Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.147. Dem Kinde magst du schwer den Mond am Himmel zeigen, Es ist als könne nicht sein Blick die Höh' ersteigen. Den Vater selber, der herab vom Fenster schaut, Entdeckt es nicht, wiewol es kennt der Stimme Laut. Vom Anfang ist der Blick der Erde zugekehrt, Und wird nur nach und nach emporzuschaun gelehrt. 148. Wer lehrt der jungen Schwalb' im Nest die Fliege kennen, Nach deren Raub sie soll beschwingt die Luft durchrennen? Die Mutter bringt dem Kind die Beute, die sie haschte, Und es sieht nicht, was es vom Mutterschnabel naschte. Die Schwalbe kann nicht so zum Futter ihre Brut Anführen, wie die Henn' im Hünerhofe thut. Sie muß dem Trieb vertraun, und lässet ihn gewähren, Der einst ihr flückes Kind wird treiben sich zu nähren. 147. Dem Kinde magſt du ſchwer den Mond am Himmel zeigen, Es iſt als koͤnne nicht ſein Blick die Hoͤh' erſteigen. Den Vater ſelber, der herab vom Fenſter ſchaut, Entdeckt es nicht, wiewol es kennt der Stimme Laut. Vom Anfang iſt der Blick der Erde zugekehrt, Und wird nur nach und nach emporzuſchaun gelehrt. 148. Wer lehrt der jungen Schwalb' im Neſt die Fliege kennen, Nach deren Raub ſie ſoll beſchwingt die Luft durchrennen? Die Mutter bringt dem Kind die Beute, die ſie haſchte, Und es ſieht nicht, was es vom Mutterſchnabel naſchte. Die Schwalbe kann nicht ſo zum Futter ihre Brut Anfuͤhren, wie die Henn' im Huͤnerhofe thut. Sie muß dem Trieb vertraun, und laͤſſet ihn gewaͤhren, Der einſt ihr fluͤckes Kind wird treiben ſich zu naͤhren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0117" n="107"/> <div n="2"> <head>147.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dem Kinde magſt du ſchwer den Mond am Himmel zeigen,</l><lb/> <l>Es iſt als koͤnne nicht ſein Blick die Hoͤh' erſteigen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Den Vater ſelber, der herab vom Fenſter ſchaut,</l><lb/> <l>Entdeckt es nicht, wiewol es kennt der Stimme Laut.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Vom Anfang iſt der Blick der Erde zugekehrt,</l><lb/> <l>Und wird nur nach und nach emporzuſchaun gelehrt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>148.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wer lehrt der jungen Schwalb' im Neſt die Fliege kennen,</l><lb/> <l>Nach deren Raub ſie ſoll beſchwingt die Luft durchrennen?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Mutter bringt dem Kind die Beute, die ſie haſchte,</l><lb/> <l>Und es ſieht nicht, was es vom Mutterſchnabel naſchte.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Schwalbe kann nicht ſo zum Futter ihre Brut</l><lb/> <l>Anfuͤhren, wie die Henn' im Huͤnerhofe thut.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sie muß dem Trieb vertraun, und laͤſſet ihn gewaͤhren,</l><lb/> <l>Der einſt ihr fluͤckes Kind wird treiben ſich zu naͤhren.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [107/0117]
147.
Dem Kinde magſt du ſchwer den Mond am Himmel zeigen,
Es iſt als koͤnne nicht ſein Blick die Hoͤh' erſteigen.
Den Vater ſelber, der herab vom Fenſter ſchaut,
Entdeckt es nicht, wiewol es kennt der Stimme Laut.
Vom Anfang iſt der Blick der Erde zugekehrt,
Und wird nur nach und nach emporzuſchaun gelehrt.
148.
Wer lehrt der jungen Schwalb' im Neſt die Fliege kennen,
Nach deren Raub ſie ſoll beſchwingt die Luft durchrennen?
Die Mutter bringt dem Kind die Beute, die ſie haſchte,
Und es ſieht nicht, was es vom Mutterſchnabel naſchte.
Die Schwalbe kann nicht ſo zum Futter ihre Brut
Anfuͤhren, wie die Henn' im Huͤnerhofe thut.
Sie muß dem Trieb vertraun, und laͤſſet ihn gewaͤhren,
Der einſt ihr fluͤckes Kind wird treiben ſich zu naͤhren.
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