Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
148.
Zu eurer Finstrelei bekehret ihr mich nicht;
Ich weiß, die Schöpfung sei ein heitres Gotteslicht.
Dem Lichte ward gesellt ein Schatten zum Geleite,
Und ihr habt euch gestellt auf diese Schattenseite.
Nein, selbst von der Natur seid ihr die Schattenstelle;
Verzehrt euch selber nur, so geht sie auf in Helle.

149.
Dein Geist kann nicht umhin, aus allem was gelungen
Zu sehn ihm ist, sofort zu ziehn Schlußfolgerungen,
Und sie auf alles Ungesehne zu erstrecken,
Um, wenn er dis dann sieht, den Fehlschluß zu entdecken.
Laß dich den Schluß zurück zu nehmen nicht verdrießen,
Um, was du neu gesehn, nun auch mit einzuschließen!
Nie falsch ist, was dein Geist sich bei den Dingen denkt;
Es gilt nur nicht, wie du wol meinst, uneingeschrenkt.

148.
Zu eurer Finſtrelei bekehret ihr mich nicht;
Ich weiß, die Schoͤpfung ſei ein heitres Gotteslicht.
Dem Lichte ward geſellt ein Schatten zum Geleite,
Und ihr habt euch geſtellt auf dieſe Schattenſeite.
Nein, ſelbſt von der Natur ſeid ihr die Schattenſtelle;
Verzehrt euch ſelber nur, ſo geht ſie auf in Helle.

149.
Dein Geiſt kann nicht umhin, aus allem was gelungen
Zu ſehn ihm iſt, ſofort zu ziehn Schlußfolgerungen,
Und ſie auf alles Ungeſehne zu erſtrecken,
Um, wenn er dis dann ſieht, den Fehlſchluß zu entdecken.
Laß dich den Schluß zuruͤck zu nehmen nicht verdrießen,
Um, was du neu geſehn, nun auch mit einzuſchließen!
Nie falſch iſt, was dein Geiſt ſich bei den Dingen denkt;
Es gilt nur nicht, wie du wol meinſt, uneingeſchrenkt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0241" n="231"/>
        <div n="2">
          <head>148.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Zu eurer Fin&#x017F;trelei bekehret ihr mich nicht;</l><lb/>
              <l>Ich weiß, die Scho&#x0364;pfung &#x017F;ei ein heitres Gotteslicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dem Lichte ward ge&#x017F;ellt ein Schatten zum Geleite,</l><lb/>
              <l>Und ihr habt euch ge&#x017F;tellt auf die&#x017F;e Schatten&#x017F;eite.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nein, &#x017F;elb&#x017F;t von der Natur &#x017F;eid ihr die Schatten&#x017F;telle;</l><lb/>
              <l>Verzehrt euch &#x017F;elber nur, &#x017F;o geht &#x017F;ie auf in Helle.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>149.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Dein Gei&#x017F;t kann nicht umhin, aus allem was gelungen</l><lb/>
              <l>Zu &#x017F;ehn ihm i&#x017F;t, &#x017F;ofort zu ziehn Schlußfolgerungen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und &#x017F;ie auf alles Unge&#x017F;ehne zu er&#x017F;trecken,</l><lb/>
              <l>Um, wenn er dis dann &#x017F;ieht, den Fehl&#x017F;chluß zu entdecken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Laß dich den Schluß zuru&#x0364;ck zu nehmen nicht verdrießen,</l><lb/>
              <l>Um, was du neu ge&#x017F;ehn, nun auch mit einzu&#x017F;chließen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nie fal&#x017F;ch i&#x017F;t, was dein Gei&#x017F;t &#x017F;ich bei den Dingen denkt;</l><lb/>
              <l>Es gilt nur nicht, wie du wol mein&#x017F;t, uneinge&#x017F;chrenkt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] 148. Zu eurer Finſtrelei bekehret ihr mich nicht; Ich weiß, die Schoͤpfung ſei ein heitres Gotteslicht. Dem Lichte ward geſellt ein Schatten zum Geleite, Und ihr habt euch geſtellt auf dieſe Schattenſeite. Nein, ſelbſt von der Natur ſeid ihr die Schattenſtelle; Verzehrt euch ſelber nur, ſo geht ſie auf in Helle. 149. Dein Geiſt kann nicht umhin, aus allem was gelungen Zu ſehn ihm iſt, ſofort zu ziehn Schlußfolgerungen, Und ſie auf alles Ungeſehne zu erſtrecken, Um, wenn er dis dann ſieht, den Fehlſchluß zu entdecken. Laß dich den Schluß zuruͤck zu nehmen nicht verdrießen, Um, was du neu geſehn, nun auch mit einzuſchließen! Nie falſch iſt, was dein Geiſt ſich bei den Dingen denkt; Es gilt nur nicht, wie du wol meinſt, uneingeſchrenkt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/241
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/241>, abgerufen am 21.11.2024.