Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.60. In meiner Einsamkeit da kann ich ohne Schaden, Wen ich am liebsten will, bei mir zu Gaste laden, -- Nicht unverträgliche Gesellschaft so gemischt, Wie streitende Gericht' auf einmal aufgetischt, -- Nicht so unleidlicher Gesichter Schofel, Pafel, Womit die Eßlust mir benimmt die Gastwirthstafel, -- Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen, Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; -- Die Weisen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten, Und die in Ländern weit geahnten, unbekannten; Und alle Lieben mir und Abgeschiedenen; Wie labt das Mienenspiel mich der Zufriedenen! Die Unterhaltung kreis't, die nicht in Pausen stockt, Wie ew'ger Frühlingshauch aus Blüthen Blüthen lockt. Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut, Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut, 60. In meiner Einſamkeit da kann ich ohne Schaden, Wen ich am liebſten will, bei mir zu Gaſte laden, — Nicht unvertraͤgliche Geſellſchaft ſo gemiſcht, Wie ſtreitende Gericht' auf einmal aufgetiſcht, — Nicht ſo unleidlicher Geſichter Schofel, Pafel, Womit die Eßluſt mir benimmt die Gaſtwirthstafel, — Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen, Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; — Die Weiſen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten, Und die in Laͤndern weit geahnten, unbekannten; Und alle Lieben mir und Abgeſchiedenen; Wie labt das Mienenſpiel mich der Zufriedenen! Die Unterhaltung kreiſ't, die nicht in Pauſen ſtockt, Wie ew'ger Fruͤhlingshauch aus Bluͤthen Bluͤthen lockt. Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut, Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0314" n="304"/> <div n="2"> <head>60.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>In meiner Einſamkeit da kann ich ohne Schaden,</l><lb/> <l>Wen ich am liebſten will, bei mir zu Gaſte laden, —</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nicht unvertraͤgliche Geſellſchaft ſo gemiſcht,</l><lb/> <l>Wie ſtreitende Gericht' auf einmal aufgetiſcht, —</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nicht ſo unleidlicher Geſichter Schofel, Pafel,</l><lb/> <l>Womit die Eßluſt mir benimmt die Gaſtwirthstafel, —</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen,</l><lb/> <l>Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; —</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Die Weiſen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten,</l><lb/> <l>Und die in Laͤndern weit geahnten, unbekannten;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Und alle Lieben mir und Abgeſchiedenen;</l><lb/> <l>Wie labt das Mienenſpiel mich der Zufriedenen!</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Die Unterhaltung kreiſ't, die nicht in Pauſen ſtockt,</l><lb/> <l>Wie ew'ger Fruͤhlingshauch aus Bluͤthen Bluͤthen lockt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut,</l><lb/> <l>Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [304/0314]
60.
In meiner Einſamkeit da kann ich ohne Schaden,
Wen ich am liebſten will, bei mir zu Gaſte laden, —
Nicht unvertraͤgliche Geſellſchaft ſo gemiſcht,
Wie ſtreitende Gericht' auf einmal aufgetiſcht, —
Nicht ſo unleidlicher Geſichter Schofel, Pafel,
Womit die Eßluſt mir benimmt die Gaſtwirthstafel, —
Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen,
Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; —
Die Weiſen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten,
Und die in Laͤndern weit geahnten, unbekannten;
Und alle Lieben mir und Abgeſchiedenen;
Wie labt das Mienenſpiel mich der Zufriedenen!
Die Unterhaltung kreiſ't, die nicht in Pauſen ſtockt,
Wie ew'ger Fruͤhlingshauch aus Bluͤthen Bluͤthen lockt.
Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut,
Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/314 |
Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/314>, abgerufen am 22.02.2025. |