Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.Dir selbst gefallen gar in den entstellten Mienen, Und werden gleich dem Bild, in dem du dir erschienen? Blick her, o Welt, ich will ein schönres Bild dir zeigen, Und bist du selbst es nicht, so mach' es dir zu eigen. Sieh, daß du heiter seyn, daß du auch lächeln kannst! Und habe lieb das Bild, bis du dich lieb gewannst. Wir wollen dieses Bild von dir der Nachwelt schenken, Und in Vergessenheit die Schreckzerrbilder senken. Wir wollen dieses Bild von dir der Nachwelt schenken, Daß ohne Schaudern sie mög' ihrer Ahnfrau denken. 99. Was wirklich satt dich macht, das wirst du niemals satt, Wie Brot, das immer Reiz für neuen Hunger hat. Dagegen die Gewürz' und alle leckern Sachen, Die wirst du satt so bald, weil sie nie satt dich machen. Dir ſelbſt gefallen gar in den entſtellten Mienen, Und werden gleich dem Bild, in dem du dir erſchienen? Blick her, o Welt, ich will ein ſchoͤnres Bild dir zeigen, Und biſt du ſelbſt es nicht, ſo mach' es dir zu eigen. Sieh, daß du heiter ſeyn, daß du auch laͤcheln kannſt! Und habe lieb das Bild, bis du dich lieb gewannſt. Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken, Und in Vergeſſenheit die Schreckzerrbilder ſenken. Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken, Daß ohne Schaudern ſie moͤg' ihrer Ahnfrau denken. 99. Was wirklich ſatt dich macht, das wirſt du niemals ſatt, Wie Brot, das immer Reiz fuͤr neuen Hunger hat. Dagegen die Gewuͤrz' und alle leckern Sachen, Die wirſt du ſatt ſo bald, weil ſie nie ſatt dich machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0112" n="102"/> <lg n="4"> <l>Dir ſelbſt gefallen gar in den entſtellten Mienen,</l><lb/> <l>Und werden gleich dem Bild, in dem du dir erſchienen?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Blick her, o Welt, ich will ein ſchoͤnres Bild dir zeigen,</l><lb/> <l>Und biſt du ſelbſt es nicht, ſo mach' es dir zu eigen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Sieh, daß du heiter ſeyn, daß du auch laͤcheln kannſt!</l><lb/> <l>Und habe lieb das Bild, bis du dich lieb gewannſt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken,</l><lb/> <l>Und in Vergeſſenheit die Schreckzerrbilder ſenken.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken,</l><lb/> <l>Daß ohne Schaudern ſie moͤg' ihrer Ahnfrau denken.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>99.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was wirklich ſatt dich macht, das wirſt du niemals ſatt,</l><lb/> <l>Wie Brot, das immer Reiz fuͤr neuen Hunger hat.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dagegen die Gewuͤrz' und alle leckern Sachen,</l><lb/> <l>Die wirſt du ſatt ſo bald, weil ſie nie ſatt dich machen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [102/0112]
Dir ſelbſt gefallen gar in den entſtellten Mienen,
Und werden gleich dem Bild, in dem du dir erſchienen?
Blick her, o Welt, ich will ein ſchoͤnres Bild dir zeigen,
Und biſt du ſelbſt es nicht, ſo mach' es dir zu eigen.
Sieh, daß du heiter ſeyn, daß du auch laͤcheln kannſt!
Und habe lieb das Bild, bis du dich lieb gewannſt.
Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken,
Und in Vergeſſenheit die Schreckzerrbilder ſenken.
Wir wollen dieſes Bild von dir der Nachwelt ſchenken,
Daß ohne Schaudern ſie moͤg' ihrer Ahnfrau denken.
99.
Was wirklich ſatt dich macht, das wirſt du niemals ſatt,
Wie Brot, das immer Reiz fuͤr neuen Hunger hat.
Dagegen die Gewuͤrz' und alle leckern Sachen,
Die wirſt du ſatt ſo bald, weil ſie nie ſatt dich machen.
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