Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
82.
Was gut ist und was schlecht, ist schwer nicht zu entscheiden;
Doch unentschieden schwankt viel andres zwischen beiden.
Das Gute zieht mich an, das Schlechte widerwärtig
Stößt schnell mich ab, und leicht bin ich mit beiden fertig.
Das Zweifelhafte nur macht langes Kopfzerbrechen,
Bis man zu Stande kommt ein Urtheil ihm zu sprechen,
Das ich nach meinem Recht am Ende so entscheide:
Was weder gut noch schlecht, ist schlechter mir als beide.

83.
Der du im Lichte bist, und bist in mir das Licht,
Ich nehme was du gibst, und andres will ich nicht.
Du gabest mir den Drang, so klar dein Lob zu sagen,
Als Mund und Ohr von mir und Welt es konnt' ertragen.
Du gabest mir die Kunst, nicht schöner uns zu lügen,
Als, Welt und ich, wir sind, doch schöner uns zu fügen.
82.
Was gut iſt und was ſchlecht, iſt ſchwer nicht zu entſcheiden;
Doch unentſchieden ſchwankt viel andres zwiſchen beiden.
Das Gute zieht mich an, das Schlechte widerwaͤrtig
Stoͤßt ſchnell mich ab, und leicht bin ich mit beiden fertig.
Das Zweifelhafte nur macht langes Kopfzerbrechen,
Bis man zu Stande kommt ein Urtheil ihm zu ſprechen,
Das ich nach meinem Recht am Ende ſo entſcheide:
Was weder gut noch ſchlecht, iſt ſchlechter mir als beide.

83.
Der du im Lichte biſt, und biſt in mir das Licht,
Ich nehme was du gibſt, und andres will ich nicht.
Du gabeſt mir den Drang, ſo klar dein Lob zu ſagen,
Als Mund und Ohr von mir und Welt es konnt' ertragen.
Du gabeſt mir die Kunſt, nicht ſchoͤner uns zu luͤgen,
Als, Welt und ich, wir ſind, doch ſchoͤner uns zu fuͤgen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0189" n="179"/>
        <div n="2">
          <head>82.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Was gut i&#x017F;t und was &#x017F;chlecht, i&#x017F;t &#x017F;chwer nicht zu ent&#x017F;cheiden;</l><lb/>
              <l>Doch unent&#x017F;chieden &#x017F;chwankt viel andres zwi&#x017F;chen beiden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Das Gute zieht mich an, das Schlechte widerwa&#x0364;rtig</l><lb/>
              <l>Sto&#x0364;ßt &#x017F;chnell mich ab, und leicht bin ich mit beiden fertig.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Das Zweifelhafte nur macht langes Kopfzerbrechen,</l><lb/>
              <l>Bis man zu Stande kommt ein Urtheil ihm zu &#x017F;prechen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Das ich nach meinem Recht am Ende &#x017F;o ent&#x017F;cheide:</l><lb/>
              <l>Was weder gut noch &#x017F;chlecht, i&#x017F;t &#x017F;chlechter mir als beide.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>83.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der du im Lichte bi&#x017F;t, und bi&#x017F;t in mir das Licht,</l><lb/>
              <l>Ich nehme was du gib&#x017F;t, und andres will ich nicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Du gabe&#x017F;t mir den Drang, &#x017F;o klar dein Lob zu &#x017F;agen,</l><lb/>
              <l>Als Mund und Ohr von mir und Welt es konnt' ertragen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du gabe&#x017F;t mir die Kun&#x017F;t, nicht &#x017F;cho&#x0364;ner uns zu lu&#x0364;gen,</l><lb/>
              <l>Als, Welt und ich, wir &#x017F;ind, doch &#x017F;cho&#x0364;ner uns zu fu&#x0364;gen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0189] 82. Was gut iſt und was ſchlecht, iſt ſchwer nicht zu entſcheiden; Doch unentſchieden ſchwankt viel andres zwiſchen beiden. Das Gute zieht mich an, das Schlechte widerwaͤrtig Stoͤßt ſchnell mich ab, und leicht bin ich mit beiden fertig. Das Zweifelhafte nur macht langes Kopfzerbrechen, Bis man zu Stande kommt ein Urtheil ihm zu ſprechen, Das ich nach meinem Recht am Ende ſo entſcheide: Was weder gut noch ſchlecht, iſt ſchlechter mir als beide. 83. Der du im Lichte biſt, und biſt in mir das Licht, Ich nehme was du gibſt, und andres will ich nicht. Du gabeſt mir den Drang, ſo klar dein Lob zu ſagen, Als Mund und Ohr von mir und Welt es konnt' ertragen. Du gabeſt mir die Kunſt, nicht ſchoͤner uns zu luͤgen, Als, Welt und ich, wir ſind, doch ſchoͤner uns zu fuͤgen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/189
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/189>, abgerufen am 21.12.2024.