Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.103. Ein Bruchstück immer ist des einzlen Mannes Wissen, Das er als Ganzes darzustellen ist beflissen; Zu loben, wenn er es von innen will ergänzen, Zu tadeln, wenn mit Schein der Ganzheit überglänzen. In diesem Fall ist doch, wer lehren will und soll, Eh alle Fächer noch des Wissens er weiß voll. Er darf dem Lernenden nicht zeigen seine Lücken, Mit mehr und minder Kunst muß er denn schlagen Brücken, Daß alles scheine nur zusammen fein zu hangen, Vom einen End der Welt zum andern zu gelangen. Der arme Mann muß sich mit fremden Federn schmücken, Weil er kein Lehrgedicht darf geben in Bruchstücken. 103. Ein Bruchſtuͤck immer iſt des einzlen Mannes Wiſſen, Das er als Ganzes darzuſtellen iſt befliſſen; Zu loben, wenn er es von innen will ergaͤnzen, Zu tadeln, wenn mit Schein der Ganzheit uͤberglaͤnzen. In dieſem Fall iſt doch, wer lehren will und ſoll, Eh alle Faͤcher noch des Wiſſens er weiß voll. Er darf dem Lernenden nicht zeigen ſeine Luͤcken, Mit mehr und minder Kunſt muß er denn ſchlagen Bruͤcken, Daß alles ſcheine nur zuſammen fein zu hangen, Vom einen End der Welt zum andern zu gelangen. Der arme Mann muß ſich mit fremden Federn ſchmuͤcken, Weil er kein Lehrgedicht darf geben in Bruchſtuͤcken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0078" n="68"/> <div n="2"> <head>103.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein Bruchſtuͤck immer iſt des einzlen Mannes Wiſſen,</l><lb/> <l>Das er als Ganzes darzuſtellen iſt befliſſen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zu loben, wenn er es von innen will ergaͤnzen,</l><lb/> <l>Zu tadeln, wenn mit Schein der Ganzheit uͤberglaͤnzen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>In dieſem Fall iſt doch, wer lehren will und ſoll,</l><lb/> <l>Eh alle Faͤcher noch des Wiſſens er weiß voll.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Er darf dem Lernenden nicht zeigen ſeine Luͤcken,</l><lb/> <l>Mit mehr und minder Kunſt muß er denn ſchlagen Bruͤcken,</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Daß alles ſcheine nur zuſammen fein zu hangen,</l><lb/> <l>Vom einen End der Welt zum andern zu gelangen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der arme Mann muß ſich mit fremden Federn ſchmuͤcken,</l><lb/> <l>Weil er kein Lehrgedicht darf geben in Bruchſtuͤcken.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [68/0078]
103.
Ein Bruchſtuͤck immer iſt des einzlen Mannes Wiſſen,
Das er als Ganzes darzuſtellen iſt befliſſen;
Zu loben, wenn er es von innen will ergaͤnzen,
Zu tadeln, wenn mit Schein der Ganzheit uͤberglaͤnzen.
In dieſem Fall iſt doch, wer lehren will und ſoll,
Eh alle Faͤcher noch des Wiſſens er weiß voll.
Er darf dem Lernenden nicht zeigen ſeine Luͤcken,
Mit mehr und minder Kunſt muß er denn ſchlagen Bruͤcken,
Daß alles ſcheine nur zuſammen fein zu hangen,
Vom einen End der Welt zum andern zu gelangen.
Der arme Mann muß ſich mit fremden Federn ſchmuͤcken,
Weil er kein Lehrgedicht darf geben in Bruchſtuͤcken.
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