Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Auch sage nicht: was hilfts daß ich ihm helf' empor? Er liegt im Augenblick so elend wie zuvor. Erlieg' im Augenblick er wieder dem Geschick, Aufhalfest du ihm doch für einen Augenblick! 24. Wenn du den Blinden siehst, den armen Mann, den kranken, Nach dürft'ger Gab' umher an seinem Stabe wanken; Bedachtest du dabei, womit du das, o Kind, Verdienst, daß du nicht auch bist arm und krank und blind? Nicht dein Verdienst ist das, erkenne Gottes Gnaden, Und klage nicht, daß du bist anders auch beladen. Wie könntest du vor Scham ganz sorglos aufrecht stehn, Und sähest so in Staub gebückt den Bruder gehn! Auch ſage nicht: was hilfts daß ich ihm helf' empor? Er liegt im Augenblick ſo elend wie zuvor. Erlieg' im Augenblick er wieder dem Geſchick, Aufhalfeſt du ihm doch fuͤr einen Augenblick! 24. Wenn du den Blinden ſiehſt, den armen Mann, den kranken, Nach duͤrft'ger Gab' umher an ſeinem Stabe wanken; Bedachteſt du dabei, womit du das, o Kind, Verdienſt, daß du nicht auch biſt arm und krank und blind? Nicht dein Verdienſt iſt das, erkenne Gottes Gnaden, Und klage nicht, daß du biſt anders auch beladen. Wie koͤnnteſt du vor Scham ganz ſorglos aufrecht ſtehn, Und ſaͤheſt ſo in Staub gebuͤckt den Bruder gehn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0201" n="191"/> </l> <lg n="4"> <l>Auch ſage nicht: was hilfts daß ich ihm helf' empor?</l><lb/> <l>Er liegt im Augenblick ſo elend wie zuvor.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Erlieg' im Augenblick er wieder dem Geſchick,</l><lb/> <l>Aufhalfeſt du ihm doch fuͤr einen Augenblick!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>24.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Wenn du den Blinden ſiehſt, den armen Mann, den kranken,</l><lb/> <l>Nach duͤrft'ger Gab' umher an ſeinem Stabe wanken;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Bedachteſt du dabei, womit du das, o Kind,</l><lb/> <l>Verdienſt, daß du nicht auch biſt arm und krank und blind?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nicht dein Verdienſt iſt das, erkenne Gottes Gnaden,</l><lb/> <l>Und klage nicht, daß du biſt anders auch beladen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie koͤnnteſt du vor Scham ganz ſorglos aufrecht ſtehn,</l><lb/> <l>Und ſaͤheſt ſo in Staub gebuͤckt den Bruder gehn!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
Auch ſage nicht: was hilfts daß ich ihm helf' empor?
Er liegt im Augenblick ſo elend wie zuvor.
Erlieg' im Augenblick er wieder dem Geſchick,
Aufhalfeſt du ihm doch fuͤr einen Augenblick!
24.
Wenn du den Blinden ſiehſt, den armen Mann, den kranken,
Nach duͤrft'ger Gab' umher an ſeinem Stabe wanken;
Bedachteſt du dabei, womit du das, o Kind,
Verdienſt, daß du nicht auch biſt arm und krank und blind?
Nicht dein Verdienſt iſt das, erkenne Gottes Gnaden,
Und klage nicht, daß du biſt anders auch beladen.
Wie koͤnnteſt du vor Scham ganz ſorglos aufrecht ſtehn,
Und ſaͤheſt ſo in Staub gebuͤckt den Bruder gehn!
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