Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.So hat der Filosof mich und sich selbst vergessen, Als nach Bewegung er und Stoff die Welt gemessen. Die Unruh fehlt der Uhr, die in mir selbst nie stille Noch in der Schöpfung steht, der ew'ge Schöpferwille. 36. Ich bitte, wollet mir nur Seel' und Leib nicht scheiden; Vertragen lasset sich, sogut es geht, die beiden. Ich bitte, macht nicht weiß dem eingebildten Ding, Der Seel', es sei der Leib für sie viel zu gering. Setzt ihr nicht in den Kopf, daß gut nur sei das Gute, Das sie vollbringt, und nicht auch etwas lieg' im Blute. Bringt ihr den Wahn nicht bei, daß ihrem Adel sei Nichts angemessen als zu werden Leibes frei. Beweiset ihr vielmehr, daß ihr nicht minder noth Der Leib ist als sie ihm, und Gott es so gebot. Macht ihr begreiflich, daß sie selber haben muß,
Wenn sie nicht lahm will seyn, zum Handeln Hand und Fuß. So hat der Filoſof mich und ſich ſelbſt vergeſſen, Als nach Bewegung er und Stoff die Welt gemeſſen. Die Unruh fehlt der Uhr, die in mir ſelbſt nie ſtille Noch in der Schoͤpfung ſteht, der ew'ge Schoͤpferwille. 36. Ich bitte, wollet mir nur Seel' und Leib nicht ſcheiden; Vertragen laſſet ſich, ſogut es geht, die beiden. Ich bitte, macht nicht weiß dem eingebildten Ding, Der Seel', es ſei der Leib fuͤr ſie viel zu gering. Setzt ihr nicht in den Kopf, daß gut nur ſei das Gute, Das ſie vollbringt, und nicht auch etwas lieg' im Blute. Bringt ihr den Wahn nicht bei, daß ihrem Adel ſei Nichts angemeſſen als zu werden Leibes frei. Beweiſet ihr vielmehr, daß ihr nicht minder noth Der Leib iſt als ſie ihm, und Gott es ſo gebot. Macht ihr begreiflich, daß ſie ſelber haben muß,
Wenn ſie nicht lahm will ſeyn, zum Handeln Hand und Fuß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0140" n="130"/> </l> <lg n="8"> <l>So hat der Filoſof mich und ſich ſelbſt vergeſſen,</l><lb/> <l>Als nach Bewegung er und Stoff die Welt gemeſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Die Unruh fehlt der Uhr, die in mir ſelbſt nie ſtille</l><lb/> <l>Noch in der Schoͤpfung ſteht, der ew'ge Schoͤpferwille.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>36.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Ich bitte, wollet mir nur Seel' und Leib nicht ſcheiden;</l><lb/> <l>Vertragen laſſet ſich, ſogut es geht, die beiden.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ich bitte, macht nicht weiß dem eingebildten Ding,</l><lb/> <l>Der Seel', es ſei der Leib fuͤr ſie viel zu gering.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Setzt ihr nicht in den Kopf, daß gut nur ſei das Gute,</l><lb/> <l>Das ſie vollbringt, und nicht auch etwas lieg' im Blute.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bringt ihr den Wahn nicht bei, daß ihrem Adel ſei</l><lb/> <l>Nichts angemeſſen als zu werden Leibes frei.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Beweiſet ihr vielmehr, daß ihr nicht minder noth</l><lb/> <l>Der Leib iſt als ſie ihm, und Gott es ſo gebot.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Macht ihr begreiflich, daß ſie ſelber haben muß,</l><lb/> <l>Wenn ſie nicht lahm will ſeyn, zum Handeln Hand und Fuß.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
So hat der Filoſof mich und ſich ſelbſt vergeſſen,
Als nach Bewegung er und Stoff die Welt gemeſſen.
Die Unruh fehlt der Uhr, die in mir ſelbſt nie ſtille
Noch in der Schoͤpfung ſteht, der ew'ge Schoͤpferwille.
36.
Ich bitte, wollet mir nur Seel' und Leib nicht ſcheiden;
Vertragen laſſet ſich, ſogut es geht, die beiden.
Ich bitte, macht nicht weiß dem eingebildten Ding,
Der Seel', es ſei der Leib fuͤr ſie viel zu gering.
Setzt ihr nicht in den Kopf, daß gut nur ſei das Gute,
Das ſie vollbringt, und nicht auch etwas lieg' im Blute.
Bringt ihr den Wahn nicht bei, daß ihrem Adel ſei
Nichts angemeſſen als zu werden Leibes frei.
Beweiſet ihr vielmehr, daß ihr nicht minder noth
Der Leib iſt als ſie ihm, und Gott es ſo gebot.
Macht ihr begreiflich, daß ſie ſelber haben muß,
Wenn ſie nicht lahm will ſeyn, zum Handeln Hand und Fuß.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |