Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
72.
Die Welt ist schön, die Welt ist gut, gesehn als Ganzes,
Der Schöpfung Frühlingspracht, das Heer des Sternentanzes.
Die Welt ist schön, ist gut, gesehn im einzelst Kleinen;
Ein jedes Tröpfchen Thau kann Gottes Spiegel scheinen.
Nur wo du Einzelnes auf Einzelnes beziehst,
O wie vor lauter Streit du nicht den Frieden siehst!
Der Frieden ist im Kreis, im Mittelpunkt ist er,
Drum ist er überall, doch ihn zu sehn ist schwer.
Es ist die Eintracht, die sich aus der Zwietracht baut,
Wo mancher, vom Gerüst verwirrt, den Plan nicht schaut.
Drum denke, was dich stört, daß dich ein Schein bethört,
Und was du nicht begreifst, gewiß zum Plan gehört.
Such' erst in dir den Streit zum Frieden auszugleichen,
Versöhnend dann soweit du kannst umherzureichen.
Und wo die Kraft nicht reicht, da halte dich ans Ganze;
Im ew'gen Liebesbund steht mit dir Stern und Pflanze.
72.
Die Welt iſt ſchoͤn, die Welt iſt gut, geſehn als Ganzes,
Der Schoͤpfung Fruͤhlingspracht, das Heer des Sternentanzes.
Die Welt iſt ſchoͤn, iſt gut, geſehn im einzelſt Kleinen;
Ein jedes Troͤpfchen Thau kann Gottes Spiegel ſcheinen.
Nur wo du Einzelnes auf Einzelnes beziehſt,
O wie vor lauter Streit du nicht den Frieden ſiehſt!
Der Frieden iſt im Kreis, im Mittelpunkt iſt er,
Drum iſt er uͤberall, doch ihn zu ſehn iſt ſchwer.
Es iſt die Eintracht, die ſich aus der Zwietracht baut,
Wo mancher, vom Geruͤſt verwirrt, den Plan nicht ſchaut.
Drum denke, was dich ſtoͤrt, daß dich ein Schein bethoͤrt,
Und was du nicht begreifſt, gewiß zum Plan gehoͤrt.
Such' erſt in dir den Streit zum Frieden auszugleichen,
Verſoͤhnend dann ſoweit du kannſt umherzureichen.
Und wo die Kraft nicht reicht, da halte dich ans Ganze;
Im ew'gen Liebesbund ſteht mit dir Stern und Pflanze.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0165" n="155"/>
        <div n="2">
          <head>72.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Die Welt i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n, die Welt i&#x017F;t gut, ge&#x017F;ehn als Ganzes,</l><lb/>
              <l>Der Scho&#x0364;pfung Fru&#x0364;hlingspracht, das Heer des Sternentanzes.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Welt i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n, i&#x017F;t gut, ge&#x017F;ehn im einzel&#x017F;t Kleinen;</l><lb/>
              <l>Ein jedes Tro&#x0364;pfchen Thau kann Gottes Spiegel &#x017F;cheinen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nur wo du Einzelnes auf Einzelnes bezieh&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>O wie vor lauter Streit du nicht den Frieden &#x017F;ieh&#x017F;t!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Frieden i&#x017F;t im Kreis, im Mittelpunkt i&#x017F;t er,</l><lb/>
              <l>Drum i&#x017F;t er u&#x0364;berall, doch ihn zu &#x017F;ehn i&#x017F;t &#x017F;chwer.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Es i&#x017F;t die Eintracht, die &#x017F;ich aus der Zwietracht baut,</l><lb/>
              <l>Wo mancher, vom Geru&#x0364;&#x017F;t verwirrt, den Plan nicht &#x017F;chaut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Drum denke, was dich &#x017F;to&#x0364;rt, daß dich ein Schein betho&#x0364;rt,</l><lb/>
              <l>Und was du nicht begreif&#x017F;t, gewiß zum Plan geho&#x0364;rt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Such' er&#x017F;t in dir den Streit zum Frieden auszugleichen,</l><lb/>
              <l>Ver&#x017F;o&#x0364;hnend dann &#x017F;oweit du kann&#x017F;t umherzureichen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und wo die Kraft nicht reicht, da halte dich ans Ganze;</l><lb/>
              <l>Im ew'gen Liebesbund &#x017F;teht mit dir Stern und Pflanze.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0165] 72. Die Welt iſt ſchoͤn, die Welt iſt gut, geſehn als Ganzes, Der Schoͤpfung Fruͤhlingspracht, das Heer des Sternentanzes. Die Welt iſt ſchoͤn, iſt gut, geſehn im einzelſt Kleinen; Ein jedes Troͤpfchen Thau kann Gottes Spiegel ſcheinen. Nur wo du Einzelnes auf Einzelnes beziehſt, O wie vor lauter Streit du nicht den Frieden ſiehſt! Der Frieden iſt im Kreis, im Mittelpunkt iſt er, Drum iſt er uͤberall, doch ihn zu ſehn iſt ſchwer. Es iſt die Eintracht, die ſich aus der Zwietracht baut, Wo mancher, vom Geruͤſt verwirrt, den Plan nicht ſchaut. Drum denke, was dich ſtoͤrt, daß dich ein Schein bethoͤrt, Und was du nicht begreifſt, gewiß zum Plan gehoͤrt. Such' erſt in dir den Streit zum Frieden auszugleichen, Verſoͤhnend dann ſoweit du kannſt umherzureichen. Und wo die Kraft nicht reicht, da halte dich ans Ganze; Im ew'gen Liebesbund ſteht mit dir Stern und Pflanze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/165
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/165>, abgerufen am 21.12.2024.