Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
31.
Was willst du mit der Welt? Du kannst sie nicht durchmessen,
Und in dein enges Herz sie nicht zusammenpressen.
Du lösest sie nicht auf, der Räthsel sind zu viele,
Noch lenkest ihren Lauf, sie rennt nach eignem Ziele.
Wohlauf, so viel du kannst, mit Lieb' und Geist zu fassen,
Und was du nicht begreifst, dahin gestellt zu lassen.
Wie Krämer ihre Waar', auch deine sollst du tauschen,
Versenden Liebesgrüß', und der Erwidrung lauschen.
Ich sende diesen Gruß, und sage nicht, wohin?
Doch wissen möcht' ich, ob ich dort willkommen bin.

32.
Das Eine, das du liebst, wird dir vom Tod entzogen,
Und um das Andre hat die Ferne dich betrogen.
Ein Drittes lebt, und ist dir nah, und doch getrennt;
Das ist die Trennung, die ein Herz am meisten brennt.

31.
Was willſt du mit der Welt? Du kannſt ſie nicht durchmeſſen,
Und in dein enges Herz ſie nicht zuſammenpreſſen.
Du loͤſeſt ſie nicht auf, der Raͤthſel ſind zu viele,
Noch lenkeſt ihren Lauf, ſie rennt nach eignem Ziele.
Wohlauf, ſo viel du kannſt, mit Lieb' und Geiſt zu faſſen,
Und was du nicht begreifſt, dahin geſtellt zu laſſen.
Wie Kraͤmer ihre Waar', auch deine ſollſt du tauſchen,
Verſenden Liebesgruͤß', und der Erwidrung lauſchen.
Ich ſende dieſen Gruß, und ſage nicht, wohin?
Doch wiſſen moͤcht' ich, ob ich dort willkommen bin.

32.
Das Eine, das du liebſt, wird dir vom Tod entzogen,
Und um das Andre hat die Ferne dich betrogen.
Ein Drittes lebt, und iſt dir nah, und doch getrennt;
Das iſt die Trennung, die ein Herz am meiſten brennt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0296" n="286"/>
        <div n="2">
          <head>31.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Was will&#x017F;t du mit der Welt? Du kann&#x017F;t &#x017F;ie nicht durchme&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und in dein enges Herz &#x017F;ie nicht zu&#x017F;ammenpre&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Du lo&#x0364;&#x017F;e&#x017F;t &#x017F;ie nicht auf, der Ra&#x0364;th&#x017F;el &#x017F;ind zu viele,</l><lb/>
              <l>Noch lenke&#x017F;t ihren Lauf, &#x017F;ie rennt nach eignem Ziele.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wohlauf, &#x017F;o viel du kann&#x017F;t, mit Lieb' und Gei&#x017F;t zu fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und was du nicht begreif&#x017F;t, dahin ge&#x017F;tellt zu la&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wie Kra&#x0364;mer ihre Waar', auch deine &#x017F;oll&#x017F;t du tau&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Ver&#x017F;enden Liebesgru&#x0364;ß', und der Erwidrung lau&#x017F;chen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Ich &#x017F;ende die&#x017F;en Gruß, und &#x017F;age nicht, wohin?</l><lb/>
              <l>Doch wi&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;cht' ich, ob ich dort willkommen bin.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>32.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Das Eine, das du lieb&#x017F;t, wird dir vom Tod entzogen,</l><lb/>
              <l>Und um das Andre hat die Ferne dich betrogen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ein Drittes lebt, und i&#x017F;t dir nah, und doch getrennt;</l><lb/>
              <l>Das i&#x017F;t die Trennung, die ein Herz am mei&#x017F;ten brennt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0296] 31. Was willſt du mit der Welt? Du kannſt ſie nicht durchmeſſen, Und in dein enges Herz ſie nicht zuſammenpreſſen. Du loͤſeſt ſie nicht auf, der Raͤthſel ſind zu viele, Noch lenkeſt ihren Lauf, ſie rennt nach eignem Ziele. Wohlauf, ſo viel du kannſt, mit Lieb' und Geiſt zu faſſen, Und was du nicht begreifſt, dahin geſtellt zu laſſen. Wie Kraͤmer ihre Waar', auch deine ſollſt du tauſchen, Verſenden Liebesgruͤß', und der Erwidrung lauſchen. Ich ſende dieſen Gruß, und ſage nicht, wohin? Doch wiſſen moͤcht' ich, ob ich dort willkommen bin. 32. Das Eine, das du liebſt, wird dir vom Tod entzogen, Und um das Andre hat die Ferne dich betrogen. Ein Drittes lebt, und iſt dir nah, und doch getrennt; Das iſt die Trennung, die ein Herz am meiſten brennt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/296
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/296>, abgerufen am 03.12.2024.