Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Bei jedem übet sie gleich unumschränkten Brauch, Daß alle Schöpfung sei nur Futter seinem Bauch. Und hält sie dadurch nicht allein das Gleichgewicht, Daß jede Spitze sich an einer andern bricht? Sie schuf die einzelnen, als diene alles ihnen, Da sie einander all', und all dem Ganzen dienen. 78. Du magst, soviel dir nur beliebt von Blumen, pflücken, Um dich, und wen und was du willst, damit zu schmücken. Dazu sind Blumen da, von dir gepflückt zu seyn, Sie laden selber dich dazu mit Nicken ein. Wozu der Frühling auch sei auf der Welt erschienen, Für dich ist er nun da, zum Kranze dir zu dienen. Nur eines unterlass' ich nicht dir einzuschärfen, Daß du nichts pflücken sollst, nur um es wegzuwerfen. Bedenk: der schöne Strauß des Frühlings blüht für dich; Doch wenn du ihn nicht brauchst, so laß ihn blühn für sich. Bei jedem uͤbet ſie gleich unumſchraͤnkten Brauch, Daß alle Schoͤpfung ſei nur Futter ſeinem Bauch. Und haͤlt ſie dadurch nicht allein das Gleichgewicht, Daß jede Spitze ſich an einer andern bricht? Sie ſchuf die einzelnen, als diene alles ihnen, Da ſie einander all', und all dem Ganzen dienen. 78. Du magſt, ſoviel dir nur beliebt von Blumen, pfluͤcken, Um dich, und wen und was du willſt, damit zu ſchmuͤcken. Dazu ſind Blumen da, von dir gepfluͤckt zu ſeyn, Sie laden ſelber dich dazu mit Nicken ein. Wozu der Fruͤhling auch ſei auf der Welt erſchienen, Fuͤr dich iſt er nun da, zum Kranze dir zu dienen. Nur eines unterlaſſ' ich nicht dir einzuſchaͤrfen, Daß du nichts pfluͤcken ſollſt, nur um es wegzuwerfen. Bedenk: der ſchoͤne Strauß des Fruͤhlings bluͤht fuͤr dich; Doch wenn du ihn nicht brauchſt, ſo laß ihn bluͤhn fuͤr ſich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079" n="69"/> <lg n="9"> <l>Bei jedem uͤbet ſie gleich unumſchraͤnkten Brauch,</l><lb/> <l>Daß alle Schoͤpfung ſei nur Futter ſeinem Bauch.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und haͤlt ſie dadurch nicht allein das Gleichgewicht,</l><lb/> <l>Daß jede Spitze ſich an einer andern bricht?</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Sie ſchuf die einzelnen, als diene alles ihnen,</l><lb/> <l>Da ſie einander all', und all dem Ganzen dienen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>78.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du magſt, ſoviel dir nur beliebt von Blumen, pfluͤcken,</l><lb/> <l>Um dich, und wen und was du willſt, damit zu ſchmuͤcken.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dazu ſind Blumen da, von dir gepfluͤckt zu ſeyn,</l><lb/> <l>Sie laden ſelber dich dazu mit Nicken ein.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wozu der Fruͤhling auch ſei auf der Welt erſchienen,</l><lb/> <l>Fuͤr dich iſt er nun da, zum Kranze dir zu dienen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nur eines unterlaſſ' ich nicht dir einzuſchaͤrfen,</l><lb/> <l>Daß du nichts pfluͤcken ſollſt, nur um es wegzuwerfen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Bedenk: der ſchoͤne Strauß des Fruͤhlings bluͤht fuͤr dich;</l><lb/> <l>Doch wenn du ihn nicht brauchſt, ſo laß ihn bluͤhn fuͤr ſich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
Bei jedem uͤbet ſie gleich unumſchraͤnkten Brauch,
Daß alle Schoͤpfung ſei nur Futter ſeinem Bauch.
Und haͤlt ſie dadurch nicht allein das Gleichgewicht,
Daß jede Spitze ſich an einer andern bricht?
Sie ſchuf die einzelnen, als diene alles ihnen,
Da ſie einander all', und all dem Ganzen dienen.
78.
Du magſt, ſoviel dir nur beliebt von Blumen, pfluͤcken,
Um dich, und wen und was du willſt, damit zu ſchmuͤcken.
Dazu ſind Blumen da, von dir gepfluͤckt zu ſeyn,
Sie laden ſelber dich dazu mit Nicken ein.
Wozu der Fruͤhling auch ſei auf der Welt erſchienen,
Fuͤr dich iſt er nun da, zum Kranze dir zu dienen.
Nur eines unterlaſſ' ich nicht dir einzuſchaͤrfen,
Daß du nichts pfluͤcken ſollſt, nur um es wegzuwerfen.
Bedenk: der ſchoͤne Strauß des Fruͤhlings bluͤht fuͤr dich;
Doch wenn du ihn nicht brauchſt, ſo laß ihn bluͤhn fuͤr ſich.
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