Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.28. Die Glaubenseiferer, gesendet aus dem Westen, Um zu erschüttern hier uralte Glaubensvesten; Gesegnet sei der Bau, der neue, den sie gründen, Die Lehre, die sie auf den Straßen laut verkünden! Nichts Neues sagen sie den eingeweihten Brahmen, Die aus der Väter Mund ein Gleiches längst vernahmen; Was jeder Vater sagt ins Ohr dem Sohne nur, Wann diesem umgethan wird der Einweihung Schnur: Mein Sohn, es ist ein Gott, ein einz'ger Gott allein, Und alle Götter sind ein Bild nur und ein Schein. Denselben einen Gott sollst du im Stillen ehren, Doch das Geheimniß nie ans Licht des Tages kehren. Des Volkes Aug' ist für das reine Licht nicht reif, Und freut der Täuschung sich am bunten Farbenstreif. 28. Die Glaubenseiferer, geſendet aus dem Weſten, Um zu erſchuͤttern hier uralte Glaubensveſten; Geſegnet ſei der Bau, der neue, den ſie gruͤnden, Die Lehre, die ſie auf den Straßen laut verkuͤnden! Nichts Neues ſagen ſie den eingeweihten Brahmen, Die aus der Vaͤter Mund ein Gleiches laͤngſt vernahmen; Was jeder Vater ſagt ins Ohr dem Sohne nur, Wann dieſem umgethan wird der Einweihung Schnur: Mein Sohn, es iſt ein Gott, ein einz'ger Gott allein, Und alle Goͤtter ſind ein Bild nur und ein Schein. Denſelben einen Gott ſollſt du im Stillen ehren, Doch das Geheimniß nie ans Licht des Tages kehren. Des Volkes Aug' iſt fuͤr das reine Licht nicht reif, Und freut der Taͤuſchung ſich am bunten Farbenſtreif. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0144" n="134"/> <div n="2"> <head>28.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Glaubenseiferer, geſendet aus dem Weſten,</l><lb/> <l>Um zu erſchuͤttern hier uralte Glaubensveſten;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Geſegnet ſei der Bau, der neue, den ſie gruͤnden,</l><lb/> <l>Die Lehre, die ſie auf den Straßen laut verkuͤnden!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nichts Neues ſagen ſie den eingeweihten Brahmen,</l><lb/> <l>Die aus der Vaͤter Mund ein Gleiches laͤngſt vernahmen;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Was jeder Vater ſagt ins Ohr dem Sohne nur,</l><lb/> <l>Wann dieſem umgethan wird der Einweihung Schnur:</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Mein Sohn, es iſt ein Gott, ein einz'ger Gott allein,</l><lb/> <l>Und alle Goͤtter ſind ein Bild nur und ein Schein.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Denſelben einen Gott ſollſt du im Stillen ehren,</l><lb/> <l>Doch das Geheimniß nie ans Licht des Tages kehren.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Des Volkes Aug' iſt fuͤr das reine Licht nicht reif,</l><lb/> <l>Und freut der Taͤuſchung ſich am bunten Farbenſtreif.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0144]
28.
Die Glaubenseiferer, geſendet aus dem Weſten,
Um zu erſchuͤttern hier uralte Glaubensveſten;
Geſegnet ſei der Bau, der neue, den ſie gruͤnden,
Die Lehre, die ſie auf den Straßen laut verkuͤnden!
Nichts Neues ſagen ſie den eingeweihten Brahmen,
Die aus der Vaͤter Mund ein Gleiches laͤngſt vernahmen;
Was jeder Vater ſagt ins Ohr dem Sohne nur,
Wann dieſem umgethan wird der Einweihung Schnur:
Mein Sohn, es iſt ein Gott, ein einz'ger Gott allein,
Und alle Goͤtter ſind ein Bild nur und ein Schein.
Denſelben einen Gott ſollſt du im Stillen ehren,
Doch das Geheimniß nie ans Licht des Tages kehren.
Des Volkes Aug' iſt fuͤr das reine Licht nicht reif,
Und freut der Taͤuſchung ſich am bunten Farbenſtreif.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/144>, abgerufen am 22.02.2025. |