Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.14. Weil ich kein Weltkind bin, nicht habe Weltverstand, Der rechte Sinn mir fehlt für Weltbetrieb und Tand; Scheint jeder auf der Welt berufen mit Behagen Von Weltgut lästigem mir etwas abzujagen. Doch fühlt kein Freund sich aufgelegt, von unbequemen Geschäften weltlichen mir auch was abzunehmen. 15. Soviel hab' ich gelernt: ich darf auf gar nichts zählen; Worauf ich zählte, das gerade wird mir fehlen. Gezähltes wird nicht mehr, gezähltes Gut wird minder; Ja Wolf und Löwe frißt gezählte Schaf' und Rinder. Gezähltes wird nicht mehr; je mehr der Geiz'ge zählt Wie viel er hat, je mehr meint er, daß ihm noch fehlt. 14. Weil ich kein Weltkind bin, nicht habe Weltverſtand, Der rechte Sinn mir fehlt fuͤr Weltbetrieb und Tand; Scheint jeder auf der Welt berufen mit Behagen Von Weltgut laͤſtigem mir etwas abzujagen. Doch fuͤhlt kein Freund ſich aufgelegt, von unbequemen Geſchaͤften weltlichen mir auch was abzunehmen. 15. Soviel hab' ich gelernt: ich darf auf gar nichts zaͤhlen; Worauf ich zaͤhlte, das gerade wird mir fehlen. Gezaͤhltes wird nicht mehr, gezaͤhltes Gut wird minder; Ja Wolf und Loͤwe frißt gezaͤhlte Schaf' und Rinder. Gezaͤhltes wird nicht mehr; je mehr der Geiz'ge zaͤhlt Wie viel er hat, je mehr meint er, daß ihm noch fehlt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0286" n="276"/> <div n="2"> <head>14.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Weil ich kein Weltkind bin, nicht habe Weltverſtand,</l><lb/> <l>Der rechte Sinn mir fehlt fuͤr Weltbetrieb und Tand;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Scheint jeder auf der Welt berufen mit Behagen</l><lb/> <l>Von Weltgut laͤſtigem mir etwas abzujagen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch fuͤhlt kein Freund ſich aufgelegt, von unbequemen</l><lb/> <l>Geſchaͤften weltlichen mir auch was abzunehmen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>15.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Soviel hab' ich gelernt: ich darf auf gar nichts zaͤhlen;</l><lb/> <l>Worauf ich zaͤhlte, das gerade wird mir fehlen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Gezaͤhltes wird nicht mehr, gezaͤhltes Gut wird minder;</l><lb/> <l>Ja Wolf und Loͤwe frißt gezaͤhlte Schaf' und Rinder.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Gezaͤhltes wird nicht mehr; je mehr der Geiz'ge zaͤhlt</l><lb/> <l>Wie viel er hat, je mehr meint er, daß ihm noch fehlt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0286]
14.
Weil ich kein Weltkind bin, nicht habe Weltverſtand,
Der rechte Sinn mir fehlt fuͤr Weltbetrieb und Tand;
Scheint jeder auf der Welt berufen mit Behagen
Von Weltgut laͤſtigem mir etwas abzujagen.
Doch fuͤhlt kein Freund ſich aufgelegt, von unbequemen
Geſchaͤften weltlichen mir auch was abzunehmen.
15.
Soviel hab' ich gelernt: ich darf auf gar nichts zaͤhlen;
Worauf ich zaͤhlte, das gerade wird mir fehlen.
Gezaͤhltes wird nicht mehr, gezaͤhltes Gut wird minder;
Ja Wolf und Loͤwe frißt gezaͤhlte Schaf' und Rinder.
Gezaͤhltes wird nicht mehr; je mehr der Geiz'ge zaͤhlt
Wie viel er hat, je mehr meint er, daß ihm noch fehlt.
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