Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.99. Die Winde wechseln wol nach jedem Himmelstrich, Doch Einer ist der bleibt und ist der Wind an sich: Der Ostwind, der sogleich die heil'gen Flügel regt, Sobald das Ungestüm der andern sich gelegt; Der Ostwind, der allein, wenn andre aufgestört Vom Zufall sind, dem Gang der Sonne selbst gehört; Dem Gang des Sonnenlichts, das sich entgegenbreitet Der Erd' in jedem Nu, wie sie gen Osten schreitet. Wol fühlest du von ihm den Kuß an Stirn und Wange, Wenn windstill ist die Luft, bei jedem Sonnaufgange. Den heil'gen Frühhauch laß, eh einer von den vielen Tagwinden sich erhebt, dich ahnungsvoll umspielen. 99. Die Winde wechſeln wol nach jedem Himmelſtrich, Doch Einer iſt der bleibt und iſt der Wind an ſich: Der Oſtwind, der ſogleich die heil'gen Fluͤgel regt, Sobald das Ungeſtuͤm der andern ſich gelegt; Der Oſtwind, der allein, wenn andre aufgeſtoͤrt Vom Zufall ſind, dem Gang der Sonne ſelbſt gehoͤrt; Dem Gang des Sonnenlichts, das ſich entgegenbreitet Der Erd' in jedem Nu, wie ſie gen Oſten ſchreitet. Wol fuͤhleſt du von ihm den Kuß an Stirn und Wange, Wenn windſtill iſt die Luft, bei jedem Sonnaufgange. Den heil'gen Fruͤhhauch laß, eh einer von den vielen Tagwinden ſich erhebt, dich ahnungsvoll umſpielen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0098" n="88"/> <div n="2"> <head>99.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Winde wechſeln wol nach jedem Himmelſtrich,</l><lb/> <l>Doch Einer iſt der bleibt und iſt der Wind an ſich:</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der Oſtwind, der ſogleich die heil'gen Fluͤgel regt,</l><lb/> <l>Sobald das Ungeſtuͤm der andern ſich gelegt;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Der Oſtwind, der allein, wenn andre aufgeſtoͤrt</l><lb/> <l>Vom Zufall ſind, dem Gang der Sonne ſelbſt gehoͤrt;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dem Gang des Sonnenlichts, das ſich entgegenbreitet</l><lb/> <l>Der Erd' in jedem Nu, wie ſie gen Oſten ſchreitet.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wol fuͤhleſt du von ihm den Kuß an Stirn und Wange,</l><lb/> <l>Wenn windſtill iſt die Luft, bei jedem Sonnaufgange.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Den heil'gen Fruͤhhauch laß, eh einer von den vielen</l><lb/> <l>Tagwinden ſich erhebt, dich ahnungsvoll umſpielen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [88/0098]
99.
Die Winde wechſeln wol nach jedem Himmelſtrich,
Doch Einer iſt der bleibt und iſt der Wind an ſich:
Der Oſtwind, der ſogleich die heil'gen Fluͤgel regt,
Sobald das Ungeſtuͤm der andern ſich gelegt;
Der Oſtwind, der allein, wenn andre aufgeſtoͤrt
Vom Zufall ſind, dem Gang der Sonne ſelbſt gehoͤrt;
Dem Gang des Sonnenlichts, das ſich entgegenbreitet
Der Erd' in jedem Nu, wie ſie gen Oſten ſchreitet.
Wol fuͤhleſt du von ihm den Kuß an Stirn und Wange,
Wenn windſtill iſt die Luft, bei jedem Sonnaufgange.
Den heil'gen Fruͤhhauch laß, eh einer von den vielen
Tagwinden ſich erhebt, dich ahnungsvoll umſpielen.
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