Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
143.
Wir sind in einem Streit, der nicht zu schlichten ist,
Der neu erwacht, wann er geschlummert eine Frist.
Die Wunde, bricht sie auf, ist schlimmer als gewesen;
Dem Tode sind wir nah, und glaubten uns genesen.
Sie eitert innen, wenn sie außen scheint geheilt,
Die Wunde, die uns tief ins Mark des Lebens theilt,
An der, o Vaterland, du krankest lang genug,
Die nicht des Feindes Schwert, die dir der Glaube schlug.
Laßt endlich, um den Streit ums Wahre zu versöhnen,
O laßt zum Guten uns vereinigen im Schönen!
Ein friedliches Gebiet ist groß genug verliehn;
Laßt aus dem streitigen dahin zurück uns ziehn!
Nicht was in Kirch' und Staat heillos die Menschheit spaltet,
Wir lehren Menschliches, vom Göttlichen durchwaltet,
Damit zum Himmlischen das Ird'sche sei entfaltet.

143.
Wir ſind in einem Streit, der nicht zu ſchlichten iſt,
Der neu erwacht, wann er geſchlummert eine Friſt.
Die Wunde, bricht ſie auf, iſt ſchlimmer als geweſen;
Dem Tode ſind wir nah, und glaubten uns geneſen.
Sie eitert innen, wenn ſie außen ſcheint geheilt,
Die Wunde, die uns tief ins Mark des Lebens theilt,
An der, o Vaterland, du krankeſt lang genug,
Die nicht des Feindes Schwert, die dir der Glaube ſchlug.
Laßt endlich, um den Streit ums Wahre zu verſoͤhnen,
O laßt zum Guten uns vereinigen im Schoͤnen!
Ein friedliches Gebiet iſt groß genug verliehn;
Laßt aus dem ſtreitigen dahin zuruͤck uns ziehn!
Nicht was in Kirch' und Staat heillos die Menſchheit ſpaltet,
Wir lehren Menſchliches, vom Goͤttlichen durchwaltet,
Damit zum Himmliſchen das Ird'ſche ſei entfaltet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0113" n="103"/>
        <div n="2">
          <head>143.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wir &#x017F;ind in einem Streit, der nicht zu &#x017F;chlichten i&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Der neu erwacht, wann er ge&#x017F;chlummert eine Fri&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Wunde, bricht &#x017F;ie auf, i&#x017F;t &#x017F;chlimmer als gewe&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Dem Tode &#x017F;ind wir nah, und glaubten uns gene&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sie eitert innen, wenn &#x017F;ie außen &#x017F;cheint geheilt,</l><lb/>
              <l>Die Wunde, die uns tief ins Mark des Lebens theilt,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>An der, o Vaterland, du kranke&#x017F;t lang genug,</l><lb/>
              <l>Die nicht des Feindes Schwert, die dir der Glaube &#x017F;chlug.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Laßt endlich, um den Streit ums Wahre zu ver&#x017F;o&#x0364;hnen,</l><lb/>
              <l>O laßt zum Guten uns vereinigen im Scho&#x0364;nen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Ein friedliches Gebiet i&#x017F;t groß genug verliehn;</l><lb/>
              <l>Laßt aus dem &#x017F;treitigen dahin zuru&#x0364;ck uns ziehn!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Nicht was in Kirch' und Staat heillos die Men&#x017F;chheit &#x017F;paltet,</l><lb/>
              <l>Wir lehren Men&#x017F;chliches, vom Go&#x0364;ttlichen durchwaltet,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Damit zum Himmli&#x017F;chen das Ird'&#x017F;che &#x017F;ei entfaltet.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0113] 143. Wir ſind in einem Streit, der nicht zu ſchlichten iſt, Der neu erwacht, wann er geſchlummert eine Friſt. Die Wunde, bricht ſie auf, iſt ſchlimmer als geweſen; Dem Tode ſind wir nah, und glaubten uns geneſen. Sie eitert innen, wenn ſie außen ſcheint geheilt, Die Wunde, die uns tief ins Mark des Lebens theilt, An der, o Vaterland, du krankeſt lang genug, Die nicht des Feindes Schwert, die dir der Glaube ſchlug. Laßt endlich, um den Streit ums Wahre zu verſoͤhnen, O laßt zum Guten uns vereinigen im Schoͤnen! Ein friedliches Gebiet iſt groß genug verliehn; Laßt aus dem ſtreitigen dahin zuruͤck uns ziehn! Nicht was in Kirch' und Staat heillos die Menſchheit ſpaltet, Wir lehren Menſchliches, vom Goͤttlichen durchwaltet, Damit zum Himmliſchen das Ird'ſche ſei entfaltet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/113
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/113>, abgerufen am 23.12.2024.