecken zu entdecken;
Am Spiegel wische nicht, an dir wisch' ab die Flecken!

26.
Dein freier Will', o Mensch, soll dein nicht seyn und eigen;
Denn in der Eigenheit will sich Unfreiheit zeigen.
An der Uneigenheit ist Freiheit zu erkennen;
Was frei in Wahrheit ist, darf keiner eigen nennen.
Von allem, was sich rühmt der Freiheit, ist auf Erden
So frei nichts, als, o Mensch, dein Wille frei soll werden.
25.
Die Fehler, die an dir du ſelbſt nicht ſehen kannſt,
Siehſt du an andern. Weißt, was du daran gewannſt?
Nicht beſſern kannſt du ſie an andern, doch villeicht
An dir; das iſt der Dienſt, den dir ein Spiegel reicht.
Der Spiegel dient, dir ſelbſt die Flecken zu entdecken;
Am Spiegel wiſche nicht, an dir wiſch' ab die Flecken!

26.
Dein freier Will', o Menſch, ſoll dein nicht ſeyn und eigen;
Denn in der Eigenheit will ſich Unfreiheit zeigen.
An der Uneigenheit iſt Freiheit zu erkennen;
Was frei in Wahrheit iſt, darf keiner eigen nennen.
Von allem, was ſich ruͤhmt der Freiheit, iſt auf Erden
So frei nichts, als, o Menſch, dein Wille frei ſoll werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0202" n="192"/>
        <div n="2">
          <head>25.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Die Fehler, die an dir du &#x017F;elb&#x017F;t nicht &#x017F;ehen kann&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Sieh&#x017F;t du an andern. Weißt, was du daran gewann&#x017F;t?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nicht be&#x017F;&#x017F;ern kann&#x017F;t du &#x017F;ie an andern, doch villeicht</l><lb/>
              <l>An dir; das i&#x017F;t der Dien&#x017F;t, den dir ein Spiegel reicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der Spiegel dient, dir &#x017F;elb&#x017F;t die Flecken zu entdecken;</l><lb/>
              <l>Am Spiegel wi&#x017F;che nicht, an dir wi&#x017F;ch' ab die Flecken!</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>26.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Dein freier Will', o Men&#x017F;ch, &#x017F;oll dein nicht &#x017F;eyn und eigen;</l><lb/>
              <l>Denn in der Eigenheit will &#x017F;ich Unfreiheit zeigen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>An der Uneigenheit i&#x017F;t Freiheit zu erkennen;</l><lb/>
              <l>Was frei in Wahrheit i&#x017F;t, darf keiner eigen nennen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Von allem, was &#x017F;ich ru&#x0364;hmt der Freiheit, i&#x017F;t auf Erden</l><lb/>
              <l>So frei nichts, als, o Men&#x017F;ch, dein Wille frei &#x017F;oll werden.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0202] 25. Die Fehler, die an dir du ſelbſt nicht ſehen kannſt, Siehſt du an andern. Weißt, was du daran gewannſt? Nicht beſſern kannſt du ſie an andern, doch villeicht An dir; das iſt der Dienſt, den dir ein Spiegel reicht. Der Spiegel dient, dir ſelbſt die Flecken zu entdecken; Am Spiegel wiſche nicht, an dir wiſch' ab die Flecken! 26. Dein freier Will', o Menſch, ſoll dein nicht ſeyn und eigen; Denn in der Eigenheit will ſich Unfreiheit zeigen. An der Uneigenheit iſt Freiheit zu erkennen; Was frei in Wahrheit iſt, darf keiner eigen nennen. Von allem, was ſich ruͤhmt der Freiheit, iſt auf Erden So frei nichts, als, o Menſch, dein Wille frei ſoll werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/202
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/202>, abgerufen am 21.11.2024.