Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Gleichgültigkeit derart ist göttlicher Natur; Gleichgültig nicht allein glaubt Götter Epikur; Gleichgültig glaub' ich selbst auch Gott in diesem Sinn, Daß ich ihm gültig gleich wie alle Wesen bin. 42. Viel wichtiger als was du hast gelernt, mein Sohn, Ist was du hast gethan, und mehr hast du davon. Was du gelernet, mußt du fürchten zu vergessen; Was du gethan, von selbst erinnerst du dich dessen. Es mag dich nun erfreun, es mag dich nun gereun, Von selber wird sich die Erinnrung dir erneun. Einmal geschrieben, ists nicht wieder auszustreichen, Und in des Lebens Buch steht es als ewiges Zeichen. Drum was du schreibest, denk, ob du es immer sehn
Vor Augen möchtest, nie es wünschen ungeschehn. Gleichguͤltigkeit derart iſt goͤttlicher Natur; Gleichguͤltig nicht allein glaubt Goͤtter Epikur; Gleichguͤltig glaub' ich ſelbſt auch Gott in dieſem Sinn, Daß ich ihm guͤltig gleich wie alle Weſen bin. 42. Viel wichtiger als was du haſt gelernt, mein Sohn, Iſt was du haſt gethan, und mehr haſt du davon. Was du gelernet, mußt du fuͤrchten zu vergeſſen; Was du gethan, von ſelbſt erinnerſt du dich deſſen. Es mag dich nun erfreun, es mag dich nun gereun, Von ſelber wird ſich die Erinnrung dir erneun. Einmal geſchrieben, iſts nicht wieder auszuſtreichen, Und in des Lebens Buch ſteht es als ewiges Zeichen. Drum was du ſchreibeſt, denk, ob du es immer ſehn
Vor Augen moͤchteſt, nie es wuͤnſchen ungeſchehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0040" n="30"/> <lg n="4"> <l>Gleichguͤltigkeit derart iſt goͤttlicher Natur;</l><lb/> <l>Gleichguͤltig nicht allein glaubt Goͤtter Epikur;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Gleichguͤltig glaub' ich ſelbſt auch Gott in dieſem Sinn,</l><lb/> <l>Daß ich ihm guͤltig gleich wie alle Weſen bin.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>42.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Viel wichtiger als was du haſt gelernt, mein Sohn,</l><lb/> <l>Iſt was du haſt gethan, und mehr haſt du davon.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Was du gelernet, mußt du fuͤrchten zu vergeſſen;</l><lb/> <l>Was du gethan, von ſelbſt erinnerſt du dich deſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Es mag dich nun erfreun, es mag dich nun gereun,</l><lb/> <l>Von ſelber wird ſich die Erinnrung dir erneun.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Einmal geſchrieben, iſts nicht wieder auszuſtreichen,</l><lb/> <l>Und in des Lebens Buch ſteht es als ewiges Zeichen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Drum was du ſchreibeſt, denk, ob du es immer ſehn</l><lb/> <l>Vor Augen moͤchteſt, nie es wuͤnſchen ungeſchehn.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0040]
Gleichguͤltigkeit derart iſt goͤttlicher Natur;
Gleichguͤltig nicht allein glaubt Goͤtter Epikur;
Gleichguͤltig glaub' ich ſelbſt auch Gott in dieſem Sinn,
Daß ich ihm guͤltig gleich wie alle Weſen bin.
42.
Viel wichtiger als was du haſt gelernt, mein Sohn,
Iſt was du haſt gethan, und mehr haſt du davon.
Was du gelernet, mußt du fuͤrchten zu vergeſſen;
Was du gethan, von ſelbſt erinnerſt du dich deſſen.
Es mag dich nun erfreun, es mag dich nun gereun,
Von ſelber wird ſich die Erinnrung dir erneun.
Einmal geſchrieben, iſts nicht wieder auszuſtreichen,
Und in des Lebens Buch ſteht es als ewiges Zeichen.
Drum was du ſchreibeſt, denk, ob du es immer ſehn
Vor Augen moͤchteſt, nie es wuͤnſchen ungeſchehn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/40 |
Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/40>, abgerufen am 22.02.2025. |