Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
35.
So sprach der Filosof: Gebt Stoff mir und Bewegung;
Genug ist beides mir zu einer Welt Anlegung.
Stoff und Bewegung ist gegeben, nimm sie nur!
Was hast du angelegt? ach eine große Uhr.
Und sei es eine Uhr mit stets gespannter Feder,
An der auch nie im Lauf sich laufen ab die Räder,
Und sei es eine Uhr, die selbst, indem sie geht,
Sich aufzieht, richtet ein, und auf sich selber steht;
An der mit Flötenton beim Stundenschlag hervor
Tritt bunter Bildertanz, und wieder ab im Chor:
So fühl' ich selber doch kein Bild mich, keine Glocke;
Und was verschlüg' es mir, ob dieses Schlagwerk stocke?
Ich fühle mich kein Rad im blinden Radgetriebe,
Und unterbringen kann ich nirgends meine Liebe.
35.
So ſprach der Filoſof: Gebt Stoff mir und Bewegung;
Genug iſt beides mir zu einer Welt Anlegung.
Stoff und Bewegung iſt gegeben, nimm ſie nur!
Was haſt du angelegt? ach eine große Uhr.
Und ſei es eine Uhr mit ſtets geſpannter Feder,
An der auch nie im Lauf ſich laufen ab die Raͤder,
Und ſei es eine Uhr, die ſelbſt, indem ſie geht,
Sich aufzieht, richtet ein, und auf ſich ſelber ſteht;
An der mit Floͤtenton beim Stundenſchlag hervor
Tritt bunter Bildertanz, und wieder ab im Chor:
So fuͤhl' ich ſelber doch kein Bild mich, keine Glocke;
Und was verſchluͤg' es mir, ob dieſes Schlagwerk ſtocke?
Ich fuͤhle mich kein Rad im blinden Radgetriebe,
Und unterbringen kann ich nirgends meine Liebe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0139" n="129"/>
        <div n="2">
          <head>35.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>So &#x017F;prach der Filo&#x017F;of: Gebt Stoff mir und Bewegung;</l><lb/>
              <l>Genug i&#x017F;t beides mir zu einer Welt Anlegung.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Stoff und Bewegung i&#x017F;t gegeben, nimm &#x017F;ie nur!</l><lb/>
              <l>Was ha&#x017F;t du angelegt? ach eine große Uhr.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Und &#x017F;ei es eine Uhr mit &#x017F;tets ge&#x017F;pannter Feder,</l><lb/>
              <l>An der auch nie im Lauf &#x017F;ich laufen ab die Ra&#x0364;der,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und &#x017F;ei es eine Uhr, die &#x017F;elb&#x017F;t, indem &#x017F;ie geht,</l><lb/>
              <l>Sich aufzieht, richtet ein, und auf &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;teht;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>An der mit Flo&#x0364;tenton beim Stunden&#x017F;chlag hervor</l><lb/>
              <l>Tritt bunter Bildertanz, und wieder ab im Chor:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>So fu&#x0364;hl' ich &#x017F;elber doch kein Bild mich, keine Glocke;</l><lb/>
              <l>Und was ver&#x017F;chlu&#x0364;g' es mir, ob die&#x017F;es Schlagwerk &#x017F;tocke?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ich fu&#x0364;hle mich kein Rad im blinden Radgetriebe,</l><lb/>
              <l>Und unterbringen kann ich nirgends meine Liebe.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0139] 35. So ſprach der Filoſof: Gebt Stoff mir und Bewegung; Genug iſt beides mir zu einer Welt Anlegung. Stoff und Bewegung iſt gegeben, nimm ſie nur! Was haſt du angelegt? ach eine große Uhr. Und ſei es eine Uhr mit ſtets geſpannter Feder, An der auch nie im Lauf ſich laufen ab die Raͤder, Und ſei es eine Uhr, die ſelbſt, indem ſie geht, Sich aufzieht, richtet ein, und auf ſich ſelber ſteht; An der mit Floͤtenton beim Stundenſchlag hervor Tritt bunter Bildertanz, und wieder ab im Chor: So fuͤhl' ich ſelber doch kein Bild mich, keine Glocke; Und was verſchluͤg' es mir, ob dieſes Schlagwerk ſtocke? Ich fuͤhle mich kein Rad im blinden Radgetriebe, Und unterbringen kann ich nirgends meine Liebe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/139
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/139>, abgerufen am 21.12.2024.