Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.19. Die Zukunft steht verhüllt schon in der Gegenwart, Wo sie der stumpfe Blick des Menschen nicht gewahrt. Wir alle streben zwar zu heben ihren Flor, Doch staunen werden wir, wann sie nun tritt hervor. Sie hat, mein Ahnen spricht, ein ander Angesicht, Als mancher glaubt, der nun für seinen Abgott ficht. Sie lächelt und sie zürnt, wie ihrs euch nicht laßt träumen, Ein Blick von ihr wird euch und euern Wahn wegräumen. Das sei euch profezeit: sie gleicht in nichts der Zeit, Am allerwenigsten doch der Vergangenheit. O weh, betrogner Gast, der du der Göttin Glast Mit solchem nebligen Gespenst verwechselt hast. Du bist des Lohnes baar, da sie im Reich erschienen, Weil du ihr dientest zwar, doch wolltest ihr nicht dienen. 19. Die Zukunft ſteht verhuͤllt ſchon in der Gegenwart, Wo ſie der ſtumpfe Blick des Menſchen nicht gewahrt. Wir alle ſtreben zwar zu heben ihren Flor, Doch ſtaunen werden wir, wann ſie nun tritt hervor. Sie hat, mein Ahnen ſpricht, ein ander Angeſicht, Als mancher glaubt, der nun fuͤr ſeinen Abgott ficht. Sie laͤchelt und ſie zuͤrnt, wie ihrs euch nicht laßt traͤumen, Ein Blick von ihr wird euch und euern Wahn wegraͤumen. Das ſei euch profezeit: ſie gleicht in nichts der Zeit, Am allerwenigſten doch der Vergangenheit. O weh, betrogner Gaſt, der du der Goͤttin Glaſt Mit ſolchem nebligen Geſpenſt verwechſelt haſt. Du biſt des Lohnes baar, da ſie im Reich erſchienen, Weil du ihr dienteſt zwar, doch wollteſt ihr nicht dienen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0136" n="126"/> <div n="2"> <head>19.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Zukunft ſteht verhuͤllt ſchon in der Gegenwart,</l><lb/> <l>Wo ſie der ſtumpfe Blick des Menſchen nicht gewahrt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wir alle ſtreben zwar zu heben ihren Flor,</l><lb/> <l>Doch ſtaunen werden wir, wann ſie nun tritt hervor.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie hat, mein Ahnen ſpricht, ein ander Angeſicht,</l><lb/> <l>Als mancher glaubt, der nun fuͤr ſeinen Abgott ficht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sie laͤchelt und ſie zuͤrnt, wie ihrs euch nicht laßt traͤumen,</l><lb/> <l>Ein Blick von ihr wird euch und euern Wahn wegraͤumen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Das ſei euch profezeit: ſie gleicht in nichts der Zeit,</l><lb/> <l>Am allerwenigſten doch der Vergangenheit.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>O weh, betrogner Gaſt, der du der Goͤttin Glaſt</l><lb/> <l>Mit ſolchem nebligen Geſpenſt verwechſelt haſt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Du biſt des Lohnes baar, da ſie im Reich erſchienen,</l><lb/> <l>Weil du ihr dienteſt zwar, doch wollteſt ihr nicht dienen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [126/0136]
19.
Die Zukunft ſteht verhuͤllt ſchon in der Gegenwart,
Wo ſie der ſtumpfe Blick des Menſchen nicht gewahrt.
Wir alle ſtreben zwar zu heben ihren Flor,
Doch ſtaunen werden wir, wann ſie nun tritt hervor.
Sie hat, mein Ahnen ſpricht, ein ander Angeſicht,
Als mancher glaubt, der nun fuͤr ſeinen Abgott ficht.
Sie laͤchelt und ſie zuͤrnt, wie ihrs euch nicht laßt traͤumen,
Ein Blick von ihr wird euch und euern Wahn wegraͤumen.
Das ſei euch profezeit: ſie gleicht in nichts der Zeit,
Am allerwenigſten doch der Vergangenheit.
O weh, betrogner Gaſt, der du der Goͤttin Glaſt
Mit ſolchem nebligen Geſpenſt verwechſelt haſt.
Du biſt des Lohnes baar, da ſie im Reich erſchienen,
Weil du ihr dienteſt zwar, doch wollteſt ihr nicht dienen.
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