Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.76. Ich hab' ein schlichtes Buch gelesen, unverziert, Unverschraubt, unverfälscht, unverfilosofirt. Ansichten, Rücksichten, Absichten waren nicht, Aus Umsicht aber ward Einsicht und Uebersicht. Man sah, der Sache war gesehen auf den Grund; Des Kenners Kunde gab sich dem Unkenner kund. Das ist Filosofie, doch andere als die So hoch nun steckt ihr Ziel, daß sie's erreichet nie. Filosofie, die man nicht fertig mit sich bringt, Die aus der Forschung selbst dem Forscher erst entspringt. Filosofie, die will nicht machen selbst die Sachen, Fein zusieht ernst und still, wie sich die Sachen machen. 76. Ich hab' ein ſchlichtes Buch geleſen, unverziert, Unverſchraubt, unverfaͤlſcht, unverfiloſofirt. Anſichten, Ruͤckſichten, Abſichten waren nicht, Aus Umſicht aber ward Einſicht und Ueberſicht. Man ſah, der Sache war geſehen auf den Grund; Des Kenners Kunde gab ſich dem Unkenner kund. Das iſt Filoſofie, doch andere als die So hoch nun ſteckt ihr Ziel, daß ſie's erreichet nie. Filoſofie, die man nicht fertig mit ſich bringt, Die aus der Forſchung ſelbſt dem Forſcher erſt entſpringt. Filoſofie, die will nicht machen ſelbſt die Sachen, Fein zuſieht ernſt und ſtill, wie ſich die Sachen machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0188" n="178"/> <div n="2"> <head>76.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich hab' ein ſchlichtes Buch geleſen, unverziert,</l><lb/> <l>Unverſchraubt, unverfaͤlſcht, unverfiloſofirt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Anſichten, Ruͤckſichten, Abſichten waren nicht,</l><lb/> <l>Aus Umſicht aber ward Einſicht und Ueberſicht.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Man ſah, der Sache war geſehen auf den Grund;</l><lb/> <l>Des Kenners Kunde gab ſich dem Unkenner kund.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das iſt Filoſofie, doch andere als die</l><lb/> <l>So hoch nun ſteckt ihr Ziel, daß ſie's erreichet nie.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Filoſofie, die man nicht fertig mit ſich bringt,</l><lb/> <l>Die aus der Forſchung ſelbſt dem Forſcher erſt entſpringt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Filoſofie, die will nicht machen ſelbſt die Sachen,</l><lb/> <l>Fein zuſieht ernſt und ſtill, wie ſich die Sachen machen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [178/0188]
76.
Ich hab' ein ſchlichtes Buch geleſen, unverziert,
Unverſchraubt, unverfaͤlſcht, unverfiloſofirt.
Anſichten, Ruͤckſichten, Abſichten waren nicht,
Aus Umſicht aber ward Einſicht und Ueberſicht.
Man ſah, der Sache war geſehen auf den Grund;
Des Kenners Kunde gab ſich dem Unkenner kund.
Das iſt Filoſofie, doch andere als die
So hoch nun ſteckt ihr Ziel, daß ſie's erreichet nie.
Filoſofie, die man nicht fertig mit ſich bringt,
Die aus der Forſchung ſelbſt dem Forſcher erſt entſpringt.
Filoſofie, die will nicht machen ſelbſt die Sachen,
Fein zuſieht ernſt und ſtill, wie ſich die Sachen machen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |