Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.70. Was rühmst du dich, daß du nach Geld und Gut nicht trachtest, Wenn du nicht minder doch nach Ruhm und Ehre schmachtest? Zur vollen Seligkeit, o Seele, gieng nicht ein, Wer etwas auf der Welt noch sucht als Gott allein. 71. An Kindern hab' ich oft bewundert, wie in Bildern Sie gleich den Gegenstand erkennen, den sie schildern. Ein nur gemaltes Pferd, ja gar ein nur in Strichen Gezeichnetes, worin hats einem Pferd geglichen? So Größ' als Umfang fehlt, so Leben als Bewegung; Was ist im Bilde denn zu des Begriffs Anregung? Der Geist muß innerlich voll seyn von solchen Bildern, Die dann nach ihrer Kunst die Künstler außen schildern. 70. Was ruͤhmſt du dich, daß du nach Geld und Gut nicht trachteſt, Wenn du nicht minder doch nach Ruhm und Ehre ſchmachteſt? Zur vollen Seligkeit, o Seele, gieng nicht ein, Wer etwas auf der Welt noch ſucht als Gott allein. 71. An Kindern hab' ich oft bewundert, wie in Bildern Sie gleich den Gegenſtand erkennen, den ſie ſchildern. Ein nur gemaltes Pferd, ja gar ein nur in Strichen Gezeichnetes, worin hats einem Pferd geglichen? So Groͤß' als Umfang fehlt, ſo Leben als Bewegung; Was iſt im Bilde denn zu des Begriffs Anregung? Der Geiſt muß innerlich voll ſeyn von ſolchen Bildern, Die dann nach ihrer Kunſt die Kuͤnſtler außen ſchildern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0183" n="173"/> <div n="2"> <head>70.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was ruͤhmſt du dich, daß du nach Geld und Gut nicht trachteſt,</l><lb/> <l>Wenn du nicht minder doch nach Ruhm und Ehre ſchmachteſt?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zur vollen Seligkeit, o Seele, gieng nicht ein,</l><lb/> <l>Wer etwas auf der Welt noch ſucht als Gott allein.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>71.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>An Kindern hab' ich oft bewundert, wie in Bildern</l><lb/> <l>Sie gleich den Gegenſtand erkennen, den ſie ſchildern.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein nur gemaltes Pferd, ja gar ein nur in Strichen</l><lb/> <l>Gezeichnetes, worin hats einem Pferd geglichen?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>So Groͤß' als Umfang fehlt, ſo Leben als Bewegung;</l><lb/> <l>Was iſt im Bilde denn zu des Begriffs Anregung?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Geiſt muß innerlich voll ſeyn von ſolchen Bildern,</l><lb/> <l>Die dann nach ihrer Kunſt die Kuͤnſtler außen ſchildern.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0183]
70.
Was ruͤhmſt du dich, daß du nach Geld und Gut nicht trachteſt,
Wenn du nicht minder doch nach Ruhm und Ehre ſchmachteſt?
Zur vollen Seligkeit, o Seele, gieng nicht ein,
Wer etwas auf der Welt noch ſucht als Gott allein.
71.
An Kindern hab' ich oft bewundert, wie in Bildern
Sie gleich den Gegenſtand erkennen, den ſie ſchildern.
Ein nur gemaltes Pferd, ja gar ein nur in Strichen
Gezeichnetes, worin hats einem Pferd geglichen?
So Groͤß' als Umfang fehlt, ſo Leben als Bewegung;
Was iſt im Bilde denn zu des Begriffs Anregung?
Der Geiſt muß innerlich voll ſeyn von ſolchen Bildern,
Die dann nach ihrer Kunſt die Kuͤnſtler außen ſchildern.
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