Ich weiß es nicht, ob so sich allgemein verhält Das menschliche Gemüt, wie meines ist bestellt,
Das in der Freude schon das Ende fühlt der Lust, Und in der Trauer sich des Trostes ist bewust;
Sodaß im Gegensatz von ungewisser Dauer Verschwimmen alswie Licht und Schatten Lust und Trauer.
124.
Weißt du, was Liebe sei? Daß eine dir gefallen, Ists nicht, auch das nicht, daß sie dir gefiel vor allen.
Doch andere zu sehn, und schöner sie zu finden, Geistreicher auch, und doch nicht Lust noch Neid empfinden,
Und fühlen, daß es nur zur Einen hin dich zieht; Die Lieb' ist das, die fühlt, nicht denket oder sieht.
123.
Ich weiß es nicht, ob ſo ſich allgemein verhaͤlt Das menſchliche Gemuͤt, wie meines iſt beſtellt,
Das in der Freude ſchon das Ende fuͤhlt der Luſt, Und in der Trauer ſich des Troſtes iſt bewuſt;
Sodaß im Gegenſatz von ungewiſſer Dauer Verſchwimmen alswie Licht und Schatten Luſt und Trauer.
124.
Weißt du, was Liebe ſei? Daß eine dir gefallen, Iſts nicht, auch das nicht, daß ſie dir gefiel vor allen.
Doch andere zu ſehn, und ſchoͤner ſie zu finden, Geiſtreicher auch, und doch nicht Luſt noch Neid empfinden,
Und fuͤhlen, daß es nur zur Einen hin dich zieht; Die Lieb' iſt das, die fuͤhlt, nicht denket oder ſieht.
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123.
Ich weiß es nicht, ob ſo ſich allgemein verhaͤlt
Das menſchliche Gemuͤt, wie meines iſt beſtellt,
Das in der Freude ſchon das Ende fuͤhlt der Luſt,
Und in der Trauer ſich des Troſtes iſt bewuſt;
Sodaß im Gegenſatz von ungewiſſer Dauer
Verſchwimmen alswie Licht und Schatten Luſt und Trauer.
124.
Weißt du, was Liebe ſei? Daß eine dir gefallen,
Iſts nicht, auch das nicht, daß ſie dir gefiel vor allen.
Doch andere zu ſehn, und ſchoͤner ſie zu finden,
Geiſtreicher auch, und doch nicht Luſt noch Neid empfinden,
Und fuͤhlen, daß es nur zur Einen hin dich zieht;
Die Lieb' iſt das, die fuͤhlt, nicht denket oder ſieht.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/96>, abgerufen am 22.02.2025.
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