Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.105. Leichtgläubigkeit ist nicht nur Mangel an Verstand, Auch von Einbildungskraft ist sie ein Unterpfand. Wer wenig faßt, wird schnell Unfaßliches verneinen; Wer viel sich denken kann, dem wird viel möglich scheinen. 106. Zu seinem Ebenbild seit Gott den Menschen schuf, Wie ungehorsam konnt er werden seinem Ruf? Weil er war Gottes Kind, und werden sollt' ein Mann, Ein freier Mann, der nur sich selbst gehorchen kann. Darum den Willen hat sein Vater ihm gegeben, Sich zu gehorchen und ihm selbst zu widerstreben; Kraft dessen an sich selbst verzieren und unzieren Er nun mag Gottes Bild, und nur nicht ganz verlieren; Kraft dessen er auch mag das Bild herstellen klar, Daß er durch sich nun sei, was er durch Gott nur war. 105. Leichtglaͤubigkeit iſt nicht nur Mangel an Verſtand, Auch von Einbildungskraft iſt ſie ein Unterpfand. Wer wenig faßt, wird ſchnell Unfaßliches verneinen; Wer viel ſich denken kann, dem wird viel moͤglich ſcheinen. 106. Zu ſeinem Ebenbild ſeit Gott den Menſchen ſchuf, Wie ungehorſam konnt er werden ſeinem Ruf? Weil er war Gottes Kind, und werden ſollt' ein Mann, Ein freier Mann, der nur ſich ſelbſt gehorchen kann. Darum den Willen hat ſein Vater ihm gegeben, Sich zu gehorchen und ihm ſelbſt zu widerſtreben; Kraft deſſen an ſich ſelbſt verzieren und unzieren Er nun mag Gottes Bild, und nur nicht ganz verlieren; Kraft deſſen er auch mag das Bild herſtellen klar, Daß er durch ſich nun ſei, was er durch Gott nur war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0211" n="201"/> <div n="2"> <head>105.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Leichtglaͤubigkeit iſt nicht nur Mangel an Verſtand,</l><lb/> <l>Auch von Einbildungskraft iſt ſie ein Unterpfand.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wer wenig faßt, wird ſchnell Unfaßliches verneinen;</l><lb/> <l>Wer viel ſich denken kann, dem wird viel moͤglich ſcheinen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>106.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zu ſeinem Ebenbild ſeit Gott den Menſchen ſchuf,</l><lb/> <l>Wie ungehorſam konnt er werden ſeinem Ruf?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Weil er war Gottes Kind, und werden ſollt' ein Mann,</l><lb/> <l>Ein freier Mann, der nur ſich ſelbſt gehorchen kann.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Darum den Willen hat ſein Vater ihm gegeben,</l><lb/> <l>Sich zu gehorchen und ihm ſelbſt zu widerſtreben;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Kraft deſſen an ſich ſelbſt verzieren und unzieren</l><lb/> <l>Er nun mag Gottes Bild, und nur nicht ganz verlieren;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Kraft deſſen er auch mag das Bild herſtellen klar,</l><lb/> <l>Daß er durch ſich nun ſei, was er durch Gott nur war.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [201/0211]
105.
Leichtglaͤubigkeit iſt nicht nur Mangel an Verſtand,
Auch von Einbildungskraft iſt ſie ein Unterpfand.
Wer wenig faßt, wird ſchnell Unfaßliches verneinen;
Wer viel ſich denken kann, dem wird viel moͤglich ſcheinen.
106.
Zu ſeinem Ebenbild ſeit Gott den Menſchen ſchuf,
Wie ungehorſam konnt er werden ſeinem Ruf?
Weil er war Gottes Kind, und werden ſollt' ein Mann,
Ein freier Mann, der nur ſich ſelbſt gehorchen kann.
Darum den Willen hat ſein Vater ihm gegeben,
Sich zu gehorchen und ihm ſelbſt zu widerſtreben;
Kraft deſſen an ſich ſelbſt verzieren und unzieren
Er nun mag Gottes Bild, und nur nicht ganz verlieren;
Kraft deſſen er auch mag das Bild herſtellen klar,
Daß er durch ſich nun ſei, was er durch Gott nur war.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |