Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.70. Des Kunstwerks Kunst ist nur fürs Künstlerauge da, Unsichtbar aber ist sie auch dem Laien nah, Die so für ihn den Reiz des Gegenstands verstärkt, Daß er den Zauber auch, ohn' ihn zu kennen, merkt. 71. Des Menschen Glaube prägt in seinem Thun sich aus, Formt seine Züg' und blickt ihm zu dem Aug' heraus. Sein Glaub' ist es der ihn aufrichtet oder bückt, Zum Himmel ihn erhebt, zum Boden niederdrückt. 72. Bist du im fremden Land, so mußt du dich bequemen Der Landesart, doch brauchst du sie nicht anzunehmen. Und in der Heimat sei einst dieses dein Gewinn: Trag Andrer Sinnesart, und bleib bei deinem Sinn. 70. Des Kunſtwerks Kunſt iſt nur fuͤrs Kuͤnſtlerauge da, Unſichtbar aber iſt ſie auch dem Laien nah, Die ſo fuͤr ihn den Reiz des Gegenſtands verſtaͤrkt, Daß er den Zauber auch, ohn' ihn zu kennen, merkt. 71. Des Menſchen Glaube praͤgt in ſeinem Thun ſich aus, Formt ſeine Zuͤg' und blickt ihm zu dem Aug' heraus. Sein Glaub' iſt es der ihn aufrichtet oder buͤckt, Zum Himmel ihn erhebt, zum Boden niederdruͤckt. 72. Biſt du im fremden Land, ſo mußt du dich bequemen Der Landesart, doch brauchſt du ſie nicht anzunehmen. Und in der Heimat ſei einſt dieſes dein Gewinn: Trag Andrer Sinnesart, und bleib bei deinem Sinn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0355" n="345"/> <div n="2"> <head>70.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Des Kunſtwerks Kunſt iſt nur fuͤrs Kuͤnſtlerauge da,</l><lb/> <l>Unſichtbar aber iſt ſie auch dem Laien nah,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die ſo fuͤr ihn den Reiz des Gegenſtands verſtaͤrkt,</l><lb/> <l>Daß er den Zauber auch, ohn' ihn zu kennen, merkt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>71.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Des Menſchen Glaube praͤgt in ſeinem Thun ſich aus,</l><lb/> <l>Formt ſeine Zuͤg' und blickt ihm zu dem Aug' heraus.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sein Glaub' iſt es der ihn aufrichtet oder buͤckt,</l><lb/> <l>Zum Himmel ihn erhebt, zum Boden niederdruͤckt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>72.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Biſt du im fremden Land, ſo mußt du dich bequemen</l><lb/> <l>Der Landesart, doch brauchſt du ſie nicht anzunehmen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und in der Heimat ſei einſt dieſes dein Gewinn:</l><lb/> <l>Trag Andrer Sinnesart, und bleib bei deinem Sinn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [345/0355]
70.
Des Kunſtwerks Kunſt iſt nur fuͤrs Kuͤnſtlerauge da,
Unſichtbar aber iſt ſie auch dem Laien nah,
Die ſo fuͤr ihn den Reiz des Gegenſtands verſtaͤrkt,
Daß er den Zauber auch, ohn' ihn zu kennen, merkt.
71.
Des Menſchen Glaube praͤgt in ſeinem Thun ſich aus,
Formt ſeine Zuͤg' und blickt ihm zu dem Aug' heraus.
Sein Glaub' iſt es der ihn aufrichtet oder buͤckt,
Zum Himmel ihn erhebt, zum Boden niederdruͤckt.
72.
Biſt du im fremden Land, ſo mußt du dich bequemen
Der Landesart, doch brauchſt du ſie nicht anzunehmen.
Und in der Heimat ſei einſt dieſes dein Gewinn:
Trag Andrer Sinnesart, und bleib bei deinem Sinn.
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