Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.105. Der Bauer hat ein Hun und eine Kuh dazu; Die Schuldigkeit will thun doch weder Hun noch Kuh. Er hofft, ihm soll ein Ei vom Hun ein Mahl bereiten, Und von der Kuh dabei die Milch den Trunk bestreiten. Er hofft, es soll ein Ei ein Küchlein auch gebären, Und daß die Kuh ihm sei bereit ein Kalb zu nähren. Es fressen ihm die zwei umsonst nur Korn und Kräuter; Das Hun frißt selbst sein Ei, die Kuh trinkt selbst ihr Euter. O schlimme Eigenschaft, sich selbst nur zu beachten, Weder Nachkommenschaft noch Haushalt zu betrachten! Was kann im Haus der Bund von Hun und Kuh dir taugen, Die ihre Eier und ihr Euter selbst aussaugen? Drum sollst du in das Haus so Kuh als Henne schlachten, Und neue kaufen aus dem Geld, das sie dir brachten. 105. Der Bauer hat ein Hun und eine Kuh dazu; Die Schuldigkeit will thun doch weder Hun noch Kuh. Er hofft, ihm ſoll ein Ei vom Hun ein Mahl bereiten, Und von der Kuh dabei die Milch den Trunk beſtreiten. Er hofft, es ſoll ein Ei ein Kuͤchlein auch gebaͤren, Und daß die Kuh ihm ſei bereit ein Kalb zu naͤhren. Es freſſen ihm die zwei umſonſt nur Korn und Kraͤuter; Das Hun frißt ſelbſt ſein Ei, die Kuh trinkt ſelbſt ihr Euter. O ſchlimme Eigenſchaft, ſich ſelbſt nur zu beachten, Weder Nachkommenſchaft noch Haushalt zu betrachten! Was kann im Haus der Bund von Hun und Kuh dir taugen, Die ihre Eier und ihr Euter ſelbſt ausſaugen? Drum ſollſt du in das Haus ſo Kuh als Henne ſchlachten, Und neue kaufen aus dem Geld, das ſie dir brachten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0118" n="108"/> <div n="2"> <head>105.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Bauer hat ein Hun und eine Kuh dazu;</l><lb/> <l>Die Schuldigkeit will thun doch weder Hun noch Kuh.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er hofft, ihm ſoll ein Ei vom Hun ein Mahl bereiten,</l><lb/> <l>Und von der Kuh dabei die Milch den Trunk beſtreiten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er hofft, es ſoll ein Ei ein Kuͤchlein auch gebaͤren,</l><lb/> <l>Und daß die Kuh ihm ſei bereit ein Kalb zu naͤhren.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Es freſſen ihm die zwei umſonſt nur Korn und Kraͤuter;</l><lb/> <l>Das Hun frißt ſelbſt ſein Ei, die Kuh trinkt ſelbſt ihr Euter.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>O ſchlimme Eigenſchaft, ſich ſelbſt nur zu beachten,</l><lb/> <l>Weder Nachkommenſchaft noch Haushalt zu betrachten!</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Was kann im Haus der Bund von Hun und Kuh dir taugen,</l><lb/> <l>Die ihre Eier und ihr Euter ſelbſt ausſaugen?</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Drum ſollſt du in das Haus ſo Kuh als Henne ſchlachten,</l><lb/> <l>Und neue kaufen aus dem Geld, das ſie dir brachten.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [108/0118]
105.
Der Bauer hat ein Hun und eine Kuh dazu;
Die Schuldigkeit will thun doch weder Hun noch Kuh.
Er hofft, ihm ſoll ein Ei vom Hun ein Mahl bereiten,
Und von der Kuh dabei die Milch den Trunk beſtreiten.
Er hofft, es ſoll ein Ei ein Kuͤchlein auch gebaͤren,
Und daß die Kuh ihm ſei bereit ein Kalb zu naͤhren.
Es freſſen ihm die zwei umſonſt nur Korn und Kraͤuter;
Das Hun frißt ſelbſt ſein Ei, die Kuh trinkt ſelbſt ihr Euter.
O ſchlimme Eigenſchaft, ſich ſelbſt nur zu beachten,
Weder Nachkommenſchaft noch Haushalt zu betrachten!
Was kann im Haus der Bund von Hun und Kuh dir taugen,
Die ihre Eier und ihr Euter ſelbſt ausſaugen?
Drum ſollſt du in das Haus ſo Kuh als Henne ſchlachten,
Und neue kaufen aus dem Geld, das ſie dir brachten.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/118>, abgerufen am 22.02.2025. |