Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.105. Geldhunger nicht allein hat nie gestopft den Mund, Der Ruhmdurst noch vielmehr hat immer trocknen Schlund. Er schlinget Strom auf Strom, und fühlt sich nicht geletzt; Das Tröpflein brennet ihn, das fremde Gaumen netzt. 106. Aus Saadi's Reisesprüchen. Geh auf die Reise, Freund! Der dir das Reisen preist, Der hat es auch erprobt, der Saadi war gereist. Nicht Eine Rose gibts, nicht Einen grünen Baum; Voll Bäume steht die Welt, voll Rosen blüht der Raum. Was willst du wie ein Huhn im Hofe Körner klauben, Wenn du dich schwingen kannst frei in die Luft wie Tauben? Die Schnecke reist bequem, sie reist mit ihrem Haus,
Dafür sieht sie nicht viel, und kommt nicht weit hinaus. 105. Geldhunger nicht allein hat nie geſtopft den Mund, Der Ruhmdurſt noch vielmehr hat immer trocknen Schlund. Er ſchlinget Strom auf Strom, und fuͤhlt ſich nicht geletzt; Das Troͤpflein brennet ihn, das fremde Gaumen netzt. 106. Aus Saadi's Reiſeſpruͤchen. Geh auf die Reiſe, Freund! Der dir das Reiſen preiſt, Der hat es auch erprobt, der Saadi war gereiſt. Nicht Eine Roſe gibts, nicht Einen gruͤnen Baum; Voll Baͤume ſteht die Welt, voll Roſen bluͤht der Raum. Was willſt du wie ein Huhn im Hofe Koͤrner klauben, Wenn du dich ſchwingen kannſt frei in die Luft wie Tauben? Die Schnecke reiſt bequem, ſie reiſt mit ihrem Haus,
Dafuͤr ſieht ſie nicht viel, und kommt nicht weit hinaus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0080" n="70"/> <div n="2"> <head>105.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Geldhunger nicht allein hat nie geſtopft den Mund,</l><lb/> <l>Der Ruhmdurſt noch vielmehr hat immer trocknen Schlund.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er ſchlinget Strom auf Strom, und fuͤhlt ſich nicht geletzt;</l><lb/> <l>Das Troͤpflein brennet ihn, das fremde Gaumen netzt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>106.</head><lb/> <p> <hi rendition="#et">Aus <hi rendition="#g">Saadi</hi>'s Reiſeſpruͤchen.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Geh auf die Reiſe, Freund! Der dir das Reiſen preiſt,</l><lb/> <l>Der hat es auch erprobt, der <hi rendition="#g">Saadi</hi> war gereiſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nicht Eine Roſe gibts, nicht Einen gruͤnen Baum;</l><lb/> <l>Voll Baͤume ſteht die Welt, voll Roſen bluͤht der Raum.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Was willſt du wie ein Huhn im Hofe Koͤrner klauben,</l><lb/> <l>Wenn du dich ſchwingen kannſt frei in die Luft wie Tauben?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Schnecke reiſt bequem, ſie reiſt mit ihrem Haus,</l><lb/> <l>Dafuͤr ſieht ſie nicht viel, und kommt nicht weit hinaus.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0080]
105.
Geldhunger nicht allein hat nie geſtopft den Mund,
Der Ruhmdurſt noch vielmehr hat immer trocknen Schlund.
Er ſchlinget Strom auf Strom, und fuͤhlt ſich nicht geletzt;
Das Troͤpflein brennet ihn, das fremde Gaumen netzt.
106.
Aus Saadi's Reiſeſpruͤchen.
Geh auf die Reiſe, Freund! Der dir das Reiſen preiſt,
Der hat es auch erprobt, der Saadi war gereiſt.
Nicht Eine Roſe gibts, nicht Einen gruͤnen Baum;
Voll Baͤume ſteht die Welt, voll Roſen bluͤht der Raum.
Was willſt du wie ein Huhn im Hofe Koͤrner klauben,
Wenn du dich ſchwingen kannſt frei in die Luft wie Tauben?
Die Schnecke reiſt bequem, ſie reiſt mit ihrem Haus,
Dafuͤr ſieht ſie nicht viel, und kommt nicht weit hinaus.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/80>, abgerufen am 22.02.2025. |