Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.81. Der Wurzelschößling wächst nach seinem Vaterstamm; Und wie die Mutter thut, geberdet sich das Lamm. Fest von der Schöpfung Band ist das Geschöpf umwoben, Doch in die Schranken kommt des Menschen Geist von oben. Zum Himmel wendet ihn das Vorbild edler Väter; Doch kriechen sie am Staub, ihn spornt es doch zum Aether. Denn jede Seele steigt neu von den höchsten Stufen Hernieder, und ist neu zum Höchsten stets berufen. Zum Höchsten kommt sie nicht, solang im Leib sie bleibt, Doch bleibt der Trieb in ihr, der sie zum Höchsten treibt. Wer diesem Triebe folgt, fühlt sich in Einigkeit, Und wer ihn unterdrückt, ist mit sich selbst entzweit. 81. Der Wurzelſchoͤßling waͤchſt nach ſeinem Vaterſtamm; Und wie die Mutter thut, geberdet ſich das Lamm. Feſt von der Schoͤpfung Band iſt das Geſchoͤpf umwoben, Doch in die Schranken kommt des Menſchen Geiſt von oben. Zum Himmel wendet ihn das Vorbild edler Vaͤter; Doch kriechen ſie am Staub, ihn ſpornt es doch zum Aether. Denn jede Seele ſteigt neu von den hoͤchſten Stufen Hernieder, und iſt neu zum Hoͤchſten ſtets berufen. Zum Hoͤchſten kommt ſie nicht, ſolang im Leib ſie bleibt, Doch bleibt der Trieb in ihr, der ſie zum Hoͤchſten treibt. Wer dieſem Triebe folgt, fuͤhlt ſich in Einigkeit, Und wer ihn unterdruͤckt, iſt mit ſich ſelbſt entzweit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0188" n="178"/> <div n="2"> <head>81.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Wurzelſchoͤßling waͤchſt nach ſeinem Vaterſtamm;</l><lb/> <l>Und wie die Mutter thut, geberdet ſich das Lamm.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Feſt von der Schoͤpfung Band iſt das Geſchoͤpf umwoben,</l><lb/> <l>Doch in die Schranken kommt des Menſchen Geiſt von oben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Zum Himmel wendet ihn das Vorbild edler Vaͤter;</l><lb/> <l>Doch kriechen ſie am Staub, ihn ſpornt es doch zum Aether.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Denn jede Seele ſteigt neu von den hoͤchſten Stufen</l><lb/> <l>Hernieder, und iſt neu zum Hoͤchſten ſtets berufen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Zum Hoͤchſten kommt ſie nicht, ſolang im Leib ſie bleibt,</l><lb/> <l>Doch bleibt der Trieb in ihr, der ſie zum Hoͤchſten treibt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wer dieſem Triebe folgt, fuͤhlt ſich in Einigkeit,</l><lb/> <l>Und wer ihn unterdruͤckt, iſt mit ſich ſelbſt entzweit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [178/0188]
81.
Der Wurzelſchoͤßling waͤchſt nach ſeinem Vaterſtamm;
Und wie die Mutter thut, geberdet ſich das Lamm.
Feſt von der Schoͤpfung Band iſt das Geſchoͤpf umwoben,
Doch in die Schranken kommt des Menſchen Geiſt von oben.
Zum Himmel wendet ihn das Vorbild edler Vaͤter;
Doch kriechen ſie am Staub, ihn ſpornt es doch zum Aether.
Denn jede Seele ſteigt neu von den hoͤchſten Stufen
Hernieder, und iſt neu zum Hoͤchſten ſtets berufen.
Zum Hoͤchſten kommt ſie nicht, ſolang im Leib ſie bleibt,
Doch bleibt der Trieb in ihr, der ſie zum Hoͤchſten treibt.
Wer dieſem Triebe folgt, fuͤhlt ſich in Einigkeit,
Und wer ihn unterdruͤckt, iſt mit ſich ſelbſt entzweit.
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